Comic-Forschung: Arbeitsstelle für Graphische Literatur
„Graphische Literatur“ bezeichnet die Publikationsform des Comics, die „neunte Kunst“, wie es in Frankreich heißt. Mitarbeiter der Arbeitsstelle für Graphische Literatur (ArGL) an der Universität sammeln, archivieren und erforschen Comics seit gut 20 Jahren. Jetzt bekommen sie Unterstützung von der Roland Faelske-Stiftung.
Um junge Comic-Forschung im deutschsprachigen Raum zu fördern, haben die Arbeitsstelle und die Hamburger Roland Faelske-Stiftung im vergangenen Jahr einen Preis ins Leben gerufen. Von Seiten der Arbeitsstelle waren die Leiterin Professorin Astrid Böger (Institut für Anglistik und Amerikanistik) sowie die Medienwissenschaftler Professor Markus Kuhn und Professor Knut Hickethier beteiligt. Der Roland Faelske-Preis für Comic und Animationsfilm wurde am 21. Januar dieses Jahres erstmals verliehen. Ute Friederich von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn erhielt 1.000 Euro für ihre Arbeit zur Komik in den Comic-Adaptationen der Werke Frank Kafkas. Erwin Feyersinger von der Universität Innsbruck überzeugte mit seiner Dissertation zur Metalepse oder ‚narrativem Kurzschluss’ im Animationsfilm und erhielt dafür 3.000 Euro.
Erst lesen, dann forschen
Die Arbeitsstelle befindet sich im 14. Stock des Philosophenturms auf dem Campus. Geforscht wird u. a. zur Ästhetik des Comics, zur Geschichte der Graphischen Literatur im 20. Jahrhundert und zu einzelnen zeitgenössischen Werken. „Aber Forschung ist nur möglich, wenn zuvor die Lust am Comic geweckt ist“, ist sich Michael Hueners sicher, einer der Mitarbeiter der Arbeitsstelle. Er lädt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studierende nachdrücklich zum Stöbern in die Bibliothek ein.
Comics sind eine Kulturform
Doch sind „Superman“ und „Mickey Mouse“ nicht eher etwas für Kinder? „Damit ist das Kernproblem benannt“, so Hueners. Die irrtümliche Haltung, Comics würden sich nur an Kinder und Jugendliche richten, sei weit verbreitet. „Stattdessen handelt es sich um eine ernstzunehmende Kulturform wie beispielsweise das Filmschaffen.“ Huehners ergänzt, auch die ausschließliche Zuordnung zu klassischen Disziplinen wie Literaturwissenschaft oder Kunstgeschichte falle schwer, denn der Comic sei ein „Hybrid aus Text und Bild“.
Der Anfang: Freie Seminare
Gegründet wurde die Arbeitsstelle 1990 von Prof. Dr. Ole Frahm, Dr. Michael Hein, Jens Nielsen und Jens Balzer. Die vier organisierten während ihrer Studienzeit freie Seminare zum Gegenstand des Comics. „An der Universität fand damals keine Forschung zu diesem Thema statt“, sagt Hueners. Um die nötige Infrastruktur zu schaffen, begannen die Studenten mit dem Aufbau einer „Bédéthek“, einer Bibliothek mit internationaler Primär- und Sekundärliteratur zu Comics. Sie umfasst heute, dank zahlreicher Privat- und Verlagsspenden, mehr als 20.000 Medieneinheiten. „Neben uns gibt es diese Verbindung einer Archivbibliothek mit einer Forschungsstelle zum Comic in Deutschland nur noch in Frankfurt/Main mit dem Institut für Jugendbuch-Forschung“, so Hueners.
Regelmäßige Publikationen
Neben der Archivpflege sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen publizistisch tätig. Artikel erscheinen regelmäßig in der Tagespresse, in Fachmagazinen wie dem „Lexikon der Comics“ und „Reddition“ sowie in der Online-Zeitschrift „Image & Narrative [I & N]“, welche die ArGL mit herausgibt. Die ArGL unterstützt darüberhinaus Seminare an der Universität Hamburg zur Graphischen Literatur und ist deutschlandweit eine Anlaufstelle für wissenschaftliche Arbeiten.
C. Kieke