UHH Newsletter

Dezember 2014, Nr. 69

FORSCHUNG



Kontakt:

Prof. Dr. Markus Drescher
Institut für Experimentalphysik/ Hamburg Centre for Ultrafast Imaging (CUI)

t. 040.8998-2262
e. markus.drescher"AT"desy.de


Dr. Philipp Wessels
Institut für Laserphysik/ Hamburg Center for Ultrafast Imaging (CUI)

t. 040.8998-5291
e. pwessels"AT"physnet.uni-hamburg.de

Das Video zeigt die Löschung und das erneute Beschreiben einer Speicherzelle im Licht des Röntgenmikroskops. Video: UHH/Philipp Wessels

Superzeitlupe bei DESY filmt ultraschnelle Magnetspeicherzellen bei der Arbeit

Magnetspeicher sind in jeder Computer-Festplatte enthalten. Auf ihnen werden mithilfe von magnetischen Feldern Informationen geschrieben und abgerufen. Bisher war jedoch nicht bekannt, wie die Magnetisierung genau abläuft. Forscher um Dr. Philipp Wessels aus der Gruppe von Prof. Markus Drescher am Hamburg Center for Ultrafast Imaging (CUI) haben dies jetzt mit einem Röntgenmikroskop beim Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Superzeitlupe gezeigt. Sie filmten, wie sich magnetische Wirbel in ultraschnellen Speicherzellen ausbilden. Magnetische Wirbel kommen als Kandidaten für leistungsfähigere Datenspeicher in Betracht.

Der Film aus dem Röntgenmikroskop macht ein besseres Verständnis der Dynamik magnetischer Speichermaterialien möglich, wie die Wissenschaftler im Fachjournal „Physical Review B“ berichten. Die Forscher haben für ihre Untersuchung eine Speicherzelle bestehend aus einer Mischung aus Nickel und Eisen gewählt, die sich in weniger als einer milliardstel Sekunde magnetisieren lässt.

Magnetisierungsprozess erstmals in Echtzeit gefilmt

„Zum ersten Mal lässt sich mit unseren Aufnahmen in Echtzeit verfolgen, wie die Magnetisierung genau abläuft“, erläutert Wessels. „Damit lässt sich das Schalten dieser Magnetzellen erstmals im Detail beobachten.“ Mit einem eigens konstruierten Röntgenmikroskop, das zusammen mit der Gruppe von Prof. Dr. Thomas Wilhein von der Hochschule Koblenz entwickelt wurde, konnten die Wissenschaftler verfolgen, wie eine Speicherzelle gelöscht und neu beschrieben wird. Die extrem kurzen Röntgenblitze von DESYs Forschungslichtquelle PETRA III ermöglichten dabei eine Zeitauflösung von 200 Pikosekunden, das sind 0,2 milliardstel Sekunden.

Die Magnetisierung lässt sich daran ablesen, wie stark einzelne Bereiche der Probe das polarisierte Röntgenlicht absorbieren. Das Röntgenmikroskop kann dabei noch Details erkennen, die 60 millionstel Millimeter (60 Nanometer) klein sind.

Schnellere und leistungsfähigere Speicher

Für ihre Untersuchungen nutzten die Wissenschaftler winzige, quadratische Nickel-Eisen-Speicherzellen mit einer Kantenlänge von zwei tausendstel Millimetern (2 Mikrometer). Diese Speicherzellen formen in ihrem Inneren vier magnetische Bereiche aus, sogenannte Domänen, zwischen denen sich die Magnetisierung entweder mit oder gegen den Uhrzeigersinn ändert. Diese magnetischen Domänen sind dreieckig, und ihre Spitzen treffen sich in der Mitte der Speicherzelle. Auf diese Weise entsteht im Zentrum der Zelle ein magnetischer Wirbelkern.

„Mit derselben Methode lässt sich die Dynamik beliebiger anderer Magnetmaterialien untersuchen“, betont Wessels. „Unsere Experimente können dazu beitragen, zu verstehen, wie schnell man Daten prinzipiell auf magnetische Speichermaterialien kodiert in Domänenform schreiben kann.“

Interessant sind die Untersuchungen vor allem für die Speichertechnologie großer Datenmengen. „Zwar kommen heute in Laptops und anderen mobilen Geräten immer häufiger nichtmagnetische Speichermaterialien wie beispielsweise Flash-Speicher zum Einsatz, aber wenn es um große Datenmengen geht, sind magnetische Datenspeicher konkurrenzlos günstig", erklärt Wessels. „Der Trend geht zum Speichern in der Cloud, und die Cloud ist magnetisch. Ein besseres Verständnis der Magnetdynamik kann dabei zu schnelleren und leistungsfähigeren Speichermaterialien führen.“

Röntgenmikroskop von Hamburg und Koblenz entwickelt

An der Arbeit waren die Universität Hamburg, die Hochschule Koblenz, das Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie sowie DESY beteiligt. Das mobile Röntgenmikroskop wurde von der Universität Hamburg und der Hochschule Koblenz entwickelt und vom Bundesforschungsministerium aus Mitteln für die Verbundforschung gefördert. Am Exzellenzcluster CUI sind die Universität Hamburg, DESY, das Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie, der europäische Röntgenlaser European XFEL und das Europäische Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) beteiligt.

PM/Red.
 

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