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Dezember 2015, Nr. 80

INTERVIEW



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Prof. Dr. Michael Köhl
Professor für Weltforstwirtschaft
Zentrum Holzwirtschaft

t. 040.7396-2100
e. michael.koehl"AT"uni-hamburg.de

Prof. Dr. Michael Köhl (links) begleitete die Exkursion in den Iran. Foto: UHH/Zentrum Holzwirtschaft

Prof. Dr. Michael Köhl (links) begleitete die Exkursion in den Iran. Foto: UHH/Zentrum Holzwirtschaft

An der Reise nahmen 24 Studierende teil. Foto: UHH/Zentrum Holzwirtschaft

An der Reise nahmen 24 Studierende teil. Foto: UHH/Zentrum Holzwirtschaft

Der Iran ist sehr groß und hat eine Vielzahl von Landschaften zu bieten. Foto: UHH/Zentrum Holzwirtschaft

Der Iran ist sehr groß und hat eine Vielzahl von Landschaften zu bieten. Foto: UHH/Zentrum Holzwirtschaft

Besonders spannend für die Holzwissenschaft: Die riesigen, unbewirtschafteten Wälder. Foto: UHH/Zentrum Holzwirtschaft

Besonders spannend für die Holzwissenschaft: Die riesigen, unbewirtschafteten Wälder. Foto: UHH/Zentrum Holzwirtschaft

Die Studierenden fuhren verschiedene Stationen an und lernten dabei auch Land und Leute kennen. Foto: UHH/Zentrum Holzwirtschaft

Die Studierenden fuhren verschiedene Stationen an und lernten dabei auch Land und Leute kennen. Foto: UHH/Zentrum Holzwirtschaft

Fremde Bäume und Bräuche: Studierende der Holzwirtschaft auf Exkursion im Iran

Vom 5. bis 19. September waren 24 Studierende der Holzwirtschaft auf Exkursion im Iran. Prof. Dr. Michael Köhl, Professor für Weltforstwirtschaft, hat die Gruppe gemeinsam mit Prof. Dr. Elisabeth Magel begleitet und erzählt im Interview, was die Hamburgerinnen und Hamburger in der islamischen Republik erlebt haben.

Warum ist der Iran so ein wichtiges Land für Holzwissenschaftler?

Im Iran gibt es eine besonders große Vielfalt an holzverarbeitenden Betrieben. Die technische Ausstattung dieser Betriebe reicht von sehr einfachen Maschinen bis zu hochmodernen Werken. Wir konnten den Studierenden quasi eine Zeitreise durch die Holzverarbeitung bieten.

Beim Iran denken viele zunächst an Wüsten. Zu Recht – oder wie muss man sich die „typisch iranische Landschaft“ vorstellen?

Der Iran ist etwa fünfmal größer als Deutschland. Die „typische“ und sehr beeindruckende iranische Landschaft sind in der Tat die Wüsten. Es gibt im Iran aber auch ausgedehnte Waldgebiete. So erstreckt sich zum Beispiel am kaspischen Meer ein Waldstreifen von etwa 180 Kilometern Länge. Ein Großteil dieser Waldflächen wird zudem nicht bewirtschaftet. So konnten wir unseren Studierenden zeigen, wie ein Naturwald ohne menschlichen Einfluss aussieht.

Wie ist der Kontakt zustande gekommen?

Vor etwa anderthalb Jahren haben wir uns über die nächste große Exkursion der Bachelor- und Masterstudiengänge Holzwirtschaft unterhalten, die ich zusammen mit Prof. Elisabeth Magel organisieren sollte. Unsere Postdoktorandin Dr. Neda Lotfiomran, die aus dem Iran stammt, hat spontan angeboten, uns bei der Organisation einer Exkursion in den Iran zu unterstützen. Durch ihre sehr guten Kontakte war es möglich, ein vielfältiges und interessantes Programm für unsere Studierenden anzubieten. Ohne sie hätte diese Exkursion nicht stattfinden können.

Ging es bei der Reise um einen allgemeinen Austausch oder haben Sie vor Ort auch konkret geforscht?

Bei der Reise ging es vor allem um einen allgemeinen Austausch. Das Zentrum Holzwirtschaft hatte bis in die 1980er Jahre intensive Kontakte mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Iran. Die Verbindungen sind nach der Revolution etwas abgekühlt, aber jetzt öffnet sich der Iran wieder, und wir wollten diese Chance nutzen, um an alte Kontakte anzuknüpfen und neue Kooperationen in Forschung und Lehre aufzubauen.

Sie waren unter anderem im Naturschutzgebiet Arasbaran (Nordwest-Iran), das sich durch eine große Artenvielfalt auszeichnet. Was ist dort für die Holzwissenschaft besonders interessant?

Vor der Eiszeit waren Europa und Vorderasien mit den gleichen Waldformationen bedeckt. Viele Baumarten, die durch die Eiszeit aus Europa verschwunden sind, finden sich immer noch in den Wäldern am kaspischen Meer. Und viele von ihnen sind an die zukünftig zu erwartenden Klimaänderungen besser angepasst als unsere heimischen Baumarten.

Vom Auswärtigen Amt wird allen deutschen Reisenden empfohlen, sich bei einer Reise in den Iran in eine Krisenvorsorgeliste aufnehmen zu lassen, damit die Botschaft in „Krisen- und sonstigen Ausnahmesituationen“ schnell Verbindung aufnehmen kann. Wie beeinflussen solche politischen Situationen den wissenschaftlichen Austausch?

Natürlich haben wir uns in die Krisenvorsorgeliste eingetragen – das machen wir übrigens bei jeder Exkursion ins außereuropäische Ausland. Wir haben uns aber auch durch lokale Kontakte sowie direkt bei der deutschen Botschaft und dem Teheran-Büro des Deutschen Akademischen Austauschdienstes über die aktuelle Lage informiert. Kritische Gebiete wie zum Beispiel die Grenzregion zu Afghanistan haben wir natürlich nicht besucht. Während unserer Reise gab es dann keinerlei Probleme. Wir haben uns – gerade auch in Teheran – absolut sicher gefühlt und frei bewegen können.

Im Exkursionsbericht erzählen Studierende sehr ehrlich, dass sie sich an die kulturellen Unterschiede, wie zum Beispiel die Geschlechtertrennung, erst gewöhnen mussten. Haben Sie das vorher oder während der Reise bewusst thematisiert?

Wir haben dieses Problem vor der Reise thematisiert – insbesondere was den Umgang der beiden Geschlechter angeht. Jeder Mitreisende war sich bewusst, dass im Iran andere Moralvorstellungen gelten und Verstöße gegen diese Regeln zum Teil sehr hart geahndet werden. Im Iran haben dann alle Studentinnen ein Kopftuch getragen – nach den ersten zwei Tagen wurde das aber zur Selbstverständlichkeit.

Neben den Fachthemen hatten Sie sicher auch Gelegenheit, Land und Leute kennenzulernen. Was hat Sie am meisten beeindruckt?

Beeindruckend war die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Iranerinnen und Iraner, die uns überall begegnet ist. Wir wurden praktisch dauernd angesprochen, gefragt, wo wir herkommen, und in Gespräche verwickelt. Sicher behält jeder der Mitreisenden die Iraner als sympathische, höfliche und interessierte Menschen in Erinnerung. Zudem haben wir bei jeder sich bietenden Gelegenheit auch historische Städte und Kulturdenkmäler besucht – und davon gibt es im Iran sehr viele. Wir haben alle ein besseres Verständnis vom Islam und von der persischen Kultur mitnehmen können. Viele der Studierenden sagten, sie hätten ihre Vorurteile gegenüber dem Iran und den Menschen dort völlig revidieren müssen. Und ich glaube, dass es für einige nicht die letzte Reise in den Iran war.

Ist ein Gegenbesuch aus dem Iran geplant?

Wir konnten auf unserer Reise viele neue Kontakte knüpfen. Das Interesse an einem Gegenbesuch, aber auch an einer längerfristigen Zusammenarbeit ist sehr groß. Wir suchen im Moment aktiv nach Finanzierungsmöglichkeiten und hoffen auf den Gegenbesuch einer Studierendengruppe aus dem Iran im kommenden Jahr.

Die Fragen stellte Anna Priebe.
 
 
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