UHH Newsletter

April 2017, Nr. 95

FOR­SCHUNG

Exemplare der Nacktschnecken-Art „Bierschnegel“ wurden erstmals wieder in Hamburg nachgewiesen. Foto: UHH/Neiber

Ex­em­pla­re der Nackt­schne­cken-​Art „Bier­sch­ne­gel“ wur­den erst­mals wie­der in Ham­burg nach­ge­wie­sen. Foto: UHH/Nei­ber

Nackt­schne­cken-​Art „Bier­sch­ne­gel“ nach 80 Jah­ren in Ham­burg wie­der­ent­deckt – auf der Ree­per­bahn

Eine Nackt­schne­cke, auf der Ree­per­bahn, nachts um halb eins: Seit 80 Jah­ren wurde kein Ex­em­plar des Bier­sch­ne­gels im Ham­bur­ger Stadt­ge­biet mehr nach­ge­wie­sen. Nun wur­den erst­mals wie­der Tiere ge­sich­tet – in St. Pauli und im Grin­del­vier­tel. Dr. Marco T. Nei­ber, Zoo­lo­ge und Schne­cken­for­scher am Cen­trum für Na­tur­kun­de (CeNak) der Uni­ver­si­tät Ham­burg, be­rich­tet über den Nach­weis des Bier­sch­ne­gels in der Fach­zeit­schrift „Mit­tei­lun­gen der deut­schen ma­la­ko­zoo­lo­gi­schen Ge­sell­schaft“.

Der erste Neun­ach­weis für Ham­burg ge­lang im Som­mer 2015 auf dem Hof­ge­län­de eines Hos­tels auf der Ree­per­bahn, ein wei­te­rer Nach­weis 2016 in un­mit­tel­ba­rer Nähe des Zoo­lo­gi­schen Mu­se­ums am Mar­tin-​Lu­ther-​King-​Platz. Neben Ber­lin, wo die Art 2015 ge­fun­den wurde, sind die Nach­wei­se aus Ham­burg die ein­zi­gen Funde des Bier­sch­ne­gels in einer deut­schen Groß­stadt.

Letz­te Sich­tung im Jahr 1935

Frü­her kam der Bier­sch­ne­gel, der in der ak­tu­ells­ten Ver­si­on der Roten Liste der Land­schne­cken Ham­burgs als aus­ge­stor­ben bzw. ver­schol­len an­ge­ge­ben wird, im Stadt­zen­trum Ham­burgs häu­fig vor, be­son­ders in feuch­ten Kel­lern. So wurde die Art im 19. und 20. Jahr­hun­dert am Rö­dings­markt sowie im ehe­ma­li­gen Ge­bäu­de der Ober­dörf­fer Apo­the­ke am Gro­ßen Bur­stah ge­fun­den. Der letz­te Nach­weis für Ham­burg stammt aus der Zeit um 1935, aus dem Stadt­teil Oth­mar­schen. Be­le­ge hier­zu wer­den in der wis­sen­schaft­li­chen Samm­lung des CeNak auf­be­wahrt.

Der Bier­sch­ne­gel (Li­ma­cus fla­vus) wird etwa zehn Zen­ti­me­ter lang und ist durch sein cha­rak­te­ris­ti­sches Fle­cken­mus­ter, die gelb­grün­li­che Fär­bung und durch blau­grau ge­färb­te Füh­ler von an­de­ren gro­ßen hei­mi­schen Nackt­schne­cken gut zu un­ter­schei­den. Die Art be­vor­zugt feuch­te, dunk­le Le­bens­räu­me wie Kel­ler und La­ger­räu­me, alte Bruch­stein­mau­ern, Park- und Gar­ten­an­la­gen sowie Gul­lys und Ab­was­ser­ka­nä­le.

Der deut­sche Name Bier­sch­ne­gel geht auf das frü­her häu­fi­ge Vor­kom­men der Art in Braue­rei­kel­lern zu­rück, wo sie sich von Vor­rä­ten und Ab­fäl­len der Bier­pro­duk­ti­on er­nähr­te und als Vor­rats­schäd­ling galt. Im Zuge von Ge­bäu­de­sa­nie­run­gen und der Zer­stö­rung ge­eig­ne­ter Le­bens­räu­me ist der Bier­sch­ne­gel in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten vie­ler­orts sel­ten ge­wor­den.

Bier­sch­ne­gel als „Ge­win­ner des Kli­ma­wan­dels“?

„Hinzu kommt das Pro­blem der Er­fas­sung, denn der Bier­sch­ne­gel lebt sehr ver­steckt und kommt kaum vor 22 Uhr aus sei­nen Ver­ste­cken“, er­klärt Nei­ber, Post­dok­to­rand in der Ab­tei­lung „Bio­di­ver­si­tät der Tiere“, die Her­aus­for­de­run­gen der For­schung.

Aus sei­ner Sicht könn­te sich die frost­emp­find­li­che Art als „Ge­win­ner des Kli­ma­wan­dels“ her­aus­stel­len, da güns­ti­ge­re Be­din­gun­gen wie mil­de­re Win­ter zu ge­rin­ge­ren kli­ma­be­ding­ten Ver­lus­ten in­ner­halb einer Po­pu­la­ti­on füh­ren wür­den. „Nichts­des­to­trotz soll­te die Art für Deutsch­land als Gan­zes als stark ge­fähr­det ein­ge­stuft blei­ben, da ge­eig­ne­te Ha­bi­ta­te in Sied­lungs­räu­men durch Sa­nie­run­gen sel­te­ner wer­den.“

Link zur Stu­die: Nei­ber, M. T. (2017) ,Auf der Ree­per­bahn nachts um halb eins’ — Wie­der­fund des Bier­sch­ne­gels in Ham­burg nach 80 Jah­ren. Mit­tei­lun­gen der deut­schen ma­la­ko­zoo­lo­gi­schen Ge­sell­schaft 96: 1–6.

PM/Red.
 


Kon­takt:

Dr. Marco T. Nei­ber
Cen­trum für Na­tur­kun­de (CeNak)

t. 040.42838-​5644
e. mar­co-​tho­mas.nei­ber"AT"uni-​ham­burg.de

Ak­tu­el­le The­men

Down­load

RSS-​Feed

 
Home | Impressum | Datenschutz | Kontakt