Seitdem Anfang Mai der neue Senat der Freien und Hansestadt Hamburg seinen Haushaltsplanentwurf vorgestellt hat, der im Wissenschaftsbereich Kürzungen von bis zu 10 Prozent des Budgets vorsieht, hat an den Hamburger Hochschulen eine Aufklärungskampagne begonnen, um den Bürgern und Bürgerinnen der Stadt deutlich zu machen, welche Folgen die neuerlichen Kürzungen im Wissenschaftsbereich auch für die Stadt haben würden. Studierende, Lehrende, Technisches und Verwaltungspersonal, Präsidium, Akademischer Senat, Hochschulrat, Dekanate der Universität Hamburg – alle sind sich einig: Die Hochschulen können keine weiteren Kürzungen mehr verkraften.
Auftakt der hochschulübergreifenden Aufklärungskampagne war die Pressekonferenz der Landeshochschulkonferenz am 11. Mai, auf der sowohl der Präsident der HAW Hamburg und Vorsitzende der LHK, Prof. Dr. Michael Stawicki, sowie der Präsident der Universität Hamburg, Prof. Dr. Dieter Lenzen, und die Kanzlerin der Universität, Dr. Katrin Vernau, sich gegen die Sparvorhaben wandten und die Auswirkungen der Kürzungen deutlich machten: Die Universität Hamburg müsste nach ersten Berechnungen schon im Jahr 2011 rd. 20 Mio. Euro einsparen, wenn die Sparvorhaben so umgesetzt würden, eine Summe, die in etwa 400 Stellen entspricht.
Mehr Universität für Hamburg
Das Präsidium der Universität hat daraufhin entschieden, dass es die Kürzungen, sollten sie so eintreten, wie vom Senat der FHH geplant, nicht selbst umsetzen und keine Vorschläge zur Einsparung unterbreiten wird. Stattdessen rief der Präsident der Universität Prof. Dr. Lenzen die Mitglieder der Universität dazu auf, sich an „ungewöhnlichen Maßnahmen“ zu beteiligen, um in einer großen Aufklärungskampagne der Stadt vor Augen zu führen, wie wichtig Wissenschaft für die Stadt ist und was die Kürzungsvorhaben auch für die Stadt bedeuten könnten.
Bis zum 22. Juni, dem Tag, an dem der Haushaltsentwurf in die Bürgerschaft eingebracht wird, sollen daher Aktionen in der ganzen Stadt stattfinden.
Ungewöhnliche Maßnahmen
Vielfältig und fantasievoll ist die Aufklärungsarbeit seither: Die Professorinnen und Professoren der Hochschullehrergruppe der „Eule der Minerva“ initiierten eine Online-Unterschriftensammlung, auf der bis dato 853 Lehrende der Universität Hamburg unterzeichnet haben (
http://tomcat6.rrz.uni-hamburg.de:8080/openletter/). Studierende haben T-Shirts und Plakate gestaltet, Flashmobs (Blitzaktionen im öffentlichen Raum) organisiert, Unterschriften gesammelt. Am 7. Juni wurden die innerhalb weniger Wochen gesammelten 16.868 Unterschriften im Rathaus übergeben. Die Sammlung wird fortgesetzt.
In derselben Woche fanden überall in Hamburg an öffentlichen Plätzen Vorlesungen statt, darunter „Wissenschaftsforschung, Berufliche Bildung und lebenslanges Lernen“, „Staatorganisationsrecht“ oder „Geschichte der deutschsprachigen Literatur von 1600 bis zur Gegenwart im Überblick“. (
http://mehr-uni-hamburg.de)
Ein Zeichen setzen
Das eigens eingerichtete „Büro für ungewöhnliche Maßnahmen“, kurz: BUM, organisiert und koordiniert die Kampagne „Mehr Wissen schafft mehr“. Das markante Ausrufezeichen, das Symbol der Kampagne, das auch die HAW in ihrer Farbe übernommen hat, sowie die Plakate mit Testimonials prominenter Unterstützer wie zum Beispiel Roger Willemsen, Lutz Mohaupt, Cord Wöhlke (BUDNI) finden sich überall in der Stadt (
http://mehr-uni-hamburg.de). Besonders in den sozialen Medien wie Facebook und Twitter hat die Kampagne in kurzer Zeit viele Unterstützer mobilisiert und vernetzt.
Vorläufiger Höhepunkt der Aktionen war der Sternmarsch aller Hamburger Hochschulen am 6. Juni. Studierende, Angestellte, Hochschullehrerinnen und -lehrer von HAW, HCU, HfBK, HfMT, TUHH und UHH einschließlich der Vertreter der Präsidien nahmen an der Demonstration gegen die Kürzungsvorhaben des Senats teil. Am späten Nachmittag desselben Tags hatte der Wissenschaftsausschuss der Bürgerschaft die Präsidenten der Hochschulen geladen, damit sie Stellung zu den Folgen der Sparmaßnahmen nehmen.
Am Freitag, 10. Juni, lud SPD-Fraktionsvorsitzender Andreas Dressel die Hochschulpräsidenten zum Gespräch ein. Nach einem erneuten Austausch der bereits bekannten Positionen verlief aus Sicht der Präsidenten das Gespräch noch ohne Ergebnis für die geforderte Rücknahme der Kürzungsvorhaben des Senats und die angestrebte Aufwuchsperspektive der Hochschulhaushalte für die kommenden Jahre.
G. Werner/U. Prechtl-Fröhlich