An der Stellungnahme der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften waren Forscherinnen und Forscher aus Psychologie und Neurobiologie, aus Linguistik, Pädagogik sowie aus Soziologie und Ökonomie beteiligt. Sie fordern vor allem langfristige Investitionen in hochwertige frühkindliche Bildungs- und Betreuungsangebote.
Außerdem sprechen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für verstärkte Forschungsanstrengungen in Form von Längsschnittstudien zu den Entwicklungsverläufen von Kindern aus, da in Deutschland bisher nur wenige aussagekräftige Untersuchungen zur Verfügung stünden.
Plädoyer für frühen spielerischen Zweitspracherwerb
Die Forscherinnen und Forscher betonen, dass durch Bildungsangebote in der frühen Kindheit auch die Potenziale von Kindern, die in einem weniger günstigen Familienumfeld aufwachsen oder mit spezifischen Einschränkungen geboren werden, erheblich besser ausgeschöpft werden können.
Sie empfehlen ein möglichst frühes Erlernen der deutschen Sprache für alle Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, plädieren aber auch generell dafür, möglichst vor der Einschulung mit dem spielerischen Erwerb einer Zweitsprache zu beginnen.
„Wir wissen, dass es in der frühen Kindheit Zeitfenster gibt, in denen zwingend bestimmte Lern- und Umwelterfahrungen gemacht werden müssen. Wenn diese fehlen, bleibt die Entwicklung unvollständig. Manche Verhaltensweisen können dann später gar nicht mehr oder nur noch eingeschränkt erworben werden“, sagt Prof. Dr. Frank Rösler. Dies gelte vor allem für das Lernen einer Sprache, die nicht die Muttersprache ist, aber ebenso für den Erwerb sozialer Kompetenz oder geistiger Voraussetzungen für den späteren schulischen Wissenserwerb.
Mehr Personal in Kitas, durchlässige Schulsysteme
Weiterhin empfiehlt die Arbeitsgruppe, die enge Wechselwirkung zwischen Erbanlagen und Umwelt bei der kindlichen Entwicklung stärker in bildungspolitische Überlegungen einzubeziehen und weist darauf hin, dass die allgemeine Intelligenz eines Menschen nicht von Geburt an unveränderlich festgeschrieben ist.
Vielmehr könnten negative wie positive Umweltbedingungen die Entfaltung der genetischen Veranlagung beeinflussen. In den Betreuungseinrichtungen müsse jedoch die Anzahl der Kinder pro Erzieherin bzw. Erzieher deutlich reduziert und das pädagogische Personal besser ausgebildet werden.
Darüber hinaus sprechen sich die Forscherinnen und Forscher dafür aus, Bildungsinvestitionen zielgenauer auf bestimmte Gruppen oder Stadtteile auszurichten und auch die Eltern stärker in Betreuungsprogramme einzubeziehen und finanzschwache Familien von Bildungskosten zu entlasten. Dadurch könnten besonders die Chancen von Kindern aus bildungsfernen Schichten verbessert werden.
Bei der schulischen Bildung plädieren die Forscherinnen und Forscher für Bildungssysteme, die allen Kindern, sowohl solchen mit besonderem Förderbedarf als auch solchen mit schon vorhandenem hohen Potential eine volle Entfaltung ihrer Möglichkeiten erlauben.
PM/Red.