UHH Newsletter

März 2014, Nr. 60

FORSCHUNG

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Die zufällig orientierten Moleküle (grüner Strahl) werden von einem optischen Laser (rot) alle in dieselbe Pose gebracht und dann mit dem Röntgenpuls (blau) abgelichtet. Aus dem resultierenden Röntgen-Streubild (rechts oben) lassen sich Informationen über die Molekülstruktur berechnen. Bild: Stephan Stern/CFEL


Kontakt:

Prof. Dr. Jochen Küpper
Center for Free-Electron Laser Science
DESY und Universität Hamburg

t. 040.8998-6330
e. Jochen.Kuepper-at-desy.de

Moleküle in Bewegung: Forscher schießen Gruppenfoto von freien Molekülen mit Freie-Elektronen-Laser

Ein internationales Forscherteam hat mit dem weltstärksten Röntgenlaser Schnappschüsse freier Moleküle gewonnen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Dr. Jochen Küpper vom Hamburger Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) haben dazu eine Art Molekülballett im Röntgenstrahl choreographiert. Mit ihrer Arbeit nehmen die Forscherinnen und Forscher wichtige Hürden auf dem Weg zu Röntgenbildern individueller Moleküle, wie sie im Fachblatt „Physical Review Letters“ erläutern.

„Uns sind die ersten Röntgenlaseraufnahmen eines Ensembles isolierter Moleküle gelungen“, sagt Prof. Dr. Küpper von der Universität Hamburg, der am DESY forscht und Mitglied des Exzellenzclusters Hamburg Centre for Ultrafast Imaging (CUI) ist. „Die Moleküle haben dafür alle synchron posiert.“ Dieser Ansatz ebne den Weg zur Untersuchung der ultraschnellen Dynamik isolierter Moleküle. Zwar lassen sich Moleküle auch mit anderen Techniken ablichten, keine kommt aber mit so kurzen Belichtungszeiten aus wie der Röntgenlaser.

Wertvolle Informationen über Einzelmoleküle

Um die atomare Struktur von Molekülen zu bestimmen, werden diese gewöhnlich kristallisiert und dann mit hellem Röntgenlicht durchleuchtet. Allerdings lassen sich manche Moleküle nur sehr widerwillig in Kristallform zwingen, insbesondere bei vielen Biomolekülen ist dies ein Problem. Zudem können Moleküle in einem Kristall andere Eigenschaften haben als in freier Form. Und Moleküldynamik lässt sich im Kristallzustand nur sehr eingeschränkt erkunden. Diese Informationen sind jedoch in Chemie, Physik, Materialforschung und den Lebenswissenschaften heiß begehrt. Forscherinnen und Forscher arbeiten daher an Methoden, um Schnappschüsse einzelner, ungebundener Moleküle machen zu können.

„Die von uns untersuchten Moleküle gehören mit zu den kleinsten Strukturen in Chemie und Biologie und bestehen nur aus einer Handvoll Atome“, betont Ko-Autor Dr. Stephan Stern vom CFEL. „Um sie zu beobachten, braucht man die stärkste Röntgenquelle der Erde mit der kürzesten Belichtungszeit – eine zehnbillionstel Sekunde.“ Die Forscherinnen und Forscher nutzten für ihre Versuche daher den derzeit stärksten Röntgenlaser, die Linac Coherent Light Source (LCLS) des US-Beschleunigerzentrums SLAC in Kalifornien. Dieser sogenannte Freie-Elektronen-Laser (FEL) erzeugt kurzwelliges Röntgenlicht, indem er schnelle Elektronen aus einem Teilchenbeschleuniger mit starken Magneten auf einen eng gesteckten Slalomkurs schickt.

Bald auch Filme freier Moleküle

Die Versuche weisen den Weg zur Untersuchung der ultraschnellen Moleküldynamik, insbesondere am europäischen Röntgenlaser European XFEL, der zurzeit vom DESY-Gelände in Hamburg-Bahrenfeld bis in die benachbarte Stadt Schenefeld in Schleswig-Holstein gebaut wird, und der eine rund 200-fach höhere Pulsrate besitzen wird.

„Künftig werden wir die Moleküle dazu bringen können, festgelegte Bewegungsabläufe auszuführen, beispielsweise alle mit den Armen zu winken“, sagt Küpper. „Diese Bewegung lässt sich dann filmen, indem wir das Experiment oft wiederholen, jeweils Schnappschüsse zu leicht unterschiedlichen Zeiten machen und diese zu einem Film zusammensetzen. Ähnlich wie eine Superzeitlupe im Sport oder in Dokumentarfilmen werden diese Filme die genauen Bewegungsabläufe der Moleküle während chemischer Reaktionen in bislang unerreichter Detailgenauigkeit zeigen.“

An der Studie waren Forscherinnen und Forscher aus Deutschland, Dänemark, den Niederlanden, Schweden und den USA beteiligt.

Das CFEL ist eine gemeinsame Einrichtung von DESY, der Universität Hamburg und der Max-Planck-Gesellschaft.

Originalveröffentlichung
“X-ray diffraction from isolated and strongly aligned gas-phase molecules with a free-electron laser”; J. Küpper, S. Stern, H. N. Chapman, et al.; Physical Review Letters, 28.2.2014; DOI: 10.1103/PhysRevLett.112.083002

PM/Red.
 
 
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