UHH Newsletter

November 2015, Nr. 79

CAMPUS



Kontakt:

Prof. Dr. Rainer Nicolaysen
Leiter der Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte

t. 040.42838-7940
e. rainer.nicolaysen"AT"uni-hamburg.de

Am 6. November 1945 wurde die ehemals „Hansische Universität“ als „Universität Hamburg“ feierlich wiedereröffnet. Bild: UHH/unbekannt

Am 6. November 1945 wurde die ehemals „Hansische Universität“ als „Universität Hamburg“ feierlich wiedereröffnet. Bild: UHH/unbekannt

Kontinuität im Neubeginn – Die Universität Hamburg erinnerte an ihre Wiedereröffnung vor 70 Jahren

Bereits ein halbes Jahr nach Kriegsende, am 6. November 1945, wurde die ehemals „Hansische Universität“ als „Universität Hamburg“ feierlich wieder eröffnet. 2015 jährt sich dieses Ereignis zum 70. Mal. Aus diesem Anlass lud die Universität am 6. November 2015 zu der Zentralen Veranstaltung „Kontinuität im Neubeginn“ im Magdalene-Schoch-Hörsaal ein.

Schon wenige Monate nach dem Ende des „Dritten Reichs“ wurde die ehemals „Hansische Universität“ im November 1945 von der britischen Besatzungsmacht unter ihrem heutigen Namen wieder eröffnet. An dieses Ereignis erinnerte die Universität Hamburg mit einem Festakt, der durch die Vizepräsidentin für Studium und Lehre Prof. Dr. Susanne Rupp eröffnet wurde. Mit einem kurzen Rückblick auf die bewegte Geschichte der Universität begrüßte sie die anwesenden Gäste.

Anschließend übernahm Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank das Wort. In ihrem Grußwort ging sie darauf ein, dass der „Neuanfang“ 1945 ohne Aufarbeitung der Vergangenheit geschah: „Der 6. November 1945 war der Tag der Wiedereröffnung der Universität. Es war aber nicht der Tag des Neubeginns. Der Neubeginn war vielmehr ein langer Prozess – gesamtgesellschaftlich und auch für die Universität.“ Erst die Demokratisierungsbewegung in den 60er Jahren habe den nötigen Raum für die Wahrheitssuche und die Aufarbeitung der NS-Geschichte geschaffen.

Situation der deutschen Universitäten nach dem Ende der NS-Zeit

Prof. Dr. Rainer Nicolaysen, Leiter der Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte, erläuterte in seinem Einführungsvortrag die Situation der deutschen Universitäten nach dem Ende der NS-Zeit und verglich die Eröffnungsrede des ersten Hamburger Nachkriegsrektors Emil Wolff mit denen seiner Rektorkollegen an anderen Universitäten.

Nicolaysen fragte nach der Programmatik, mit der die Hochschulen 1945/46 ihren Betrieb wieder aufnahmen, nachdem sie sich im „Dritten Reich“ weitgehend kompromittiert hatten. Beim „Neuanfang“ sei von der Rolle der Universitäten in der NS-Zeit so gut wie nie die Rede gewesen (Wolff zählt hier noch zu den beiden Ausnahmen); die Vertreibung der jüdischen und politisch unerwünschten Kolleginnen und Kollegen 1933 sei in den damaligen Reden gänzlich unerwähnt geblieben.

Entnazifizierung der Hamburger Universität

Der Hauptvortrag der Veranstaltung war der Geschichte der Entnazifizierung der Hamburger Universität gewidmet. Anhand biographischer Beispiele Hamburger Professoren zeigte Anton F. Guhl, Doktorand am Fachbereich Geschichte, welchen Einschnitt die politische Überprüfung im Sommer 1945 für jede der damals vier Fakultäten bedeutete: Etwa jeder zweite Professor wurde aufgrund seiner NS-Belastung durch die britische Besatzungsmacht entlassen. Meist währte die Relegation aber nur kurze Zeit.

„Spätestens seit 1947 gab es einen allgemeinen Rückkehrtrend“, so Guhl. Wie umfassend die Restauration ausfiel, lag bei den Fakultäten selbst. Vielfach wurde taktiert und versucht, die Entnazifizierung „abzuwickeln“, etwa indem „Verfahrensmängel“ der Entnazifizierung ausgenutzt wurden, um ehemalige Nationalsozialisten zu rehabilitieren. Nur wenigen besonders exponierten NS-Aktivisten verwehrte die Universität eine Rückkehr ins Lehramt.

Weitgehende personelle Kontinuität

Diese weitgehende personelle Kontinuität beförderte in den 1950er und 1960er Jahren auch das kollektive Schweigen über die eigene Verantwortung im Nationalsozialismus. Prof. Nicolaysen wies in seinem Vortrag darauf hin, dass erst in den 1980er Jahren eine – dann beispielhaft intensive – Beschäftigung mit der Geschichte der Hamburger Universität in der NS-Zeit eingesetzt habe, die sich heute in unserer Universität auch in vielen sichtbaren Zeichen des Erinnerns und Gedenkens zeige. Die Veranstaltung anlässlich des Jahrestages der Wiedereröffnung der Universität 1945 sei selbst ein Teil der Bemühung, sich im universitären Alltag immer wieder mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen.

2019 steht für die Universität Hamburg erneut ein großes Jubiläum an. Dann jährt sich der 100. Jahrestag ihrer Gründung im Mai 1919.

Red.
 
 
Home | Impressum | Datenschutz | Kontakt