UHH Newsletter

Fe­bru­ar 2017, Nr. 93

CAM­PUS

Dr. habil. Nils Zurawski mit Prof. Dr. Birgit Däwes von der Universität Flensburg, die bei der Preisverleihung zum Surveillance Studies Preis 2017 einen Vortrag hielt. Foto: UHH/Zurawski

Dr. habil. Nils Zu­raw­ski mit Prof. Dr. Bir­git Däwes von der Uni­ver­si­tät Flens­burg, die bei der Preis­ver­lei­hung zum Sur­veil­lan­ce Stu­dies Preis 2017 einen Vor­trag hielt. Foto: UHH/Zu­raw­ski

Die Preisträger: Sarah Kriesche (Radiojournalistin, Wien) erhielt den Journalistenpreis. Der Publikationspreis ging an Kai Denker (Universität Darmstadt) und Max Gedig (LMU München). Foto: UHH/Kriesche/Zaric

Die Preis­trä­ger: Sarah Krie­sche (Ra­dio­jour­na­lis­tin, Wien) er­hielt den Jour­na­lis­ten­preis. Der Pu­bli­ka­ti­ons­preis ging an Kai Den­ker (Uni­ver­si­tät Darm­stadt) und Max Gedig (LMU Mün­chen). Foto: UHH/Krie­sche/Zaric

3 Fra­gen an: Dr. habil. Nils Zu­raw­ski

Vi­deo­ka­me­ras, GPS-​Or­tung oder Tro­ja­ner – Über­wa­chung und die Dis­kus­si­on um Über­wa­chungs­tech­ni­ken be­stim­men ge­gen­wär­ti­ge Si­cher­heits­de­bat­ten. Dr. habil. Nils Zu­raw­ski forscht und lehrt am In­sti­tut für kri­mi­no­lo­gi­sche So­zi­al­for­schung und be­schäf­tigt sich seit vie­len Jah­ren mit dem Thema Über­wa­chung. Er ist In­itia­tor des For­schungs-​Netz­wer­kes Sur­veil­lan­ce-​Stu­dies, das Ende Ja­nu­ar an der Uni­ver­si­tät Ham­burg den Sur­veil­lan­ce Stu­dies Preis 2017 ver­lie­hen hat.

Ist der immer wie­der dis­ku­tier­te Aus­bau von Ka­me­ra­über­wa­chung sinn­voll?

Ka­me­ras sind eine Pro­jek­ti­ons­flä­che für viele Wün­sche und die Hoff­nun­gen ganz un­ter­schied­li­cher Ak­teu­re. Aber die grund­le­gen­den Fra­gen bei Ka­me­ras soll­ten immer sein: Wel­che Tech­nik? Wo in­stal­liert? Wel­cher Zweck? Wel­ches Ziel? Dann erst kann die je­wei­li­ge Maß­nah­me wirk­lich be­wer­tet wer­den, zum Bei­spiel: Für den Ein­bruchs­schutz – eher nütz­lich, für die Ter­ror­ab­wehr – un­ge­eig­net.

Ob Vi­deo­über­wa­chung ge­ne­rell wirk­sam oder un­wirk­sam ist, kann also pau­schal nicht ge­sagt wer­den. Klar ist, dass die Tech­no­lo­gie über­be­wer­tet wird. Ein Aus­bau soll­te sich an die­sen Fra­gen ori­en­tie­ren.

Mit wel­chen Fra­gen zum Thema Über­wa­chung be­schäf­ti­gen Sie sich?

Ich be­trach­te Über­wa­chung als so­zia­le Be­zie­hung, bei der Macht eine zen­tra­le, aber nicht die ein­zi­ge Rolle spielt. Mich in­ter­es­sie­ren die Be­din­gun­gen für diese Art so­zia­ler Be­zie­hun­gen, ihre Ver­flech­tun­gen mit den Me­cha­nis­men von Ver­ge­mein­schaf­tung sowie die sich dar­aus er­ge­ben­den Wech­sel­be­zie­hun­gen. Dabei geht es mir so­wohl um eine kri­ti­sche Ge­gen­warts­ana­ly­se als auch darum, grund­le­gen­de Struk­tu­ren so­zia­ler Be­zie­hun­gen zu er­for­schen.

Zu Über­wa­chung for­schen be­deu­tet häu­fig, sich in einem Span­nungs­feld zwi­schen his­to­ri­scher Ana­ly­se und ta­ges­ak­tu­el­ler Po­li­tik zu be­fin­den, auf der Suche nach den Kon­ti­nui­tä­ten und Dis­kon­ti­nui­tä­ten der Con­di­tio hu­ma­na, also der Be­din­gung des Mensch­seins.

So kann man z.B. das Thema Vi­deo­über­wa­chung an­hand der ak­tu­el­len Dis­kus­si­on um Si­cher­heit, Kri­mi­na­li­tät oder Ter­ror be­trach­ten – aber es auch zum An­lass neh­men, über Sicht­bar­keit, Be­ob­ach­tung und ge­gen­sei­ti­ge Kon­trol­le unter Bür­gern im his­to­ri­schen Wan­del nach­den­ken.

Weg von den Ka­me­ras rückt dann das Thema ge­sell­schaft­li­cher Zu­sam­men­halt in den Blick, wel­ches eben auch eng mit Über­wa­chung und so­zia­ler Kon­trol­le ver­bun­den ist.

Warum ist es wich­tig, sich mit Über­wa­chung aus­ein­an­der­zu­set­zen?

Über­wa­chung ist nicht nur ein Phä­no­men mo­der­ner Tech­no­lo­gi­en (und nicht de­ckungs­gleich mit dem Thema Da­ten­schutz). Viel mehr und ganz ge­ne­rell geht es dabei auch um die Be­din­gun­gen des so­zia­len Zu­sam­men­hal­tes oder die Mög­lich­kei­ten ge­sell­schaft­li­cher Eman­zi­pa­ti­on.

Wenn man von die­sen An­nah­men aus­geht, dann ist Über­wa­chung ein ge­nu­in so­zio­lo­gisch-​an­thro­po­lo­gi­sches Thema, mit dem sich eine kri­ti­sche so­zi­al­po­li­ti­sche, en­ga­gier­te Wis­sen­schaft aus­ein­an­der­set­zen muss.

Daher habe ich auch das For­schungs­netz­werk „Sur­veil­lan­ce Stu­dies“ ins Leben ge­ru­fen. Es för­dert zum Bei­spiel mit dem Sur­veil­lan­ce Stu­dies Preis junge Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler, die zum Thema Über­wa­chung und Kon­trol­le ar­bei­ten. Au­ßer­dem gibt es einen Preis für her­aus­ra­gen­de Me­di­en­ar­beit, denn eine kri­ti­sche und dif­fe­ren­zier­te Be­richt­er­stat­tung ist wich­tig für die Ge­sell­schaft.

Red.
 


Kon­takt:

Dr. habil. Nils Zu­raw­ski
In­sti­tut für Kri­mi­no­lo­gi­sche So­zi­al­for­schung

t. 040.42838-​2199
e. nils.zu­raw­ski"AT"uni-​ham­burg.de

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