UHH Newsletter

November 2013, Nr. 56

FORSCHUNG

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Fragen nach der Rechtsstaatlichkeit vor und nach der Revolution und die Rolle des Islamismus im Arabischen Frühling wurden auf einem Workshop an der Universität Hamburg diskutiert. Foto: (cc) Shawn Hayward/flickr


Kontakt:

Nora El Bialy
Institut für Recht und Ökonomik

t. 040.42838-6449
e. nora.elbialy-at-ile-hamburg.de

Aktuelle Politik trifft Forschung zum Arabischen Frühling: Workshop des Instituts für Recht und Ökonomik

Die Ursachen und Folgen des Arabischen Frühlings werden nicht nur medial diskutiert, sondern auch in der Forschung intensiv analysiert. Ein Workshop des Instituts für Recht und Ökonomik der Universität Hamburg und der Fakultät für Wirtschaft und Politikwissenschaft der Universität Kairo hat sich vom 7. bis 9. November 2013 unter anderem mit Fragen nach der Rechtsstaatlichkeit vor und nach der Revolution und der Rolle des Islamismus im Arabischen Frühling beschäftigt.

Der Workshop zum Thema „Law and Institutional Economics of Revolutions“, an dem 52 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland und dem Nahen Osten, aber auch aus anderen europäischen Ländern teilnahmen, hatte ursprünglich in Kairo stattfinden sollen. Doch aufgrund der aktuellen politischen Lage entschied sich das Organisationsteam, die Veranstaltung nach Hamburg zu verlegen. Hier hatte im August bereits eine Summer School die Ereignisse um den Arabischen Frühling reflektiert. In mehr als 15 Vorträgen, Diskussionen und Keynotes beschäftigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nun neben den Ursachen für die Revolution vor allem mit den Folgen und den anstehenden Veränderungsprozessen.

Herausforderung: Rechtsstaatlichkeit

Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf der Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit im postrevolutionären Ägypten, d.h. der Schaffung einer Gesellschaft, in der alle Personen und Institutionen einem Gesetz unterstellt sind und festgelegte Rechte haben. Dabei spielt die transparente Formulierung und Verabschiedung einer grundlegenden, modernen Verfassung eine entscheidende Rolle, wie in der Diskussion mit dem Titel „Constitutional Choice during Transition“ etwa Dr. Ahmed Eldakak von der Universität Alexandria argumentierte.

Er erklärte, der Aufstand gegen den ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi im Juni und Juli 2013 zeige, dass es für die Sicherung des Amtes nicht reiche, demokratisch gewählt zu werden. Vielmehr müsse der Präsident ebenfalls das Gesetz achten, was Mursi nicht getan habe, als er im Oktober 2012 den Generalsstaatsanwalt absetzte und durch andere Entscheidungen die Gewaltenteilung missachtet habe.

Dass die Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit in Form einer Verfassung nicht nur für die gesellschaftliche Stabilität relevant sei, sondern auch wirtschaftlich, da ausländische Investitionsbereitschaft durch verlässliche Rechtsstrukturen gefördert würde, erklärte Dr. Radwa El Saman in ihrem Vortrag „Will the Post-Revolutionary Constitution Promote Investment in Egypt?“.

Die Rolle des Islam

Der Workshop griff auch ein Thema auf, dass in der öffentlichen Diskussion immer wieder mit einer gewissen Besorgnis assoziiert ist: Die Rolle des Islam im postrevolutionären Ägypten, der ein zwei Vorträge umfassender Schwerpunkt gewidmet war. Mario Ferrero etwa erklärte in seinem Beitrag „Why the Arab Spring is turning islamic“ die Motivation und den Erfolg islamistischer Gruppierungen mit Hilfe der politischen Ökonomie, einer Theorie, in der Kosten und Nutzen für politisches Engagement im Mittelpunkt stehen.

Dass der Islam in der Geschichte besonders wenigen Wandlungen unterlag, habe einerseits zur Konsequenz, dass er eine weite Verbreitung in der Gesellschaft habe, wodurch der Aufwand, sich dem Einfluss des Islams zu entziehen, hoch sei. Zudem führe die breite Basis dazu, dass ein hoher Anreiz für islamistische Bewegungen bestehe, sich politisch zu engagieren, da sie bei Erfolg in einem Zuge die gesamte Gesellschaft übernähmen.

Neben Ägypten spielten bei der Veranstaltung auch die Vorgänge in anderen arabischen Ländern eine Rolle, etwa in Tunesien oder in Jordanien. Für Prof. Dr. Stefan Voigt, Mit-Organisator der Tagung und Direktor des Instituts für Recht und Ökonomik der Universität Hamburg, war der Workshop ein großer Erfolg: „Wir hoffen, dass der Austausch zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem Nahen Osten untereinander und mit anderen Teilen der Welt nicht nur dazu beiträgt, die Integration der Wissenschaftler in die weltweite Wissenschaftlergemeinschaft zu fördern, sondern vielleicht sogar einen kleinen Beitrag zu einer reflektierten Wahl von Verfassungsregeln zu leisten.“

Red.
 
 
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