Welche Rolle spielen Medien in der Familie von heute?
Computer und Internet werden in so gut wie allen Familien genutzt. Über die Rolle von digital-interaktiven Medien in Familien sprachen Experten bei einer Tagung des Hans-Bredow-Instituts für Medienforschung und des Research Center for Media and Communication (RCMC) am 27. März. Unter anderem wurde eine Studie des Fachbereichs Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg zur exzessiven Nutzung von Computer und Internet durch Jugendliche präsentiert.
„Eltern – Kinder – Medien: Zur Rolle der Medien in der Familie“ lautete das Thema der Tagung, die an der Universität Hamburg stattfand. Drei aktuelle Studien wurden vorgestellt, die vor dem Hintergrund unterschiedlicher Fragestellungen die Mediennutzung sowohl aus Kinder- als auch aus Elternperspektive untersuchen. Die FIM-Studie 2011 (Familie, Interaktion und Medien-Studie) des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest präsentiert umfassende Daten zur Kommunikation und Mediennutzung in der Familie.
Die Studie bestätigt: Vor allem bei älteren Kindern und bei Jugendlichen spielt das Internet eine wichtige Rolle. Darüber hinaus zeigt sie, dass nur 21% der befragten Eltern aus 260 ausgewählten Familien sich im Hinblick auf das Thema Medienerziehung als kompetent und 60% als begrenzt kompetent einschätzen, 14% sich diesbezüglich eher wenig zutrauen und 5% sich für gar nicht kompetent halten. Gerade bei den Eltern scheint also ein großer Informationsbedarf zu bestehen, wie sie mit der Mediennutzung ihrer Kinder umgehen können bzw. sollten.
Familienklima beeinflusst Internetnutzung Jugendlicher
In der medienpädagogischen Studie „EXIF – Exzessive Internetnutzung in Familien“ des Fachbereichs Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg wurden Relationen zwischen einer als exzessiv bewerteten Computer- und Internetnutzung von Jugendlichen und der (Medien-)Erziehung in den Familien untersucht.
Die repräsentativen Ergebnisse der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geförderten Studie zeigen, dass es Familien gibt, in denen die Eltern eine zeitlich ausufernde Computer- und Internetnutzung ihrer Jugendlichen beschreiben, ohne dass es wirklich Anhaltspunkte für eine pathologische Nutzung durch die Jugendlichen gibt.
Darüber hinaus gibt es aber auch Familien, in denen die Jugendlichen tatsächlich eine suchtähnliche Internetnutzung aufweisen – dies sowohl aus der Perspektive der Eltern, der Jugendlichen selbst sowie aus der Perspektive der Suchtforschung. Diese Familien finden sich zwar in allen gesellschaftlichen Milieus, Familien aus schwächeren sozialen Schichten und Ein-Eltern-Familien sind allerdings in dieser Problemgruppe häufiger vertreten. „Ein allgemein belastetes Familienklima kann offenbar dazu beitragen, dass sich die Jugendlichen hinter ihrem Bildschirm zurückziehen“, so Studienleiter Prof. Dr. Rudolf Kammerl.
Internetnutzung gehört heute zum Alltag von Kindern und Jugendlichen
Dass das Internet inzwischen längst zum Alltag der Heranwachsenden gehört, bestätigen auch die Befunde des Forschungsprojekts „EU Kids Online II“, die von Prof. Dr. Uwe Hasebrink (Universität Hamburg und Hans-Bredow-Institut) vorgestellt wurden.
Die Ergebnisse einer Repräsentativbefragung von Eltern und Kindern in 25 europäischen Ländern zeigen: 93% der 9- bis 16-jährigen Internetnutzer/innen gehen mindestens einmal in der Woche online, 60% jeden Tag oder fast jeden Tag.
Die Daten geben Hinweise, dass eine (in Maßen) höhere Nutzung mit einer erhöhten Internetkompetenz und größerem Wissen um Sicherheitsmaßnahmen einhergeht. Überdies zeigt die Gegenüberstellung der Eltern- und Kinderperspektive, dass die Eltern nicht immer über die Onlineerfahrungen ihrer Kinder im Bilde sind. So überschätzen z.B. die befragten deutschen Eltern die Erfahrungen der Kinder mit sexuellen Bildern im Internet; umgekehrt glauben jedoch weniger Eltern, dass sich ihr Kind schon einmal mit einer Online-Bekanntschaft getroffen hat, als dies von den Kindern selbst angegeben wurde.
Ein Fazit für alle drei Studien kann daher lauten: Eltern sollten mit ihren Kindern möglichst frühzeitig ins Gespräch kommen, um sie kompetent bei ihrer Mediennutzung zu unterstützen.
C. Lampert/Red.