UHH Newsletter

April 2013, Nr. 49

FOR­SCHUNG

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Sche­ma­ti­sche Dar­stel­lung der Gift­stoff­zy­klie­rung in den ver­schie­de­nen Kom­par­ti­men­ten des Erd­sys­tem­mo­dells (Ozean, At­mo­sphä­re, Ve­ge­ta­ti­on, Böden, Schnee und Eis). Schwar­ze Pfei­le kenn­zeich­nen Aus­tausch­pro­zes­se, rote Pfei­le Ab­bau­pro­zes­se.Gra­fik: UHH/Stemm­ler



Kon­takt

Dr. Irene Stemm­ler
Uni­ver­si­tät Ham­burg
In­sti­tut für Hy­dro­bio­lo­gie and Fi­sche­rei­wis­sen­schaft
t. 040.41173-​380
e. irene.​stemmler@​zmaw.​de

Prof. Dr. Ger­hard Lam­mel
Max-​Planck-​In­sti­tut für Che­mie, Mainz
t. 06131.305-​4055
e. g.​lammel@​mpic.​de

Mo­dell­stu­die zeigt: Auch nach Jahr­zehn­ten brin­gen Strö­mun­gen Gift­stof­fe in neue Mee­res­ge­bie­te

Schad­stof­fe wie DDT und PCBs wur­den schon in den 1970er Jah­ren auf­grund ihrer ge­sund­heits­schäd­li­chen Wir­kung weit­ge­hend ver­bo­ten. Seit­dem sin­ken in der At­mo­sphä­re und im Boden die Kon­zen­tra­tio­nen der Che­mi­ka­li­en – je­doch nicht über­all in den Mee­ren. Eine Mo­dell­stu­die von Dr. Irene Stemm­ler vom In­sti­tut für Hy­dro­bio­lo­gie und Fi­sche­rei­wis­sen­schaft der Uni­ver­si­tät Ham­burg und Prof. Dr. Ger­hard Lam­mel vom Max-​Planck-​In­sti­tut für Che­mie in Mainz zeigt nun: Die in den Tie­fen des Oze­ans ge­spei­cher­ten Gift­stof­fe wur­den durch Strö­mun­gen in Ge­bie­te des west­li­chen und öst­li­chen Nord­at­lan­tiks trans­por­tiert und führ­ten dort zu einer er­neu­ten Gift­stoff­be­las­tung.
Dr. Irene Stemm­ler und Prof. Dr. Ger­hard Lam­mel be­trach­te­ten bei ihrer Un­ter­su­chung die Emis­si­on der Gift­stof­fe von 1950 bis 2010 und er­rech­ne­ten die Ver­tei­lung der Gift­stof­fe in den mitt­le­ren und gro­ßen Tie­fen des Mee­res. Bis­he­ri­ge Stu­di­en hat­ten die ozea­ni­schen Zir­ku­la­ti­ons­we­ge so­wohl bei ihren Pro­gno­sen zur Ver­tei­lung der che­mi­schen Alt­las­ten als auch als mög­li­che Quel­le für deren Wie­der­kehr ver­nach­läs­sigt.

Hohe Gift­kon­zen­tra­tio­nen auch nach Ver­bot

Frü­her wur­den die Gift­stof­fe als In­sek­ti­zi­de, in elek­tri­schen Kon­den­sa­to­ren oder als Weich­ma­cher in La­cken und Dich­tungs­mas­sen ein­ge­setzt. Die Er­geb­nis­se der For­schung zei­gen, dass es in ei­ni­gen Mee­res­ge­bie­ten bis dato Hoch­pha­sen der Gift­stoff­be­las­tung gab, die deut­lich nach dem Ver­bot der Gift­stof­fe auf­tra­ten. Die Ver­mu­tung der For­sche­rin­nen und For­scher: Die erste Spit­ze ver­ur­sach­ten Par­ti­kel, die zuvor an der Mee­res­ober­flä­che Gift­stof­fe aus der At­mo­sphä­re auf­ge­nom­men hat­ten und an­schlie­ßend in die Tiefe ab­san­ken. Tie­fen­strö­mun­gen tru­gen diese dann in an­de­re Mee­res­re­gio­nen, was zu einem er­neu­ten An­stieg der Kon­zen­tra­tio­nen führ­te.

Stoff­zir­ku­la­ti­on mit Erd­sys­tem­mo­dell un­ter­sucht

Für ihre For­schung nutz­ten die Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler ein Erd­sys­tem­mo­dell, das Stoff­zir­ku­la­ti­on in Ozean, At­mo­sphä­re, Böden, Ve­ge­ta­ti­on und Eis be­rück­sich­tigt. Sie fo­kus­sier­ten sich auf po­lychlo­rier­te Bi­phe­ny­le (PCB28, PCB101, PCB153 und PCB180) und Dichlor­di­phe­nyl­tri­chlo­rethan (DDT) – Sub­stan­zen, die als Teil des „dre­cki­gen Dut­zend“ der Che­mi­ka­li­en 2004 durch die Stock­hol­mer Kon­ven­ti­on weit­ge­hend ver­bo­ten wur­den. Durch ihre ge­rin­ge Was­ser-​ aber gute Fett­lö­s­lich­keit la­gern sich die Gift­stof­fe im Fett­ge­we­be von Wild­tie­ren und Men­schen an.

Auch in Zu­kunft Nach­wir­kun­gen mög­lich
Und auch für die Zu­kunft kön­nen sol­che An­stie­ge der Schad­stoff­be­las­tung nicht aus­ge­schlos­sen wer­den. „Wei­te­re zeit­ver­setz­te Ver­schmut­zungs­wel­len im Nord­at­lan­tik und in an­de­ren Mee­res­re­gio­nen sind zu er­war­ten“, er­klärt Stemm­ler. Die Ab­bau­pro­zes­se der Gifte seien eben ex­trem lang­sam und müss­ten erst grei­fen.

Bis dahin sind Vor­sicht und Kon­trol­len von Le­bens­mit­teln ge­bo­ten, denn durch die Tief­see­fi­sche­rei ge­lan­gen Fi­sche in den mensch­li­chen Er­näh­rungs­kreis­lauf, die in höher be­las­te­ten Mee­res­re­gio­nen ge­fan­gen wur­den. „Lange Zeit herrsch­te die Mei­nung, dass das, was in die Tie­fen der Ozea­ne ab­ge­sun­ken ist, für den Mensch nicht mehr von Be­deu­tung sei. Wie un­se­re Stu­die zeigt, ist das zu kurz ge­dacht“, be­tont Irene Stemm­ler.

Teil eines EU-​Pro­jekts

Die Er­geb­nis­se der Stu­die haben die Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler in der Fach­zeit­schrift „Geo­phy­si­cal Re­se­arch Let­ters“ (Vol. 40, Aus­ga­be März 2013) ver­öf­f­ent­licht. Die Stu­die ist Teil des EU-​Pro­jekts „Ar­cRisk“, das sich mit den durch den Kli­ma­wan­del ver­ur­sach­ten Ge­sund­heits­ri­si­ken von Um­welt­che­mi­ka­li­en in der Ark­tis und in Eu­ro­pa be­fasst.
PM/Red.
 



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Dr. Irene Stemm­ler
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t. 06131.305-​4055
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