Qualität im Journalismus und das Gespür für PR
Besteht für Journalismus die Gefahr, von Public Relations (PR) unterwandert zu werden? Warum übernehmen Journalisten PR-Angebote teils ungeprüft? Diese und weitere Fragen thematisierte die Fachkonferenz „PR und Journalismus – zwischen Kooperation und Konfrontation“. Sie wurde von der Rudolf-Augstein-Stiftungsprofessur für Praxis des Qualitätsjournalismus gemeinsam mit „netzwerk recherche e.V.“ veranstaltet.
Redaktionen bekommen täglich eine Fülle von PR-Material geliefert. Eine kritische Prüfung der Informationen und weitere Recherchen bilden dann die Grundlage für die Qualität des journalistischen Produkts. Doch im Zuge der Medienkrise ist die Arbeitsbelastung der Redakteurinnen und Redakteure gestiegen. Der verstärkte Zeitdruck führt teilweise zur ungeprüften Übernahme der Gratis-Beiträge für Radiosender und Artikel, die wie unabhängiger Journalismus wirken, aber von PR-Profis verfasst wurden. „Mitunter geht PR auch versteckt vor, und es finden Grenzüberschreitungen statt“, erklärt Professor Volker Lilienthal, Inhaber der Rudolf-Augstein-Stiftungsprofessur an der Universität Hamburg. „Deshalb müssen Journalisten sich mit ihrer Rolle kritisch auseinandersetzen und gegen Fehlentwicklungen angehen, die Manipulation von Medieninhalten zulassen“, so Lilienthal bei der Begrüßung zur Fachkonferenz.
PR-Methoden der Big Player
In mehr als 40 Vorträgen wurde am 11. und 12. Februar das Verhältnis von PR und Journalismus ausgelotet. Dabei war das Ziel, Journalistinnen und Journalisten hilfreiches Wissen über PR-Methoden zu vermitteln. Anne Landman vom Centre for Media and Democracy (CMD), einer amerikanischen NGO (Non-Governmental Organization), klärte in einem Workshop über PR-Strategien einiger amerikanischer Großunternehmen auf. Beispielsweise nutzten Unternehmen das öffentliche Vertrauen in Bürgerinitiativen aus: Eine Initiative gegen die Besteuerung von Limonade gab an, aus kritischen Bürgern und Familien zu bestehen und informierte Medienvertreter über ihr Anliegen. CMD entlarvte die Gruppe als von der Getränkeindustrie bezahlt.
Überholter Berufsethos?
Zur Vermischung von Journalismus und PR kommt es auch durch die Tatsache, dass viele Akteure in beiden Berufsfeldern tätig sind. Die Debatten „Geld, Macht, Frust? Warum Journalisten in die PR wechseln“ und „Wessen Stimme bin ich? Freie Journalisten zwischen Journalismus und PR“ zeigten das Spannungsfeld auf. Es gibt viele Grenzgänger, auch wenn es im Medienkodex von „netzwerk recherche e.V.“ heißt: „Ein Journalist macht keine PR“. Professor Lilienthal hält dieses Ethos trotzdem für zeitgemäß: „Wir sollten die Trennung von Journalismus und PR nicht leichtfertig aufweichen, nur weil die Marktlage so ist, wie sie ist. Journalismus hat der Öffentlichkeit gegenüber den Auftrag, unabhängig zu informieren.“
Junge Wissenschaft kommt zu Wort
Ein weiterer Teil der Konferenz war die Vortragsreihe „Junge Wissenschaft“. Studierende des Masterstudiengangs Journalistik und Kommunikationswissenschaft stellten die Studie „Corporate Publishing in Deutschland“ vor. Sie nahmen Kundenmedien wie das Kundenmagazin „mobil“ der Deutschen Bahn unter die Lupe. Resultat: Umfang und Themen von Kunden- und Publikumsmagazinen sind durchaus vergleichbar. Jedoch zeigen sich in Meinungs- und Quellenvielfalt, Kritik- und Werbeanteilen große Unterschiede. Auf die Frage, warum sie nicht nur für Publikums-, sondern auch für Kundenmagazine schrieben, antworteten die meisten Redakteure, dass wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend seien.
A. Bärthel