UHH Newsletter

Mai 2015, Nr. 74

FORSCHUNG



Kontakt:

Prof. Dr. Klaus Sengstock
Institut für Laserphysik

t. 040.8998-5201
e. sengstock"AT"physik.uni-hamburg.de


Dr. Ortwin Hellmig
Institut für Laserphysik

t. 040.8998-5292
e. ohellmig"AT"physnet.uni-hamburg.de

Start der Texus 51 Rakete, Foto: Airbus Defence and Space

Start der Texus 51 Rakete, Foto: Airbus Defence and Space

Schwerelos: Generalprobe auf Forschungsrakete bestanden

Ein von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Hamburg mitentwickeltes System für präzisionsspektroskopische Anwendungen im Weltraum hat seine Stabilität unter Beweis gestellt: An Bord einer so genannten Texus-Trägerrakete überstanden die neu entwickelten Messinstrumente die knapp zehn Minuten Schwerelosigkeit ohne Probleme.

Im Rahmen des Experiments an Bord der Trägerrakete kam als Herzstück der optischen Frequenzstabilisierung ein atomares Referenzmodul zum Einsatz. Dieses basiert auf einer neuartigen, in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Klaus Sengstock entwickelten, höchst vielversprechenden optischen Technologie für Weltraumanwendungen.

Das Besondere an dieser Technologie ist insbesondere die extreme Stabilität bei mechanischer und thermischer Beanspruchung, die unter anderem durch den Einsatz glaskeramischer Materialien als Werkstoff erreicht wird.

Generalprobe bestanden

Dieses System hat nun seine Generalprobe auf einer sogenannten Texus-Trägerrakete bestanden. Die Rakete starte am 23. April von Nordschweden aus 259 Kilometer in den Himmel und setzte die Instrumente knapp zehn Minuten der Schwerelosigkeit aus.

Die tatsächlich erreichte Stabilität im Verlauf des Fluges übertraf die Erwartungen der Experimentatoren deutlich. So bilden die optische Uhr und der Frequenzkamm das bislang erste System, mit dem präzisionsspektroskopische Anwendungen im Weltraum möglich sind.

„Darauf haben wir jahrelang hingearbeitet – ich bin überglücklich“, so Dr. Ortwin Hellmig, der als Projektleiter des Hamburger Teams vom Institut für Laserphysik die Messdaten während des Flugs vor Ort in Schweden mitverfolgte. „Ein echter Meilenstein – Gratulation an das ganze Team“, ergänzt Prof. Klaus Sengstock, ILP-Leiter und Koordinator des Hamburger Knotens.

Überprüfung von Einsteins Gravitations-Rotverschiebung

Hintergrund der Generalprobe ist die Realisierung eines Experiments, mit dem sich die Universalität der Gravitations-Rotverschiebung überprüfen lässt. Laut Einstein gehen Uhren umso langsamer, je tiefer sie sich im Gravitationspotential einer Masse befinden – je näher sie also zum Beispiel einem Himmelskörper sind. Dieser Effekt wird im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie als Gravitations-Rotverschiebung bezeichnet – er zeigt sich an Spektrallinien, die sich zum roten Ende des Spektrums hin verschieben.

Einsteins Relativitätstheorie sagt voraus, dass Uhren unterschiedlichen Aufbaus die gleiche Verlangsamung unter Einfluss stärker werdender Gravitation zeigen werden. Neuere Theorien der Gravitation lassen allerdings vermuten, dass die Art der Uhr sehr wohl Einfluss auf die Stärke der Gravitations-Rotverschiebung hat.

Um dies zu überprüfen, wurden in dem vom Deutschen Zentrum für Luft-und Raumfahrt (DLR) finanzierten Projekt FOKUS am 23. April verschiedene Uhrentypen mit einer Höhenforschungsrakete in den Weltraum geschickt und wieder zurückgeholt. Dort herrschen beste Testbedingungen, denn das Gravitationspotenzial variiert besonders stark. So lässt sich prüfen, ob sich der Gang der Uhren tatsächlich unterscheidet – und schließlich auch, ob eine der neueren Gravitationstheorien eine genauere Beschreibung als Einstein liefert.

Hamburgs Beitrag zur „optischen Atomuhr“

Ein Team von Wissenschaftlern hat einen hochstabilen Quarzoszillator, der wie eine moderne Armbanduhr im Radiofrequenzbereich funktioniert, und ein komplettes Lasersystem zum Vergleich in den Weltraum geschossen. Herzstück des Lasersystems ist ein mikrointegriertes Halbleiterlasermodul, das am Berliner Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH), entwickelt und gebaut wurde. An der Humboldt-Universität zu Berlin fand die Gesamtintegration des Lasersystems statt. Die Frequenz der Halbleiterlaser wird in einem von der Universität Hamburg entwickelten Modul auf einen atomaren Übergang des Rubidium-Atoms stabilisiert.

Diese Rubidium-Atome liefern im Verbund mit den Lasern eine „optische Atomuhr“, die physikalisch nach einem anderen Prinzip als die Quarzuhr arbeitet und etwa zehn Millionen Mal schneller „tickt“ als diese. Für den Vergleich des Gangs der beiden Uhren wird ein von der projektleitenden Firma Menlo Systems entwickelter optischer Frequenzkamm eingesetzt.

PM/Sengstock/Hellmig
 

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