UHH Newsletter

De­zem­ber 2012, Nr. 45

FOR­SCHUNG

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Elektronenmikroskopische Aufnahme des Parasiten Trypanosoma brucei aus dem Blut. Die Schlafkrankheit kommt vor allem in afrikanischen Ländern südlich der Sahara vor. Bild: Michael Duszenko, Universität TübingenKombinierte Intensitätskarte aus fast 200.000 Streubildern von in vivo gezüchteten Kristallen des Enzyms Cathepsin B aus dem Erreger der Schlafkrankheit. Diese Karte diente dazu, die dreidimensionale molekulare Struktur des Enzyms zu bestimmen. Bild: Karol Nass, CFELKolorierte Elektronenmikroskopaufnahme des Parasiten Trypanosoma brucei (hellblau) im Blut, zusammen mit roten und weißen Blutkörperchen (Erythrozyten, rot, und Lymphozyten, weiß). Bild: Prof. Michael Duszenko, Universität TübingenDer Wasserstrahl, in dem die Millionen Mikrokristalle durch den Röntgenlaser gespült wurden, war etwa vier millionstel Meter (tausendstel Millimeter) dünn. Bild: Karol Nass, CFEL
Ver­grö­ßer­te Dar­stel­lung einer Tset­se-​Flie­ge, dem Über­trä­ger der Schlaf­krank­heit. Bild: Mi­cha­el Dus­zen­ko, Uni­ver­si­tät Tü­bin­gen.



Kon­takt:

Prof. Dr. Chris­ti­an Bet­zel
La­bo­ra­to­ri­um für Struk­tur­bio­lo­gie von In­fek­tio­nen und Ent­zün­dun­gen
t. 040.8998-​4744
e. Christian.​Betzel@​uni-​ham­burg.de

Dr. Lars Re­de­cke
Ge­mein­sa­me Nach­wuchs­grup­pe "Struk­tu­rel­le In­fek­ti­ons­bio­lo­gie unter An­wen­dung neu­ar­ti­ger Strah­lungs­quel­len (SIAS)" Uni­ver­si­tät Ham­burg und Uni­ver­si­tät zu Lü­beck
t. 040.8998-​5389
e. Lars.​Redecke@​chemie.​uni-​ham­burg.de

Bio­lo­gen ent­schlüs­seln Bau­plan für mög­li­ches Mit­tel gegen Schlaf­krank­heit

Mit dem welt­stärks­ten Rönt­gen­la­ser haben Ham­bur­ger und Lü­be­cker For­scher eine mög­li­che Schwach­stel­le des Er­re­gers der Schlaf­krank­heit ent­deckt. Diese de­tail­lier­te Ana­ly­se lie­fert den Bau­plan für ein po­ten­zi­el­les Mit­tel gegen den Pa­ra­si­ten Try­p­ano­so­ma bru­cei, der mehr als 60 Mil­lio­nen Men­schen vor allem im süd­li­chen Afri­ka be­droht. Dabei han­delt es sich um die welt­weit erste bio­lo­gi­sche Struk­tur, die an einem Freie-​Elek­tro­nen-​La­ser ent­schlüs­selt wurde. Mit einem maß­ge­schnei­der­ten mo­le­ku­la­ren „Stöp­sel“ ließe sich dem­nach ein le­bens­wich­ti­ges Enzym des Pa­ra­si­ten blo­ckie­ren. Diese Er­geb­nis­se wur­den nun im Fach­jour­nal „Sci­ence“ ver­öf­f­ent­licht.
Ver­ant­wort­lich für die For­schung zeich­ne­te das Team um die Wis­sen­schaft­ler Prof. Chris­ti­an Bet­zel von der Uni­ver­si­tät Ham­burg, Dr. Lars Re­de­cke von der ge­mein­sa­men Nach­wuchs­grup­pe „Struk­tu­rel­le In­fek­ti­ons­bio­lo­gie unter An­wen­dung neuer Strah­lungs­quel­len (SIAS)“ der Uni­ver­si­tä­ten Ham­burg und Lü­beck sowie DE­SY-​For­scher Prof. Henry Chap­man vom Cen­ter for Free-​Elec­tron Laser Sci­ence (CFEL).

Ein Enzym als An­satz­punkt

Die Wis­sen­schaft­ler hat­ten das Enzym Ca­thep­sin B des Pa­ra­si­ten in kris­tal­li­sier­ter Form mit in­ten­si­ven Rönt­gen­blit­zen ana­ly­siert. „Das Enzym hatte sich in frü­he­ren Un­ter­su­chun­gen als viel­ver­spre­chen­der An­satz­punkt für ein Me­di­ka­ment er­wie­sen", er­läu­tert Re­de­cke, einer der bei­den Haupt­au­to­ren der „Sci­ence"-​Stu­die. „Das Aus­schal­ten des En­zyms im Pa­ra­si­ten konn­te bei Mäu­sen die In­fek­ti­on hei­len."

Das selbe Enzym kommt bei allen Säu­ge­tie­ren und damit auch beim Men­schen vor. Blo­ckiert man es un­spe­zi­fisch, kann das für den Pa­ti­en­ten gra­vie­ren­de Kon­se­quen­zen haben. Mit ihrer Rönt­gen­un­ter­su­chung, die erst durch die neue La­ser-​Tech­nik er­mög­licht wurde, haben die For­scher nun je­doch cha­rak­te­ris­ti­sche Un­ter­schie­de in der mo­le­ku­la­ren Struk­tur des En­zyms zwi­schen Mensch und Pa­ra­sit ge­fun­den.

Maß­ge­schnei­der­te Mo­le­kü­le gegen Pa­ra­si­ten

„Damit er­öff­net sich grund­sätz­lich die Chan­ce, mit einem maß­ge­schnei­der­ten Mo­le­kül ge­zielt das Enzym des Pa­ra­si­ten zu blo­ckie­ren, es aber beim Pa­ti­en­ten in­takt zu las­sen", er­läu­tert der an­de­re Haupt­au­tor der "Sci­ence"-​Stu­die, Karol Nass, Dok­to­rand an der Ham­burg School for Struc­ture and Dy­na­mics in In­fec­tion (SDI), die von der Ham­bur­ger Lan­desex­zel­len­zin­itia­ti­ve (LEXI) ge­för­dert wird. Trotz die­ses viel­ver­spre­chen­den An­sat­zes sei ein mög­li­ches neues Me­di­ka­ment al­ler­dings noch sehr weit ent­fernt, be­to­nen die Wis­sen­schaft­ler.

Bis­her kaum zu­ver­läs­si­ge Me­di­ka­men­te gegen die Schlaf­krank­heit

Die Schlaf­krank­heit wird durch den Biss der Tset­se-​Flie­ge über­tra­gen. Die Try­p­ano­so­men ver­schan­zen sich im zen­tra­len Ner­ven­sys­tem, und ohne Be­hand­lung ver­läuft die In­fek­ti­on nor­ma­ler­wei­se töd­lich. Die Krank­heit kommt in 36 afri­ka­ni­schen Län­dern süd­lich der Sa­ha­ra vor und ge­fähr­det vor allem die arme Land­be­völ­ke­rung. In den ver­gan­ge­nen Jah­ren wurde der Kampf gegen die Krank­heit unter Fe­der­füh­rung der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on WHO deut­lich ver­stärkt, wo­durch die Fall­zah­len dras­tisch ge­sun­ken sind. Den­noch sind nach wie vor Mil­lio­nen Men­schen ge­fähr­det.

Die Schlaf­krank­heit wird mit An­ti-​Pa­ra­si­ten-​Me­di­ka­men­ten be­han­delt, die al­ler­dings ohne ge­naue Kennt­nis der bio­che­mi­schen Zu­sam­men­hän­ge ent­wi­ckelt wur­den und daher we­ni­ger zu­ver­läs­sig und si­cher seien als wün­schens­wert, un­ter­strei­chen die Wis­sen­schaft­ler. Au­ßer­dem wür­den immer mehr Pa­ra­si­ten wi­der­stands­fä­hig gegen die Mit­tel. Neue Wirk­stof­fe, die ge­zielt die Pa­ra­si­ten töten, ohne den Or­ga­nis­mus des Pa­ti­en­ten zu be­ein­träch­ti­gen, wären daher von gro­ßem Nut­zen.

In­ter­na­tio­na­le For­schungs­ko­ope­ra­ti­on

Dem For­scher­team ge­hör­ten Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler der Uni­ver­si­tä­ten Ham­burg und Lü­beck, des DESY, der Uni­ver­si­tä­ten Tü­bin­gen, Upp­sa­la und Gö­te­borg sowie der Ari­zo­na State Uni­ver­si­ty, dem US-​Be­schleu­nig­er­zen­trum SLAC, dem La­w­rence Li­ver­mo­re Na­tio­nal La­bo­rato­ry (USA), dem Max-​Planck-​In­sti­tut für me­di­zi­ni­sche For­schung in Hei­del­berg und der Max Planck Ad­van­ced Study Group am Ham­bur­ger Cen­ter for Free-​Elec­tron Laser Sci­ence (CFEL) an. Das CFEL ist eine Ko­ope­ra­ti­on von DESY, der Max-​Planck-​Ge­sell­schaft und der Uni­ver­si­tät Ham­burg.

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier.
Die Ori­gi­nal­stu­die fin­den Sie hier.
PM/Red.
 



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