Interview mit Prof. Dr. Knut Hickethier, Institut für Medien und Kommunikation
Die diesjährige Media Summer School, die vom 27. bis 31. Juli 2009 unter dem Titel „Film, Fernsehen, Internet. Kulturwissenschaftliche Rezeptionsforschung“ stattfand, war ein Pilotprojekt für die Hamburger Medienforschung, das vom Institut für Medien und Kommunikation (IMK) in Zusammenarbeit mit dem Hans-Bredow-Institut (HBI) getragen wurde. Initiator dieses Projekts war Prof. Dr. Knut Hickethier.
Herr Prof. Hickethier, auf Ihre Initiative hin fand zum ersten Mal in diesem Jahr die Media Summer School an der Universität Hamburg statt. Was ist das Besondere der Summer School, welche Lücke wollen Sie mit ihr schließen?
Für die Medienwissenschaft gibt es in Deutschland wenige attraktive Angebote im Bereich der Summer Schools. Wir haben innerhalb des Semesters zudem kaum Raum, mit ausgewählten auswärtigen Gästen, Kolleg/inn/en aus der Universität und Studierenden aus Hamburg und ganz Deutschland intensiv und konzentriert zu einem spezifischen aktuellen Forschungsproblem zu diskutieren. Darüber hinaus steht der Medienstadt Hamburg wie auch der Medienwissenschaftsstadt ein solches Angebot gut zu Gesicht.
Die Veranstaltungen sind sehr gut angenommen worden. Sind es hauptsächlich Studierende der Universität Hamburg oder externe Studierende, die sich angemeldet haben?
Die Summer School richtete sich sowohl an Teilnehmer/innen aus der Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Hamburg als auch an externe Studierende, das tatsächliche Verhältnis war etwa 50:50. In der Zusammensetzung sowohl aus Master- wie Bachelorstudierenden ergab sich eine sehr motivierte und diskussionsfreudige Gruppe. In ihrem Leistungsumfang war die Summer School so konzipiert, dass den Teilnehmer/innen die Möglichkeit geboten werden konnte, Credit Points für ihr Studium zu erwerben. Die angemeldeten Teilnehmer/innen waren jedoch weder ausnahmslos noch ausschließlich an dem Erwerb interessiert. Viele nutzen die Summer School allein als Gelegenheit zum überregionalen und transdisziplinären wissenschaftlichen Austausch.
Welche Vorteile bietet eine Summer School gegenüber normalen Veranstaltungen im Semester?
Die Summer School bietet einen Raum, sich außerhalb des Lehrplans und nach Semesterende vertiefend mit medien- und kommunikationswissenschaftlichen Themen auseinanderzusetzen. Sie ermöglicht konzentriertes Lernen, fördert den wissenschaftlichen Austausch, den Kontakt zwischen Lehrenden und Studierenden — und stärkt nicht zuletzt auch den Studienort Hamburg.
Sie organisieren die School zusammen mit dem Hans-Bredow-Institut. Wie ergänzen sich die Kompetenzen der beiden Institute?
Das Hans-Bredow-Institut ist die wichtigste Institution der Medienforschung in Deutschland. Seitdem es besteht, gibt es eine ausgezeichnete Kooperation mit der Universität. Forschungsansätze und -interessen, Profile und Projekte ergänzen sich außerordentlich gut. Weiterhin lehrt mit Uwe Hasebrink einer der beiden Direktoren des HBI auch am IMK. Die Zusammenarbeit ist gut – und das wissenschaftlich wie menschlich, so dass das HBI der natürliche Partner für das Projekt der Summer School ist.
Die Zugänge sind allerdings verschieden. Das HBI sieht sich eher der interdisziplinären Analyse medienvermittelter öffentlicher Kommunikation verpflichtet, d. h. der empirischen Kommunikationsforschung, die versucht, Einflüsse der Medien unter Einbeziehung kommunikations- und rechtswissenschaftlicher Perspektiven, ergänzt durch Ansätze z. B. aus Ökonomie und Pädagogik, zu verstehen, Entwicklungen und Risiken abzuschätzen und Handlungsoptionen zu entwickeln. In der Medienwissenschaft am IMK steht eine kulturwissenschaftlich-hermeneutische Analyse und Interpretation von Medienprodukten, -formaten und -diskursen im historischen Längsschnitt wie im aktuellen Querschnitt im Vordergrund.
Welchen thematischen Schwerpunkt haben Sie in dieser Summer School gesetzt?
Die Summer School fand unter dem Titel „Film, Fernsehen, Internet. Kulturwissenschaftliche Rezeptionsforschung“ statt. Das Ziel der diesjährigen Summer School war, den Studierenden einen komprimierten Einblick in die Unterschiedlichkeit und Vielzahl theoretischer Ansätze und aktueller Perspektiven der kulturwissenschaftlichen Rezeptionsforschung zu bieten. Rezeptionsforschung heißt, das Publikum, die Zuschauer/innen, die Nutzer/innen von Medien und Medienprodukten in den Blick zu nehmen, ihre Wahrnehmung und Aneignung von Medien bzw. Medienangeboten. Die Summer School bot deswegen ein breites Spektrum an unterschiedlichen Forschungsansätzen, beginnend mit kulturanthropologischen Ansätzen und historischer Kino-Rezeptionsforschung über Konzepte gegenwärtiger Fernseh- und Internetnutzung bis zu Computer Game Studies.
Wie sieht die Rolle aus, die Hamburg und speziell die Universität in der Medienwissenschaft spielt? Wo liegen die Schwerpunkte der Medienwissenschaft an der Universität in Abgrenzung zu anderen Universitäten?
Hamburg ist ein internationales Zentrum interdisziplinärer Medienforschung. Die „Medialisierung“ der Kommunikation durch technisch-apparative Medien hat nicht nur die gesellschaftliche Selbstverständigung verwandelt, Medien und Medienprodukte durchdringen inzwischen alle Bereiche von Politik, Wirtschaft, Recht, Kultur und Alltag und haben diese tiefgreifend verändert.
An der Universität Hamburg bildet das Zentrum für Medien- und Kommunikationsforschung diese Entwicklungen ab. Es bündelt in einem bundesweit einzigartigen Netzwerk transdisziplinäre Medienforschung und -lehre der Universität und des Hans-Bredow-Instituts, mit spannenden Forschungs- und Promotionsmöglichkeiten gerade für Nachwuchswissenschaftler/innen.
Planen Sie Media Summer Schools auch im kommenden Jahr?
Es ist denkbar, dass in den kommenden Jahren die medien- und kommunikationswissenschaftliche Summer School als wiederkehrende Veranstaltung und als Projekt jeweils eines festangestellten Mitglieds des IMK oder HBI, nach dessen jeweils eigener Schwerpunktsetzung, organisiert wird.
Herr Hickethier, haben Sie vielen Dank für das Gespräch!