UHH Newsletter

De­zem­ber 2012, Nr. 45

VER­AN­STAL­TUNG

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Magdalene Schoch und Albrecht Mendelssohn Bartholdy in Hamburg, 1920er Jahre. Foto: UniversitätsgeschichteMagdalene Schoch kurz vor der Emigration 1937. Foto: UniversitätsgeschichteMagdalene Schoch (vierte von rechts) im US-Justizministerium während der Amtszeit von Justizminister Robert Kennedy (Bildmitte), 1961–1964. Foto: UniversitätsgeschichteMagdalene Schoch (links) 1963  bei einem Senatsempfang im Hamburger Rathaus. Sie besuchte eine Konferenz des Hamburger ZONTA-Clubs, deren Präsidentin sie bis 1937 war. Foto: Universitätsgeschichte
Mag­da­le­ne Schoch im Ham­bur­ger In­sti­tut, 1920er Jahre. Foto: Uni­ver­si­täts­ge­schich­te



Kon­takt:

Jun.-Prof. Dr. Ul­ri­ke Lemb­ke
Fa­kul­tät für Rechts­wis­sen­schaft
Öf­f­ent­li­ches Recht und Legal Gen­der Stu­dies

t. 040.42838-​4098
e. ulrike.​lembke@​uni-​ham­burg.de

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen (PDF): Rai­ner Ni­co­lay­sen „Kon­se­quent wi­der­stan­den – die Ju­ris­tin Mag­da­le­ne Schoch“

Fest­akt für eine star­ke Frau: Mag­da­le­ne Schoch war Pio­nie­rin der Rechts­wis­sen­schaft

Vor 80 Jah­ren hat sich Dr. Mag­da­le­ne Schoch (1897 – 1987) an der Ham­bur­ger Fa­kul­tät für Rechts-​ und Staats­wis­sen­schaf­ten ha­bi­li­tiert – als erste Ju­ris­tin in Deutsch­land. Die chan­cen­rei­che Kar­rie­re der Pio­nie­rin in der „Män­ner­welt“ ver­ebb­te mit der Macht­über­nah­me der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten, deren Ein­fluss sie sich kon­se­quent wi­der­setz­te und die sie 1937 ins Exil trie­ben. Die Ju­ris­ti­sche Fa­kul­tät ehrte Schoch am 21. No­vem­ber mit einem Fest­akt und bat um Ver­zei­hung für das Un­recht, das ihr an­ge­tan wurde.
Mag­da­le­ne Schoch war Ex­per­tin für Aus­lands­recht, In­ter­na­tio­na­les Pri­vat-​ und Pro­zess­recht sowie Rechts­ver­glei­chung. Ge­mein­sam mit ihrem aka­de­mi­schen Leh­rer Al­brecht Men­dels­sohn Bar­thol­dy präg­te sie ab 1920 mehr als ein Jahr­zehnt lang die Ham­bur­ger Rechts­wis­sen­schaft. In die­ser Zeit hat sie sich auch um die deutsch-​ame­ri­ka­ni­schen Be­zie­hun­gen, die Er­for­schung von Frie­dens­be­din­gun­gen und die wis­sen­schaft­li­che Be­glei­tung aus­wär­ti­ger Po­li­tik ver­dient ge­macht.

Be­wun­de­rung für Cou­ra­ge

Der Fest­akt zum 80-​jäh­ri­gen Ju­bi­lä­um ihrer Ha­bi­li­ta­ti­on war die erste of­fi­zi­el­le Ge­denk­ver­an­stal­tung der Rechts­wis­sen­schaft­li­chen Fa­kul­tät für Mag­da­le­ne Schoch. An­ge­sto­ßen und or­ga­ni­siert wurde sie von Jun.-Prof. Dr. Ul­ri­ke Lemb­ke, die auf Nach­fra­ge von Stu­die­ren­den auf die Ge­schich­te Schochs und ihr Wir­ken in Ham­burg ge­sto­ßen war. Sie sei be­ein­druckt von die­ser Frau, die 1916 das Ab­itur mach­te – zu einer Zeit, in der noch ernst­haft über das Werk „Über den phy­sio­lo­gi­schen Schwach­sinn des Wei­bes“ von Paul Ju­li­us Mö­bi­us dis­ku­tiert wurde und Frau­en kei­ner­lei ju­ris­ti­sche Be­ru­fe er­grei­fen konn­ten, so Lemb­ke. Ihre wis­sen­schaft­li­che Kar­rie­re muss­te sich Schoch als ein­zi­ge Frau unter Män­nern hart er­kämp­fen.

Dekan bit­tet um Ver­ge­bung

Prof. Dr. Til­man Rep­gen, Dekan der Fa­kul­tät für Rechts­wis­sen­schaft, nann­te es in sei­ner Be­grü­ßungs­re­de umso be­wun­derns­wer­ter, dass Mag­da­le­ne Schoch immer Ab­stand ge­hal­ten hat zum na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ge­dan­ken­gut, sich nicht ge­beugt hat und dafür ihre Kar­rie­re ris­kier­te. Rep­gen dank­te Lemb­ke für ihr En­ga­ge­ment, die Er­in­ne­rung an Mag­da­le­ne Schoch mit dem Fest­akt auf­zu­fri­schen. Er drück­te sein Be­dau­ern über das Un­recht an der Rechts­wis­sen­schaft­li­chen Fa­kul­tät in der NS-​Zeit aus und bat im Namen der Fa­kul­tät um Ver­ge­bung.

Als Ver­tre­ter der Stadt wür­dig­te Staats­rat Dr. Ralf Klein­diek Mag­da­le­ne Schoch, die ihrer Zeit vor­aus ge­we­sen sei, weil sie das be­an­sprucht habe, was für Män­ner selbst­ver­ständ­lich ge­we­sen sei.

Kon­se­quent wi­der­stan­den

In Ham­burg ar­bei­te­te Mag­da­le­ne Schoch seit 1920 als As­sis­ten­tin Men­dels­sohn Bar­thol­dys am Se­mi­nar für Aus­lands­recht, In­ter­na­tio­na­les Pri­vat-​ und Pro­zess­recht an der Uni­ver­si­tät sowie spä­ter zudem am In­sti­tut für Aus­wär­ti­ge Po­li­tik, einem der ers­ten Frie­dens­for­schungs­in­sti­tu­te in der Welt. Ihre wis­sen­schaft­li­chen In­ter­es­sen ver­knüpf­te Schoch mit po­li­ti­schem En­ga­ge­ment, ins­be­son­de­re zur För­de­rung der Be­zie­hun­gen zu den USA und für die Eman­zi­pa­ti­on von Frau­en. 1932 zähl­te Mag­da­le­ne Schoch zu den In­itia­to­rin­nen der Ham­bur­ger „Frau­en­front“ gegen den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus. Sie wei­ger­te sich u.a., jü­di­sche Au­to­ren nicht mehr zu zi­tie­ren, und ließ den ZON­TA-​Club im Ge­hei­men statt­fin­den, um sich nicht von den jü­di­schen Mit­glie­dern tren­nen zu müs­sen.

„Schoch blieb kon­se­quent und hielt an ihrem Wer­te­sys­tem fest“, be­ton­te Prof. Dr. Rai­ner Ni­co­lay­sen, Lei­ter der Ar­beits­stel­le für Uni­ver­si­täts­ge­schich­te, der den Fach­vor­trag über die Bio­gra­fie von Mag­da­le­ne Schoch hielt. Nach der Zwangseme­ri­tie­rung Men­dels­sohn Bar­thol­dys im Jahr 1933 fühl­te sich Schoch an der Uni­ver­si­tät zu­neh­mend iso­liert. Weil sie – an­ders als ihre Kol­le­gen – zu kei­nen Kon­zes­sio­nen be­reit war, kün­dig­te sie 1937 und ging in die USA in ein un­ge­wis­ses Exil.

„In Ham­burg wuss­te man lange Zeit nichts über ihren wei­te­ren Le­bens­weg – es frag­te auch nie­mand da­nach“, so Ni­co­lay­sen, der seine Re­cher­chen zu Schoch im Jahr 2006 be­gann und in den USA zahl­rei­che Do­ku­men­te und un­be­kann­tes Bild­ma­te­ri­al auf­spür­te. Erst seit­her ist Schochs Bio­gra­fie, auch für die Zeit nach 1937, gut re­kon­stru­iert. In ihrer zwei­ten Kar­rie­re ge­lang­te Mag­da­le­ne Schoch als Sach­ver­stän­di­ge im US-​Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um in Wa­shing­ton in hohe Po­si­tio­nen. Sie starb 1987 in Falls Church, Vir­gi­nia.

Wis­sen­schaft­li­che Werke waren nie ver­ges­sen

Die Wür­di­gung des wis­sen­schaft­li­chen Werks nahm Prof. Dr. Dag­mar Coes­ter-​Walt­jen, Ge­org-​Au­gust-​Uni­ver­si­tät Göt­tin­gen, vor. Auch wenn die Per­son Mag­da­le­ne Schoch lange Zeit ver­ges­sen war, ihre Werke waren es nicht, er­klär­te Coes­ter-​Walt­jen. Sie be­ton­te den Wert der Ha­bi­li­ta­ti­ons­schrift von Schoch. Im Be­reich des In­ter­na­tio­na­len Pri­vat-​ und Pro­zess­rechts sowie der Rechts­ver­glei­chung habe sie sich blei­bend einen Namen ge­macht und werde bis heute in den ein­schlä­gi­gen Wer­ken zi­tiert.

Red.
 



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