UHH Newsletter

Oktober 2009, Nr. 7

CAMPUS

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Dr. Denis Nosnitsin, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Asien-Afrika-Instituts der Universität Hamburg, vor einer Karte Äthiopiens. Seit 1999 ist der gebürtige Russe an dem Projekt „Encyclopaedia Aethiopica“ der Forschungsstelle Äthiopistik beteiligt. Zuvor hat er an der Orientalischen Fakultät der Staatlichen Universität Sankt Petersburg studiert, wo er 2002 zur äthiopischen mittelalterlichen Literatur promoviert wurde, Foto: UHH/GWHandschriften aus der Sammlung des Klosters Gundä Gunde (Tigray, Nordäthiopien), Foto: D. NosnitsinMehrere Handschriften aus der Sammlung des Klosters Asir Mätira (Tigray, Nordäthiopien), Foto: D. NosnitsinBlick in die Landschaft in der Umgebung von 'Adwa (Tigray, Nordäthiopien), Foto: D. Nosnitsin
Die äthiopische Schrift ist eine Silbenschrift; sie wird im Gegensatz zu den anderen semitischen Schriften von links nach rechts geschrieben. Hier: Eine Seite aus der alten Handschrift aus der Sammlung des Klosters Gundä Gunde (Tigray, Nordäthiopien), Foto: D. Nosnitsin



Ansprechpartner:


Dr. Denis Nosnitsin

Asien-Afrika Institut
Forschungsstelle Äthiopistik
Alsterterrasse 1
Hamburg 20345

t. 040-4 28 38-77 31
e. nosnitsin-at-yahoo.com und
    eae-at-uni-hamburg.de


EU fördert Handschriftenprojekt an der Universität Hamburg mit 1,7 Mio. Euro

Monate hat er gewartet, doch jetzt hält Dr. Denis Nosnitsin, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Asien-Afrika-Instituts der Universität Hamburg, die Bestätigung über den ERC Starting Grant von 1,7 Mio. Euro in den Händen. Sein Projekt „Cultural Heritage of Christian Ethiopia: Salvation, Preservation and Research“, das sich mit der Digitalisierung, Erforschung und Katalogisierung christlicher Handschriften in Äthiopien beschäftigt, wurde vom europäischen Forschungsrat ausgewählt und wird für die nächsten 5 Jahre gefördert.
Es handelt sich in mehrerer Hinsicht um ein besonderes Projekt: Das liegt vor allem an seinem Gegenstand. Es sind kunstvoll gefertigte Handschriften aus der christlichen Handschriftenkultur Äthiopiens, die Dr. Nosnitsin untersuchen wird. Die mittelalterliche Tradition der Handschriften hat in Äthiopien bis ins 20. Jahrhundert überlebt und wird mancherorts noch heute praktiziert.

Ds heutige Äthiopien ist multikonfessionell, zählt aber zu den ältesten christlich geprägten Ländern der Erde. Das Land hat über viele Jahrhunderte hinweg seine kulturelle Eigenständigkeit und Ursprünglichkeit bewahrt. So ist auch heute noch die Tradition der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche lebendig, die ihre Ursprünge im 4. Jahrhundert n.Chr. hat. Erst im 19. Jahrhundert fand eine langsame kulturelle Öffnung nach außen und eine allmähliche Modernisierung des Landes statt; erst dann fing man an, die Handschriften durch gedruckte Bücher zu ersetzen.

Frühe Handschriften finden sich aus dem 14. Jahrhundert: biblische Texte und Apokryphen, liturgische Texte und Gebete, die in der altkirchlichen Ge’ez-Sprache verfasst sind. Manche Handschriften sind kunstvoll geschrieben und mit Miniaturen ausgeschmückt – nicht unähnlich den reich verzierten Manuskripten aus Byzanz oder sogar des europäischen Mittelalters.

Lebendige Handschriftenkultur

Auch heute findet man Leute, die das Pergament und die Tinte herzustellen wissen; in manchen Klöstern und Kirchen gibt es noch immer professionelle Kopisten, die die Texte kunstvoll per Hand auf Pergament schreiben.

Dr. Nosnitsin und seine Kolleginnen und Kollegen werden zu den Klöstern und Kirchen in die Berge Äthiopiens reisen, um die Handschriften aus wertvollen Sammlungen Seite für Seite abzufotografieren. Nur so ist es möglich, den Bestand, wenn auch nur digital, für die Nachwelt und besonders die Forschung zu erhalten. Geplant ist, innerhalb der nächsten 5 Jahre eine Online-Datenbank aufzubauen, die so viele Manuskripte wie möglich digital erfasst, identifiziert, beschreibt und wissenschaftlich kommentiert, so dass die Texte später Grundlage für historische, kunsthistorische, theologische und andere Forschungen sein können.

Der Schutz der Kulturgüter Äthiopiens

Heute zählt vor allem der Schutz der verbliebenen Schriftdenkmäler zu den akuten Aufgaben der Forscher und Forscherinnen. Jährlich verschwinden ca. 10% der Manuskripte. Viele fallen den ungeeigneten Aufbewahrungsumständen zu Opfer; manche werden entwendet, auf dem Schwarzmarkt oder direkt an Sammler verkauft und sind dann für die Forschung verloren. Längst ist man heute im globalen Maßstab an der Rettung der einzigartigen kulturellen Güter Äthiopiens interessiert.

Die Forschungsstelle Äthiopistik der Universität Hamburg ist für die Aufgabe der Wahrung bedrohter äthiopischer Handschriften wie prädestiniert , weil sie seit langem Quellensicherung in Äthiopien betreibt und sich einen Namen gemacht hat in der Erforschung der Kulturgeschichte des Landes. Schließlich steht auch die Wiege der wissenschaftlichen Disziplin in Hamburg: 1968 wurde in Hamburg deutschlandweit der erste Lehrstuhl für Äthiopistik eingerichtet.

Das neue Hiob-Ludolf-Zentrum für Äthiopistik

In diesen Tagen ist die Forschungsstelle an ihre neue Wirkungsstätte an die Alsterterrassen 1 gezogen, gleichzeitig erhielt sie einen neuen Namen: Hiob-Ludolf-Zentrum für Äthiopistik – benannt nach dem barocken deutschen Gelehrten und bedeutenden Erforscher der äthiopischen Kultur, der 1661 das erste Lexikon der Kirchensprache Ge’ez schrieb.

Red.
 
 
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