UHH Newsletter

April 2012, Nr. 37

FORSCHUNG

/onTEAM/newsletter/images/medi101334650808.jpg
Europäische Wiesen können artenreicher sein als der Regenwald. Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Studie. Die hier abgebildete Ganzblatt-Waldrebe (Clematis integrifolia) wurde auf einer artenreichen Trockenrasenfläche in Rumänien gefunden. Foto: J. Dengler



Kontakt:

Dr. Jürgen Dengler
Biodiversität, Evolution und Ökologie der Pflanzen
Biozentrum Klein Flottbek und Botanischer Garten
Universität Hamburg

t. 040.42816-403
e. juergen.dengler-at-uni-hamburg.de

European Dry Grassland Group: www.edgg.org

Biodiversitätsstudie: Auf europäischen Wiesen gibt es mehr Pflanzenarten als im Regenwald

Verblüffendes fand ein internationales Team von Biowissenschaftlern heraus: Sie verglichen Flächen zwischen 1 mm² und 1 ha in aller Welt auf ihren Artenreichtum hin und stellten fest: Auf Flächen, die kleiner als 100 m² sind, wachsen nirgendwo so viele Gefäßpflanzenarten wie auf europäischen Trockenrasen. Der Biodiversitätsforscher Dr. Jürgen Dengler vom Biozentrum Klein Flottbek der Universität Hamburg war an der Studie beteiligt.
Auf einer kleinen europäischen Trockenrasenfläche wachsen also wesentlich mehr Pflanzenarten als auf einer vergleichbar großen Fläche im heiß-feuchten, tropischen Regenwald? Dieser für viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler überraschende Befund fand in der internationalen und nationalen Presse großen Widerhall, unter anderem in „Science“ und „National Geographic“.

Artenvielfalt auf kleinem Raum

Die internationale Forschergruppe, die die Studie durchgeführt hat, ermittelte, dass der Artenreichtum des Regenwaldes nur für größere Areale gilt. Auf kleinen Flächen gibt es wesentlich mehr verschiedene Pflanzen auf den nährstoffarmen Wiesen und Weiden Europas. Vergleicht man große Flächen miteinander, existieren besonders viele Pflanzenarten in den Tropenwäldern Lateinamerikas.

In Rumänien stieß die Forschergruppe auf besonders artenreiche Trockenrasen-Flächen: 98 verschiedene Gefäßpflanzen (d.h. Blütenpflanzen und Farnpflanzen, Anm. d. Red.) auf 10 m² Fläche fand die vom Hamburger Forscher Jürgen Dengler geleitete 1. Forschungsexpedition der European Dry Grassland Group (EDGG) im Jahr 2009 in Rumänien.

Was macht den Trockenrasen so artenreich?

Bislang ist nicht geklärt, wie so viele, zudem oftmals ähnliche Arten auf kleinem Raum nebeneinander existieren können. Warum zudem gerade auf Trockenrasenflächen, die immer wieder abgemäht werden, eine derartige Artenvielfalt herrscht, können die Forscher derzeit nur vermuten.

„Die geringe Produktivität der Flächen, dazu der Biomasseentzug durch Mahd oder Beweidung, erlaubt es konkurrenzschwächeren Arten zu überleben, da sich die stärkeren nicht so sehr ausbreiten können“, erläutert Jürgen Dengler. „Zudem scheinen besonders artenreiche Trockenrasenflächen oftmals über Jahrhunderte oder gar Jahrtausende kontinuierlich existiert zu haben, wodurch sie viele Arten ‚ansammeln‘ konnten.“

Die Studie zeigt, dass europäische Trockenrasen ebenso geschützt werden müssen wie tropische Regenwälder – denn artenreiche Grasländer sind wie die tropischen Regenwälder von Bestandsrückgang bedroht.


Die Studie: J. Bastow Wilson, Robert K. Peet, Jürgen Dengler, Meelis Pärtel (2012): Plant species richness: the world records, Journal of Vegetation Science, http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1654-1103.2012.01400.x/pdf
J. Dengler/C. Knust
 

Themen dieser Ausgabe

Download

RSS-Feed

 
Home | Impressum | Datenschutz | Kontakt