UHH Newsletter

April 2013, Nr. 49

FORSCHUNG

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Neue Experimente eines Hamburger Forscher-Teams erlauben einen noch nie dagewesenen Einblick in den Prozess, bei dem Kohlenmonoxid-Moleküle mit der Oberfläche eines Katalysators reagieren. Foto: Greg Stewart / SLAC National Accelerator Laboratory



Kontakt:

Dr. Martina Dell’Angela
Institut für Experimentalphysik und CFEL
t. 040.8998-2182
e. Martina.Dell.Angela-at-desy.de

Prof. Dr. Wilfried Wurth
Sprecher der Advanced Study Group der Universität Hamburg am CFEL
t. 040.8998-3706
e. wilfried.wurth-at-uni-hamburg.de

Röntgenlaser ermöglicht Forscherteam Live-Aufnahmen chemischer Reaktionen

Mit dem weltstärksten Röntgenlaser hat ein internationales Forschungsteam unter Federführung der Universität Hamburg und des Forschungszentrums SLAC in Standford einen Katalysator auf Molekülebene in Aktion beobachtet. Die Untersuchung zeigt überraschende Details einer chemischen Reaktion und eröffnet die Möglichkeit, diese ultraschnellen Vorgänge live zu verfolgen. Die Gruppe um Dr. Martina Dell´Angela und Prof. Dr. Wilfried Wurth von der Advanced Study Group der Universität Hamburg im Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) stellt ihre Arbeit in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals „Science“ vor.
Katalysatoren sind Stoffe, die eine chemische Reaktion beschleunigen oder überhaupt erst ermöglichen, selbst dabei jedoch unverändert bleiben. Sie sind in zahlreichen industriellen Prozessen unverzichtbar, von der Umwelttechnik, über die Herstellung von Kraftstoffen bis zur Produktion von Dünger für die Landwirtschaft. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten nun erstmals einen Übergangszustand nachweisen, in dem die Moleküle kurzzeitig über dem Katalysator schweben, bevor sie endgültig davonfliegen.

Verharren im Übergangszustand

Die Forscher untersuchten am Röntgenlaser LCLS (Linac Coherent Light Source) des US-Beschleunigerzentrums SLAC National Accelerator Laboratory in Kalifornien die Anlagerung von Kohlenmonoxid an eine Katalysatoroberfläche aus dem Metall Ruthenium. Dabei konnten sie detailliert verfolgen, wie die Kohlenmonoxid-Moleküle sich von der Ruthenium-Oberfläche lösen.

„Das Molekül fliegt nicht einfach davon. Es verharrt einen Moment in einem schwach gebundenen Übergangszustand über der Oberfläche, in dem es immer noch mit ihr wechselwirken kann“, berichtet Erstautorin Dell´Angela, Wissenschaftlerin an der Universität Hamburg. „Das ist beispielsweise wichtig um zu verstehen, wie neue Moleküle einen Platz auf einer bereits fast voll besetzten Katalysatoroberfläche finden können.“

„Dieser kurzlebige Übergangszustand war bereits vor mehr als einem halben Jahrhundert postuliert worden. Zum ersten Mal ließ er sich jetzt tatsächlich beobachten“, erläutert Co-Autor Wurth, Sprecher der Advanced Study Group der Universität Hamburg am CFEL. „Wir haben überhaupt nicht erwartet, diesen Zustand zu sehen. Das war eine Überraschung“, ergänzt Co-Autor Anders Nilsson, Vizedirektor des Zentrums für Grenzflächenforschung und Katalyse von SLAC und der Universität Stanford. Die Forscherinnen und Forscher stellten unter anderem fest, dass überraschend viele Moleküle für unerwartet lange Zeit in diesem Zustand verharren.

An der aktuellen Studie waren neben Forschern von SLAC und dem CFEL Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Berlin, der Universitäten Potsdam, Stanford und Stockholm, der Dänischen Technischen Universität und des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft beteiligt.

Möglichkeit zur Erforschung komplexerer Reaktionen

Wurth zufolge ist die Beobachtung der Kohlenmonoxid-Desorption an Ruthenium ein wichtiger erster Schritt in die Erkundung der ultraschnellen Dynamik von Oberflächenreaktionen – auch, wenn bis zur Verfolgung einer vollständigen katalytischen Reaktion auf einem großtechnisch verwendeten Katalysator mit einem Röntgenlaser noch experimentelle Entwicklungsarbeit nötig ist.

„Wir haben mit dieser Untersuchung gezeigt, dass die Beobachtung dieser Prozesse mit Röntgenlasern möglich ist“, betont Wurth, „das eröffnet auch die Möglichkeit, wesentlich komplexere Reaktionen zu untersuchen.“ Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass solche Untersuchungen zahlreiche Überraschungen zutage fördern. „Eine Reaktion wie diese in Echtzeit zu beobachten, ist der Traum eines Chemikers“, betont Nilsson, „es ist wirklich ein Sprung ins Unbekannte.“
PM/Red.
 
 
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