Tagung zu Cassirers „Kunst als symbolische Form“
Der Philosoph und ehemalige Rektor der Universität Hamburg Ernst Cassirer stand vom 7. bis zum 9. Oktober 2010 im Mittelpunkt einer Tagung im Warburg-Haus. Unter dem Titel „Kunst als symbolische Form – Ernst Cassirers ästhetische Theorie“ hatten die Internationale Ernst-Cassirer-Gesellschaft und das Philosophische Seminar der Universität Hamburg zu Vorträgen und Diskussionen eingeladen.
Cassirer (1874 bis 1945) studierte Jura, Literaturwissenschaft und Philosophie und war einer der letzten Universalgelehrten des 20. Jahrhunderts. In seinem kulturphilosophischen Hauptwerk in drei Bänden, „Philosophie der symbolischen Formen“, beschäftigte er sich u. a. mit Sprache, Mythos, Religion und Wissenschaft. Insgesamt entwarf Cassirer damit ein philosophisches Modell zum Verständnis der Kultur der Menschen. Während der Tagung verdeutlichten zehn Beiträge von Cassirer-Experten, dass neben den genannten Bereichen wie Sprache und Religion auch eine Theorie der Kunst zentraler Bestandteil von Cassirers Philosophie der symbolischen Formen ist.
Cassirer – ein moderner Theoretiker
Organisiert wurde die Tagung von Birgit Recki, Vorsitzende der Ernst-Cassirer-Gesellschaft und Professorin am philosophischen Seminar der Universität Hamburg, sowie von Professor Christian Möckel von der Humboldt-Universität zu Berlin. Die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius unterstützte die Tagung finanziell. „Die Aktualität von Cassirers Schriften wurde bis heute nicht erschöpfend betrachtet“, stellte Professorin Recki fest. Unter anderem ging es in den Vorträgen um die Möglichkeit, mithilfe von Cassirer zeitgenössische Werke wie ein Bildobjekt der international bekannten zeitgenössischen Künstlerin Rebecca Horn zu interpretieren. Beiträge wie dieser hätten eindrucksvoll die Modernität von Cassirers theoretischem Denken gezeigt, resümierte Professorin Recki.
Überzeugende Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen
Als einen Höhepunkt der Tagung bezeichnete sie den Vortrag einer Doktorandin aus Rennes, Muriel van Vliet, zu Grundbegriffen geisteswissenschaftlicher Forschung in Cassirers Spätwerk. Ein portugiesischer Nachwuchswissenschaftler an der Humboldt-Universität zu Berlin, Joaquim Braga, überzeugte Recki zufolge mit einem Beitrag, wonach Cassirer seine Theorie der Kunst nicht nur – wie weithin bekannt – auf die Literatur stützte, sondern zugleich eine bisher kaum bemerkte Theorie des künstlerischen Bildes entwickelte. Professorin Recki: „Ich fühle mich dadurch in unserem Konzept bestätigt, bei den Tagungen auf die angemessene Präsenz des Nachwuchses in der Cassirer-Forschung zu achten.“
Die nächste Cassirer-Tagung findet voraussichtlich in zwei Jahren statt. Zu diskutieren gibt es noch vieles, dessen sind sich Professorin Recki und andere Cassirer-Forschende sicher. Denn durch die inzwischen erschienene Hamburger Ausgabe des Gesamtwerks und das Fortschreiten der Berliner Nachlassedition sind neue, relevante Texte zugänglich geworden.
C. Kieke