UHH Newsletter

Juni 2016, Nr. 86

FOR­SCHUNG

So sieht eine Berry-Krümmung für das untersuchte System aus. Die Pfeile geben die Richtung der Krümmung für verschiedene Positionen im System an.
Foto: UHH/Sengstock

So sieht eine Ber­ry-​Krüm­mung für das un­ter­such­te Sys­tem aus. Die Pfei­le geben die Rich­tung der Krüm­mung für ver­schie­de­ne Po­si­tio­nen im Sys­tem an. Foto: UHH/Seng­stock

Neue Mög­lich­kei­ten für Quan­ten­com­pu­ter: For­scher ver­mes­sen erst­mals die ver­dreh­te To­po­lo­gie von Quan­ten­ma­te­ria­li­en

Atome mit dem ge­wis­sen Twist: For­schern aus dem In­sti­tut für La­ser­phy­sik ist es erst­mals ge­lun­gen, die zen­tra­le Kenn­grö­ße einer Klas­se ganz neuer Ma­te­ria­li­en, der so­ge­nann­ten „to­po­lo­gi­schen Quan­ten­ma­te­ria­li­en“ zu ver­mes­sen. Von dem spe­zi­el­len „Twist“, einer trick­rei­chen Ver­dre­hung der Wege der Elek­tro­nen, hän­gen zum Bei­spiel die Leit­fä­hig­keit und an­de­re Ei­gen­schaf­ten ab. Die Er­geb­nis­se er­öff­nen neue Per­spek­ti­ven für die Ent­wick­lung neuer Quan­ten­ma­te­ria­li­en, auch mit po­ten­zi­el­len An­wen­dun­gen bei zu­künf­ti­gen Quan­ten­com­pu­tern. Sie wur­den nun im Fach­ma­ga­zin „Sci­ence“ ver­öf­f­ent­licht.

In üb­li­chen Ma­te­ria­li­en müs­sen sich Elek­tro­nen, die für den Strom­trans­port ver­ant­wort­lich sind, ihren Weg durch gleich­mä­ßig ver­teil­te Hin­der­nis­se im Fest­kör­per bah­nen. In den to­po­lo­gi­schen Quan­ten­ma­te­ria­li­en kön­nen sich Teil­chen da­ge­gen nur auf ge­wis­sen, mehr oder we­ni­ger ver­dreh­ten Wegen (die einen Twist be­inhal­ten) be­we­gen und ver­hal­ten sich ent­spre­chend den Ge­set­zen der Quan­ten­phy­sik zudem wie Teil­chen und Wel­len gleich­zei­tig.

Es gibt eine zen­tra­le Ei­gen­schaft, die die To­po­lo­gie, also den Quan­ten-​Twist die­ser Ma­te­ria­li­en, kom­plett be­schrei­ben kann: die „Berry Krüm­mung“, be­nannt nach dem eng­li­schen Phy­si­ker Mi­cha­el Berry, der das Grund­kon­zept dazu be­reits in den 1980er Jah­ren an­ge­legt hat. Das Team um Prof. Dr. Klaus Seng­stock und Dr. Chris­tof Wei­ten­berg vom In­sti­tut für La­ser­phy­sik der Uni­ver­si­tät Ham­burg konn­te die Berry Krüm­mung in einem Quan­ten­ma­te­ri­al nun erst­ma­lig voll­stän­dig ver­mes­sen.

Die Phy­si­ker nutz­ten be­wusst ein künst­li­ches Quan­ten­ma­te­ri­al, das heute welt­weit in­ten­siv ein­ge­setzt wird: ato­ma­re Wol­ken – so­ge­nann­te „ul­tra­kal­te Quan­ten­ga­se“ – in einem künst­li­chen Fest­kör­per, ge­bil­det aus La­ser­licht. Nach­dem die Atome, die in die­sen Ex­pe­ri­men­ten die Rolle von Elek­tro­nen in Fest­kör­pern über­nah­men, in das künst­li­che Ma­te­ri­al, das die zu un­ter­su­chen­de To­po­lo­gie ent­hielt, ein­ge­bracht wor­den waren, konn­te mit­hil­fe wei­te­rer Laser diese To­po­lo­gie sehr prä­zi­se ge­mes­sen wer­den.

Vi­si­on Quan­ten­com­pu­ter

Dr. Wei­ten­berg, der die Ex­pe­ri­men­te be­treu­te, be­tont: „Wir konn­ten be­reits in die­sen ers­ten Ex­pe­ri­men­ten die To­po­lo­gie eines künst­li­chen Ma­te­ri­als be­stim­men, und das ist erst der An­fang, wir alle sind sehr be­geis­tert von den Mög­lich­kei­ten die­ser neuen Me­tho­de.“ Prof. Seng­stock er­gänzt: „Neu­ar­ti­ge Quan­ten­ma­te­ria­li­en wer­den schon in naher Zu­kunft eine wich­ti­ge Rolle in den ab­seh­ba­ren Quan­tentech­no­lo­gi­en spie­len; Quan­ten­com­pu­ter sind dabei be­son­ders vi­sio­när und nur durch neue Kon­zep­te zu ver­wirk­li­chen.“ Ma­te­ria­li­en mit dem ge­wis­sen Twist kön­nen ver­mut­lich dazu wich­ti­ge Bei­trä­ge lie­fern: „Es ist be­son­ders span­nend, in die­sem Be­reich zu for­schen, da das For­schungs­feld die­ser neuen Quan­ten­ma­te­ria­li­en erst ganz am An­fang steht, vie­les ist noch gar nicht er­forscht“, so Prof. Seng­stock.

Der Ar­ti­kel in Sci­ence, Vol. 352, Issue 6289, pp. 1091-​1094 (2016):

http://​science.​sciencemag.​org/​content/​352/​6289/​1091.​full

DOI: 10.1126/sci­ence.aa­d4568

PM/Red.
 


Kon­takt:

Prof. Dr. Klaus Seng­stock
In­sti­tut für La­ser­phy­sik

t. 040.8998-​5201
e. seng­stock"AT"phy­sik.uni-​ham­burg.de



Dr. Chris­tof Wei­ten­berg
In­sti­tut für La­ser­phy­sik

t. 040.8998-​5204
e. cwei­tenb"AT"phys­net.uni-​ham­burg.de

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