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Mai 2015, Nr. 74

FORSCHUNG



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Dr. Christian Franzke
Exzellenzcluster „Integrated Climate System Analysis and Prediction“ (CliSAP) der Universität Hamburg

e. christian.franzke"AT"uni-hamburg.de


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Josef Ludescher, Armin Bunde, Christian L. E. Franzke, Hans Joachim Schellnhuber: Long-term persistence enhances uncertainty about anthropogenic warming of West Antarctica. Climate Dynamics, 16 Apr 2015: http://link.springer.com/article/10.1007/s00382-015-2582-5

Die kausale Unsicherheit über Ursachen der Erwärmung der antarktischen Luft ist größer als bislang angenommen. Foto: M. Helmich/pixelio.de

Die kausale Unsicherheit über Ursachen der Erwärmung der antarktischen Luft ist größer als bislang angenommen. Foto: M. Helmich/pixelio.de

Klimawandel in der Antarktis: Natürliche Temperaturschwankungen unterschätzt

Für die Entwicklung der globalen klimatischen Bedingungen ist die Antarktis von größter Bedeutung. Würden Teile dieser riesigen Eismassen abschmelzen, wäre dies ein mögliches Kipp-Element im Weltklimasystem. Wissenschaftler aus Hamburg, Gießen und Potsdam konnten nun nachweisen, dass die bisherigen Annahmen zur Abschätzung des anthropogenen – also vom Menschen hervorgerufenen – Anteils an der Erwärmung der Antarktis unzureichend sind. Eine entsprechende Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift „Climate Dynamics“ veröffentlicht.

„Man ist bisher davon ausgegangen, dass es im letzten Jahrhundert in der Antarktis kaum größere natürliche Temperaturschwankungen gab, und hat deshalb fast jede Temperaturerhöhung dem Menschen zugeschrieben“, sagt Prof. Dr. Armin Bunde vom Institut für Theoretische Physik der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Zwar sei die globale Erwärmung als Ergebnis unseres Ausstoßes von Treibhausgasen Fakt. „In der Westantarktis jedoch ist der menschliche Einfluss um ein Vielfaches kleiner als bisher angenommen. Und in der Ostantarktis lässt sich die Erwärmung sogar ganz ohne menschlichen Einfluss erklären, also nur durch natürliche Schwankungen“, so Bunde.

Natürliche Temperaturschwankungen müssen berücksichtigt werden

Gemeinsam mit Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Dr. Christian Franzke vom Exzellenzcluster für integrierte Klimaforschung (CliSAP) und dem Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg konnten die Gießener Physiker Armin Bunde und Dr. Josef Ludescher zeigen, dass es in der Antarktis große natürliche und beharrliche Temperaturschwankungen gibt.

Für die Schmelze der antarktischen Eisschelfe spielt etwa neben der Erwärmung der Luft auch die Erwärmung der Ozeane eine große Rolle. Im Gegensatz zur Lufttemperatur liegen hier jedoch noch keine aussagekräftigen Langzeitdaten vor.

„Das Klima in der Antarktis, wie auch weltweit, hat eine ausgeprägte natürliche Erhaltungsneigung – es verharrt lange in bestimmten Temperaturbereichen. Dies führt zu einer Berg- und Talstruktur der Temperaturen“, betont Dr. Christian Franzke. Auf eine längere Kälteperiode folge stets eine längere Wärmephase, und diese natürliche Erwärmung müsse von der überlagerten anthropogenen Erwärmung unterschieden werden.

Die Wissenschaftler haben sich dazu nicht nur die Messdaten einzelner Stationen angesehen, sondern auch regionale Mittelwerte gebildet. Die Ergebnisse zeigen, dass der Mensch in der Westantarktis einen Anteil an der Erwärmung haben muss – wenn auch einen schwächeren als bislang gedacht.

Starker Temperaturanstieg zu erwarten

Die Erwärmung der Antarktis insgesamt wird aller Voraussicht nach bald wieder stärker ansteigen. Zwar zeigen die Temperaturkurven in der Antarktis, wie auch weltweit, seit mehreren Jahren weniger steil nach oben als in den 1990er Jahren. Doch wie die von dem deutschen Forscherteam veröffentlichte Studie zeigt, macht die vom Menschen verursachte weltweite Erwärmung keine Pause, sondern wird durch langfristige natürliche Klimaschwankungen wie die in der Antarktis nur zwischenzeitlich überlagert.

„Unsere Abschätzungen zeigen, dass wir uns eigentlich gerade in einer natürlichen Abkühlungsperiode befinden – die Temperaturen steigen dennoch langsam und unerbittlich an, weil wir mit unseren Treibhausgasen die Atmosphäre aufheizen“, erklärt Hans Joachim Schellnhuber. „Gerät die natürliche Kälteperiode an ihr Ende, werden die Temperaturen leider umso heftiger steigen.“

In der Tat wurden im März 2015 Rekordhöchsttemperaturen von zwei Antarktis-Messstationen registriert.

PM/Red.
 

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