Lucas Nesso

Viele Insekten, insbesondere aber Wildbienen, sind zum Überleben auf ein reiches Blütenangebot angewiesen, ob als Nahrungsquelle oder als Möglichkeit zum Unterschlupf. Zur Unterstützung der Artenvielfalt sollte daher vom Frühjahr bis Spätherbst möglichst viel Blüte vorhanden sein, um eine kurzfristige Nahrungsnot bei Bienen, Hummeln und anderen Insekten zu vermeiden. Dabei gilt: Je vielfältiger das Nahrungsangebot, desto mehr Bienenarten profitieren. Denn etwa ein Drittel aller nestbauenden Wildbienen Deutschlands haben ihre Vorlieben und sammeln nur Pollen an Blüten einer ganz bestimmten Pflanzenfamilie, Gattung oder sogar Art. Mit einer gezielten Auswahl von geeigneten Futterpflanzen können auch spezialisierte (oligolektische) Wildbienenarten gefördert werden. Unsere wilde Wiese am Von-Melle-Park Campus beinhaltet sechs verschiedene heimische Wildstaudenarten, 18 Wildblumenarten und Geophyten (Pflanzen, deren Überlebensorgane unter der Erdoberfläche liegen, etwa in Form von Knollen, Zwiebeln oder Rhizomen). Letztere werden als Frühblüher eingepflanzt, sodass die Blütezeit über den Großteil des Jahres hindurch abgedeckt wird.

Die Wildstauden strukturieren die Wiese und bieten Wildbienen, Schmetterlinge, Raupen und Fliegen eine wichtige Nahrungsquelle. Dabei ist die Gewöhnliche Wiesenschafgarbe (Achillea millefolium) die Spitzenreiterin für Wildbienen: Sie bietet 82 Wildbienenarten eine Pollenquelle für ihre Brut, inklusive 13 spezialisierten Arten wie der Buckel-Seidenbiene. Die Wiesen-Margarite (Leucanthemum vulgare) liegt kurz dahinter mit 79 Wildbienenarten, von denen 12 spezialisiert sind. Dagegen ist das Echte Labkraut (Galium verum) vor allem für Schmetterlinge wichtig, denn es wird als Raupenfutter für 78 Raupenarten genutzt – darunter nicht nur 25 spezialisierte Arten, sondern auch vom Aussterben bedrohte Arten wie der Fleckenbär (Chelis maculosa).

Die Wildblumen stammen aus einem Regiosaatgut, sodass die Vermischung des Genpools mit standortfremden Pflanzen vermieden werden kann und heimische Arten weiter gefördert werden. Wir nutzen eine Saatmischung mit 18 verschiedenen heimischen Arten. Davon sind mehr als 50 % gefährdet und 42% stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Zudem sind mehr als 90% der Wildblumen auf den Schutz der Wildbienen fokussiert – denn sie sind eine Nahrungsquelle für jeweils mindestens 10 Wildbienenarten. Zusätzlich werden – wie auch bei den Staudenpflanzen –Schmetterlingsarten, Raupenarten, Schwebefliegen und Käfer unterstützt. Die ‚Superblume‘ der Blühwiese ist die Kornblume (Centaurea cyanus), denn sie ist eine wichtige Pflanze für 89 Bienenarten, 30 Schmetterlingsarten, 15 Raupenarten, 18 Fliegenarten und 5 Käferarten.

Nicht nur im Garten, auch in unseren heimischen Wäldern sind Insekten, Pilze, aber auch viele weitere Tiere auf Totholz angewiesen. Geschichtetes Totholz ist Mikrohabitat zahlreicher Vögel, Säugetiere, Insekten, Amphibien, Reptilien und Spinnen. Laut NABU leben 1350 der 6000 in Deutschland heimischen Käferarten in Holz. Viele von ihnen benötigen für ihre Entwicklung zerfallenes Material, das schon zu Teilen zersetzt wurde. An der Zersetzung und Wiederverwertung eines Holzstammes sind ca. 1500 Großpilzarten und 1300 Käferarten beteiligt.

Sie profitieren dabei auch gegenseitig voneinander. Fliegen- und Mückenlarven wiederum leben von Pilzen und Bakterien. Bei den Verrottungsprozessen der Stämme und Äste entsteht Mulm, welcher schon eine fast erdähnliche Substanz aufweist. Er lagert sich in Hohlräumen an und schafft neuen Lebensraum, hier wachsen je nach Standort wieder Moose, Flechten, Pilze, Mikroorganismen und Samenwildkräuter – wiederum Nahrung für Tiere.

Totholz kann als Stapel oder als Benjeshecke aufgebaut werden. Totholzstapel nutzen größere Totholstücke mit breiterem Umfang gemeinsam mit kleineren Ästen, während Benjeshecken strukturierte Schichtungen aus dünnem Totholz sind, die daraus eine Hecke oder Begrenzung bilden. Beide sind eine wichtige Nahrungsquelle und Brutplatz für Vögel (z.B. Zaunkönig, Heckenbraunelle, Rotkehlchen), viele Insekten, Reptilien (z. B. Blindschleiche, Ringelnatter), Amphibien (z. B. Erdkröte) und Kleinsäuger (z. B. Igel, Echte Mäuse, Spitzmäuse). Hummeln nutzen in den Hecken zuweilen verlassene Mäusebauten für die eigene Brut.

UHH/Esfandiari

Vögel eignen sich als Indiz für biologische Vielfalt, da sie – vor allem im urbanen Raum – zu den sichtbarsten Elementen der belebten Natur zählen. Zudem ist ihr Gesang häufig selbst dann zu hören, wenn der eigentliche Vogel nicht zu sehen ist. Doch die Anzahl an Vögeln und Vogelarten geht in Hamburg, wie in allen Städten, stark zurück. Etwa 20% der in Hamburg brütenden Vogelarten müssen als gefährdet eingestuft werden. Laut BUND sind bei einigen Arten die Bestände seit 2007 um mehr als 90 % zurückgegangen. Beutelmeise, Rebhuhn, Sandregenpfeifer u.a. stehen sogar kurz vor dem Verschwinden. Einige ehemals häufig auftretenden Arten wie Trauerschnäpper, Kiebitz und Fitislaubsänger zeigen besonders starke Bestandsverluste (über 50%). Für die Unterstützung der heimischen Vogelarten sind zwei Dinge besonders wichtig: die gegenwärtigen Nahrungsquellen und die Anwesenheit von Unterschlüpfen und Nistplätzen. Als Nahrungsquelle sind viele Insekten wichtig, die ihrerseits durch Blühwiesen gefördert werden. So kann mit einer Blühwiese das ganze Ökosystem gestärkt werden.

Bei den Nistplätzen wird zwischen Höhlenbrütern und Halbhöhlenbrütern unterschieden. Halbhöhlenbrüter nutzen normalerweise Nischen und Spalten als natürliche Brutstätten. Diese werden jedoch in der Stadt immer geringer. Durch Halbhöhlen-Nistkästen können Arten wie die Bachstelze, Grauschnäpper, Hausrotschwanz, Rotkelchen und Zaunkönig geschützt werden. Andere Vogelarten brüten dagegen in weitgehend geschlossenen Nisthöhlen. Zu ihnen gehört zum Beispiel der Haussperling (oder auch Spatz), welcher noch vor 50 Jahren der häufigste Brutvogel Hamburgs war. Jedoch nehmen auch für Höhlenbrüter durch die Sanierung alter Gebäude und den Neubau von Wohnhäusern die natürlichen Niststätten ab. Als erste deutsche Großstadt hat Hamburg nun den Haussperling als gefährdet eingestuft. Vogelhäuser oder Nistkästen mit einem Einflugloch zwischen 32 mm und 34 mm ist für Haussperlinge sowie für Feldsperlinge, Kohlmeisen, Trauerschnäpper und Kleiber passend.

Trockenmauern sind eine traditionelle Art, Mauern ohne Mörtel zu bauen, welche immer seltener errichtet werden. Dadurch entstehen Zwischenräume und Ritzen, die als wichtige Lebensräume für Pflanzen und Tiere dienen. Denn wie der NABU erklärt, wärmen sich die Steine in der Sonne auf und schaffen in ihren Zwischenräumen ein warmes, trockenes Klima, das besonders von Reptilien wie Eidechsen, Blindschleichen oder Kreuzottern favorisiert wird. Aber auch Insekten wie Hummeln, Laufkäfern und Mauerbienen bieten die Steinhaufen Unterschlupf. Zudem suchen bedrohte heimische Vogelarten wie Heckenbraunelle, Rotkehlchen oder Zaunkönig in Trockenmauern ihre Nahrung.

Auch Pflanzen finden in Trockenmauern einen Lebensraum. Es wird dabei zwischen der Sonnenseite, der Schattenseite und der Mauerkrone unterschieden, die jeweils ein unterschiedliches Mikroklima besitzen. Dort können Pflanzen wie Hungerblümchen, Geröll-Nelke, Mauerraute, Mauerpfeffer sowie Kräuter und Farne gesetzt werden.

Das Wurzelwerk ist ein studentisch geführter Gemeinschaftsgarten. Er wurde von Studierenden auf dem Von-Melle-Park Campus gegründet und wurde seitdem erweitert und hat auch die Unterstützung des Sustainability Offices erhalten. Dadurch wurde die Freiwilligengruppe zu einer offiziellen AG der Uni Hamburg.  Der Gemeinschaftsgarten beinhaltet nicht nur mehrere biodiversitätsfördende Maßnahmen, sondern agiert auch als sozialer Treffpunkt für Umweltbildung. Somit verbindet dieses Projekt den Footprint, Handprint und Heartprint der Biodiversität.

Innerhalb des Naturgartens gibt es mehrere Beete und eine Kräuterspirale. Diese werden von freiwilligen Studierenden gepflegt und wurden auch im Rahmen des Seminars ‚Urban Gardening‘ für die Lehre genutzt. Alle interessierten sind eingeladen, das Wurzelwerk aktiv mitzugestalten und praktische Erfahrungen beim Gärtnern zu sammeln. Das Gärtnern schafft einen Rahmen fürs Selbermachen, für Begegnung sowie Gemeinschaft. Zudem sind eine Benjeshecke, eine Trockenmauer mit Begrünung, ein Blühstreifen, ein Insektenhotel und ein Komposthaufen in die Fläche integriert. Mit einem Schuppen für Werkzeug, einem Materiallager, und Tischen und Bänken ist das Wurzelwerk der perfekte Ort für Workshops, Unterhaltungen über Biodiversität und Nachhaltigkeit, und eine entspannte Zeit beim Gärtnern.

Nun wird auf dem Campus Bahrenfeld ein zweiter Gemeinschaftsgarten erschaffen. Dieser soll die gleichen Maßnahmen aufwiesen und zudem durch ein Sandarium ergänzt werden, um bodennistende Wildbienen zu unterstützen.

Wildstauden sind mehrjährige Pflanzen, die im Frühling wieder austreiben. Sie benötigen dadurch weniger Aufwand als einjährige Wildblumen. Wir haben mehrere Flächen an unseren Standorten, in denen Wildstauden daher integriert oder ausschließlich genutzt wurden. Am Campus Von-Melle-Park gibt es nicht nur die Wilde Wiese um das Audimax Gebäude herum, sondern auch drei weitere Wildstaudenbeete und mehrere Hochbeete. Zwei der Beete sind in der Form von Halbkreisen auf einer Wiese angelegt worden, die auch oft von Studierenden als Aufenthaltsort genutzt wird. Dadurch wird nicht nur den Insekten geholfen, sondern auch der Campus für die soziale Nutzung aufgewertet. Auch im Innenhof des VMP 5 sind Wildstauden zu finden – dort sind sie in der Form von Hochbeeten in mehrere Sitzgelegenheiten integriert.

Die Wildstaudenbeete an den verschiedenen Standorten sind einheitlich gestaltet und nutzen die selbe Artenliste. Dabei ist die Gewöhnliche Wiesenschafgarbe (Achillea millefolium) die Spitzenreiterin für Wildbienen: Sie bietet 82 Wildbienenarten eine Pollenquelle für ihre Brut, inklusive 13 spezialisierten Arten wie der Buckel-Seidenbiene. Die Wiesen-Margarite (Leucanthemum vulgare) liegt kurz dahinter mit 79 Wildbienenarten, von denen 12 spezialisiert sind. Dagegen ist das Echte Labkraut (Galium verum) vor allem für Schmetterlinge wichtig, denn es wird als Raupenfutter für 78 Raupenarten genutzt – darunter nicht nur 25 spezialisierte Arten, sondern auch vom Aussterben bedrohte Arten wie dem Fleckenbär (Chelis maculosa).