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Juni 2015, Nr. 75

CAMPUS



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Kerstin Graupner
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Mit 102 Jahren hat Ingeborg Syllm-Rapoport nun ihre Promotionsurkunde im Rahmen einer Feier im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf erhalten. Auf dem Bild ist sie zusammen mit ihrer Tochter, der Kinderärztin Dr. Susan Richter, zu sehen. Foto: UKE

Mit 102 Jahren hat Ingeborg Syllm-Rapoport nun ihre Promotionsurkunde im Rahmen einer Feier im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf erhalten. Auf dem Bild ist sie zusammen mit ihrer Tochter, der Kinderärztin Dr. Susan Richter, zu sehen. Foto: UKE

77 Jahre nach dem Unrecht: 102-Jährige wird erfolgreich promoviert

Sie hatte erfolgreich Medizin studiert und ihre Dissertation geschrieben, doch Ingeborg Rapoport, damals noch Ingeborg Syllm, wurde 1938 die Verteidigung ihrer Arbeit und damit die Promotion von der Hansischen Universität, wie die Universität Hamburg damals hieß, verweigert – aufgrund ihrer jüdischen Abstammung. Nun wurde diese Prüfung erfolgreich nachgeholt. Bei einem Festakt am 9. Juni in Hamburg wurde der inzwischen 102 Jahre alten Ingeborg Syllm-Rapoport die Promotionsurkunde überreicht.

Bereits Mitte Mai war die dreiköpfige Prüfungskommission, bestehend aus Prof. Dr. Dr. Uwe Koch-Gromus (Dekan der Medizinischen Fakultät), Prof. Dr. Gabriele M. Rune (Institut für Neuroanatomie) und Prof. Dr. Dr. Michael Frotscher (Institut für Strukturelle Neurobiologie) nach Berlin gereist, um die mündliche Prüfung abzunehmen. Die Verteidigung der Dissertation zum Thema Diphterie fand in der Wohnung von Ingeborg Syllm-Rapoport statt.

Dekan Koch-Gromus, der anlässlich ihres 100. Geburtstages von dem Fall erfahren und sich mit Nachdruck für die Aufklärung eingesetzt hatte, zeigte sich anschließend gegenüber Journalistinnen und Journalisten begeistert von der Doktorandin: „Nicht nur unter Berücksichtigung ihres hohen Alters war sie einfach brillant. Wir waren beeindruckt von ihrer intellektuellen Wachheit und sprachlos über ihr Fachwissen – auch im Bereich moderner Medizin.“

Urkundenübergabe bei Feierstunde

Auch bei der festlichen Verleihung der Promotionsurkunde mit dem Prädikat „magna cum laude“ betonte Koch-Gromus noch einmal die große Leistung der erfolgreichen Kinderärztin. Im Beisein von Katharina Fegebank, Wissenschaftssenatorin und Zweite Bürgermeisterin der Freien und Hansestadt Hamburg, Familie und Freunden der Promovendin sowie zahlreichen Medienvertreterinnen und -vertretern machte Prof. Dr. Burkhard Göke, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKE, zudem deutlich: „Wir können geschehenes Unrecht nicht ungeschehen machen, aber unsere Einsichten in die Vergangenheit prägen unsere Perspektiven für die Zukunft.“

Ingeborg Syllm-Rapoport freute sich sichtlich über die Auszeichnung. Die 102-Jährige hatte bereits im Vorfeld betont, wie wichtig ihr die Prüfung sei – trotz ihrer erlangten beruflichen Erfolge und der zahlreichen Auszeichnungen für ihre Arbeit. Gegenüber der „Jungen Welt“ berichtete sie zudem über ihre Aufregung vor der Verteidigung: „Ich wollte ja die drei Professoren, die extra aus Hamburg gekommen waren, keineswegs enttäuschen.“ Sie erzählte aber auch, wie die Vorbereitung auf die Prüfung, die sie mithilfe von Freunden absolviert hatte, die Erinnerungen an die schwere Zeit wieder sehr bewusst gemacht hätten.

Eine Erfolgsgeschichte mit vielen Hindernissen

Syllm-Rapoport hatte in Hamburg Medizin studiert und war von 1937 bis 1938 als Assistenzärztin am Israelitischen Krankenhaus Hamburg tätig. Während dieser Zeit fertigte sie ihre Dissertationsschrift über Lähmungserscheinungen infolge von Diphtherie an, doch die Zulassung zur mündlichen Doktorprüfung und damit die Promotion wurden ihr von den nationalsozialistischen Hochschulbehörden in Deutschland unter Bezug auf die geltenden „Rassengesetze“ aufgrund ihrer jüdischen Abstammung verweigert.

1938 emigrierte die junge Ärztin in die USA und musste dort wegen der fehlenden Prüfung noch einmal zwei Jahre studieren, um praktizieren zu können. Anschließend arbeitete sie als Kinderärztin und zog 1952 mit ihrem Mann, Samuel Mitja Rapoport (1912–2004), und den vier Kindern in die DDR. 1969 übernahm Ingeborg Rapoport an der Charité den ersten Lehrstuhl für Neonatologie in Deutschland.

PM/Red.
 
 
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