UHH Newsletter

Oktober 2013, Nr. 55

FORSCHUNG

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Dr. Marcel Nicolaus vermisst auf einer Eisscholle die Tiefe eines Schmelzwassertümpels, im Hintergrund die „Polarstern“. Foto: Stefan Hendricks, Alfred-Wegener-Institut


Kontakt:

Prof. Dr. Lars Kaleschke
Universität Hamburg, KlimaCampus
t. 040.42838-6518
e. lars.kaleschke-at-zmaw.de

Stephanie Janssen
Universität Hamburg, KlimaCampus
t. 040.42838-7596
e. stephanie.janssen-at-zmaw.de

Dr. Marcel Nicolaus
Alfred-Wegener-Institut
t. 0471.4831-2905
e. Marcel.Nicolaus-at-awi.de

Sina Löschke
Alfred-Wegener-Institut
t. 0471.4831-2008
e. Sina.Loeschke-at-awi.de

Film/Visualisierung

Arktis-Eis schmilzt weiter ab, bleibt aber über dem Extremrückgang von 2012

Die Meereisfläche im arktischen Ozean schmilzt jährlich im Sommerhalbjahr stark ab. Bei den Messungen im September 2013 lag der durchschnittliche Tiefststand bei etwa 5,1 Millionen Quadratkilometern. Im Jahr zuvor war das Eis noch auf einen Negativ-Rekordwert von 3,4 Mio. Quadratkilometern zusammengeschmolzen. Die aktuelle Fläche ist damit rund 30 Prozent größer. „Dieser Wert bedeutet allerdings keine Trendwende“, lautet die gemeinsame Einschätzung der Meereisphysiker Prof. Dr. Lars Kaleschke von der Universität Hamburg, KlimaCampus und Dr. Marcel Nicolaus vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI).
Die beobachtete Eisbedeckung reihe sich vielmehr in die geringen Werte der letzten Jahre ein und bestätige die langfristige Abnahme der arktischen Meereisdecke. „In diesem Jahr war nicht mit einem neuen Negativ-Rekord der Meereisfläche zu rechnen, denn die Statistik zeigt, dass auf ein Rekordjahr stets eine kurzfristige Erholung folgt. Daher können Trends nur durch die Betrachtung langer Zeiträume richtig erfasst werden“, sagt Kaleschke. Mit dem Einsetzen des Gefrierens in der zweiten Hälfte des Monats September wird die eisbedeckte Fläche wieder zunehmen und ihre maximale Ausdehnung zum Winterende im März des kommenden Jahres erreichen.

Größe der sommerlichen Meereis-Fläche wird weiterhin schwanken

Die Änderungen der sommerlichen Eisbedeckung von Jahr zu Jahr resultieren aus einem komplexen Zusammenspiel: „Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Eisbedingungen im Frühjahr, der Verlauf der Schmelzsaison sowie die atmosphärischen Bedingungen im Sommer. So beeinflusst zum Beispiel die vorherrschende Windrichtung maßgeblich, ob die Eisflächen auseinandergetrieben oder zusammengeschoben werden. Und schon ein geringer Eintrag von mehr Wärme in die Arktis reicht aus, um die insgesamt immer dünner werdenden Eisflächen ganz verschwinden zu lassen“, sagt Marcel Nicolaus. Vor diesem Hintergrund rechnen die Wissenschaftler auch in den nächsten Jahren mit großen Schwankungen der sommerlichen Meereisbedeckung in der Arktis.

Schmelztümpel verstärken die Eisschmelze

Besondere Aufmerksamkeit haben in diesem Sommer Schmelztümpel auf dem Meereis hervorgerufen, die 2013 – wie auch in den vergangenen Jahren – wieder vermehrt auftraten. So machte zum Beispiel das Foto von großen Schmelztümpeln in der Nähe des Nordpols weltweit Schlagzeilen. Schmelztümpel entstehen, wenn zunächst der Schnee auf dem Meereis und dann das Meereis selbst von oben schmelzen. Kann dieses Schmelzwasser nicht ablaufen, sammelt es sich auf dem Meereis in Tümpeln.

Schmelztümpel sind ein normales Phänomen auf arktischem Meereis, allerdings treten sie jetzt immer früher im Jahr und über einen längeren Zeitraum auf. „Dies wirkt sich wesentlich auf das Meereis aus. Weißes Eis verwandelt sich in dunklere Tümpel, die mehr Sonnenlicht absorbieren und das Schmelzen so verstärken“, sagt Marcel Nicolaus.

Immer mehr freie Wasserflächen rund um den Nordpol

Eine außergewöhnliche Situation ist auch in diesem Jahr zu vermelden: Die Grenze des kompakten Packeises – als solches werden Flächen mit mehr als 90 Prozent Eisbedeckung bezeichnet – wich nördlich der russischen Inselgruppen Franz-Josef-Land und Sewernaja Semlja bis hinter den 88. Breitengrad zurück – seit Beginn der Satellitenmessungen ein bislang einmaliges Ereignis.

Zudem zeigen sich vermehrt große Flächen offenen Wassers zwischen 87 und 88 Grad nördlicher Breite, also nur noch rund 220 Kilometer vom Nordpol entfernt. In den 1990er Jahren lag die sommerliche Packeisgrenze noch bei etwa 80 bis 82 Grad nördlicher Breite. „Diese Phänomene belegen, dass sich die arktische Eisdecke grundlegend gewandelt hat: Dort, wo einst dickes mehrjähriges Packeis vorherrschte, findet sich nun vorwiegend saisonales Eis“, so Lars Kaleschke.
PM/Red.
 

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