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Sep­tem­ber 2015, Nr. 77

FOR­SCHUNG

Stromsparen führt nicht automatisch zu weniger Treibhausgasen. Foto: pixabay.com

Strom­spa­ren führt nicht au­to­ma­tisch zu we­ni­ger Treib­haus­ga­sen. Foto: pix­a­bay.com

Kli­ma­f­reund­li­ches Ver­hal­ten kann CO2-​Emis­si­on er­hö­hen: Stu­die der Uni­ver­si­tät Ham­burg zeigt Pro­ble­ma­tik des Emis­si­ons­han­dels

Wer die Erd­er­wär­mung stop­pen und Treib­haus­ga­se wie Koh­len­di­oxid (CO2) re­du­zie­ren will, setzt auf Strom­spa­ren und al­ter­na­ti­ve En­er­gi­en, re­du­ziert den Fleisch­kon­sum, ver­zich­tet auf Flug­rei­sen und Au­to­fahr­ten und be­nutzt Fahr­rad oder Bahn. Dass Kon­sum­ver­zicht trotz­dem nicht au­to­ma­tisch den Aus­stoß von Treib­haus­ga­sen re­du­ziert, liegt aus­ge­rech­net an Eu­ro­pas zen­tra­lem Kli­ma­schutz­in­stru­ment: dem Emis­si­ons­han­del.

Zu­min­dest, wenn es um Güter geht, deren Er­zeu­gung durch das Eu­ro­päi­sche Emis­si­ons­han­dels­sys­tem (EU-​ETS) ab­ge­deckt wird, wie zum Bei­spiel Strom. Das zeigt eine Stu­die von Prof. Dr. Gri­scha Pe­ri­no vom Fach­be­reich So­zi­al­öko­no­mie der Fa­kul­tät Wirt­schafts-​ und So­zi­al­wis­sen­schaf­ten. Über den Bei­trag von kli­ma­f­reund­li­chem Kon­sum zur Emis­si­ons­re­duk­ti­on be­rich­tet der Um­welt­öko­nom in der ak­tu­el­len Aus­ga­be des US-​Fach­ma­ga­zins „Jour­nal of the As­so­cia­ti­on of En­viron­men­tal and Re­sour­ce Eco­no­mists“.

Ein­ge­spar­te Emis­sio­nen ver­schie­ben sich an an­de­ren Ort oder Zeit­punkt

Das EU-​ETS wurde 2005 ein­ge­führt und er­fasst eu­ro­pa­weit rund 12.000 An­la­gen der En­er­gie­wirt­schaft und der en­er­gie­in­ten­si­ven In­dus­trie sowie alle in­ner­eu­ro­päi­schen Flüge. Zen­tra­ler Be­stand­teil des EU-​ETS ist eine Höchst­men­ge an zu­läs­si­gen CO2-​Emis­sio­nen, die vor­gibt, wie viele CO2-​Zer­ti­fi­ka­te aus­ge­ge­ben wer­den. Die Be­trei­ber der An­la­gen, die dem EU-​ETS un­ter­lie­gen, müs­sen für jede aus­ge­sto­ße­ne Tonne CO2 ein Zer­ti­fi­kat ab­ge­ben. Emis­si­ons­rech­te, die nicht be­nö­tigt wer­den, wer­den an an­de­re teil­neh­men­de Un­ter­neh­men ver­kauft oder für die Zu­kunft ge­spart. Wer­den alle Emis­si­ons­rech­te ge­nutzt, führt Strom­spa­ren des­halb nicht au­to­ma­tisch zu we­ni­ger CO2-​Aus­stoß:

„Wenn ein Ham­bur­ger Haus­halt we­ni­ger Strom ver­braucht, senkt das zwar die Treib­haus­gas­emis­sio­nen in der deut­schen Strom­wirt­schaft. Doch die ein­ge­spar­ten Emis­sio­nen ver­schie­ben sich durch das EU-​ETS au­to­ma­tisch an einen an­de­ren Ort oder Zeit­punkt“, so Prof. Pe­ri­no.

Wech­sel­wir­kun­gen beim Emis­si­ons­han­del zu wenig be­rück­sich­tigt

Kli­ma­f­reund­li­che Kon­su­mentschei­dun­gen wie Strom­spa­ren kön­nen der Stu­die zu­fol­ge sogar in­di­rekt die Treib­haus­gas­emis­sio­nen er­hö­hen. Grund ist, dass das ge­spar­te Geld in den Kon­sum von Gü­tern fließt, deren Pro­duk­ti­on nicht dem Emis­si­ons­han­del un­ter­liegt. Dies gilt bei­spiels­wei­se für Fleisch­pro­duk­te, aber auch für Au­to­fahr­ten oder Fern­rei­sen. Dann er­hö­hen sich die Treib­haus­gas­emis­sio­nen in die­sen Sek­to­ren, ohne dass dies an an­de­rer Stel­le kom­pen­siert wird. Die Stu­die zeigt, dass kli­ma­f­reund­li­ches Ver­hal­ten vor allem bei die­sen Gü­tern ef­fek­tiv ist.

Der­zeit be­rück­sich­tig­ten die Emp­feh­lun­gen vie­ler Um­welt­schutz­or­ga­ni­sa­tio­nen und Re­gie­run­gen die Wech­sel­wir­kun­gen mit dem EU-​ETS je­doch nicht, so Prof. Pe­ri­no: „Nicht die Emis­si­ons­in­ten­si­tät eines Pro­duk­tes, son­dern die Ab­de­ckung der Emis­sio­nen durch das EU-​ETS ist ent­schei­dend für die Kli­ma­wirk­sam­keit von Kon­sum­ver­zicht. Emis­sio­nen in­ner­halb des EU-​ETS las­sen sich nur durch eine Re­du­zie­rung der ver­füg­ba­ren Zer­ti­fi­ka­te ver­mei­den. Dies kann durch den Er­werb und die Still­le­gung von Zer­ti­fi­ka­ten durch Pri­vat­per­so­nen oder durch die di­rek­te Re­duk­ti­on der Höchst­gren­ze durch die Po­li­tik ge­sche­hen.“

PM/Red.
 


Kon­takt:

Prof. Dr. Gri­scha Pe­ri­no
Fa­kul­tät Wirt­schafts-​ und So­zi­al­wis­sen­schaf­ten
Fach­be­reich So­zi­al­öko­no­mie

t. 040.42838-​8767
e. gri­scha.pe­ri­no"AT"wiso.uni-​ham­burg.de

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