UHH Newsletter

April 2011, Nr. 25

CAMPUS

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In wie viele Arten können Heideschnecken auf der Insel Kreta eingeteilt werden? Die Diversität der Landschnecken regte Dr. Bernhard Hausdorf zu den Überlegungen zum Artkonzept an. Foto: UHH/Sauer, Hausdorf



Kontakt:

PD Dr. Bernhard Hausdorf
Kurator
Zoologisches Museum Hamburg (ZMH)der Universität Hamburg

t. 040.42838-2284
e. hausdorf-at-zoologie.uni-hamburg.de

Homepage Dr. Bernhard Hausdorf

Zoologe entwickelt universelles Artkonzept

1859 veröffentlichte Charles Darwin sein Hauptwerk „Die Entstehung der Arten“. Der wissenschaftliche Streit darüber, wie sich der Begriff „Art“ definieren lässt, dauert bis heute an. PD Dr. Bernhard Hausdorf, Zoologe an der Universität Hamburg, hat bisherige Erkenntnisse analysiert und ein neues Konzept entwickelt: das „differentielle Fitness Artkonzept“. Veröffentlicht wurde es in der Aprilausgabe des Fachmagazins „Evolution“.
Die „Art“ ist nicht nur eine der wichtigsten Einheiten in der Biologie, sie ist auch im Naturschutz, in der Landwirtschaft und in der Medizin von großer Bedeutung. „Bisherige Definitionen des Begriffs ‚Art‘ stehen jedoch nicht im Einklang mit dessen tatsächlichem Gebrauch“, so Hausdorf. Er hielt deshalb eine Überarbeitung des Artbegriffs für erforderlich.

Universelles Konzept für Pflanzen, Tiere, Bakterien

Neue Studien belegen, dass auch ungeschlechtliche Organismen wie Bakterien Einheiten bilden, die den „Arten“ bei sexuellen Organismen entsprechen. Tatsächlich teilen Mikrobiologen Bakterien in Arten ein. Nach dem am häufigsten genutzten „biologischen Artkonzept“ ist das jedoch nicht möglich. Dieses gilt nur für Organismen, die sich geschlechtlich fortpflanzen und damit nicht für Bakterien. Das Artkonzept von Hausdorf hingegen kann universell für alle Pflanzen, Tiere und Bakterien angewendet werden.

Neue Erkenntnisse werden integriert

Jüngere Untersuchungen haben außerdem gezeigt, dass es sowohl bei Pflanzen als auch bei Tieren durch Kreuzung häufig zu Genaustausch zwischen Arten kommt. Auch dies wird in anderen Artkonzepten nicht ausreichend berücksichtigt. Das anerkannte „biologische Artkonzept“ definiert Arten als Gruppen von Individuen, die sich untereinander kreuzen und mit anderen solchen Gruppen keine fruchtbaren Nachkommen erzeugen. Einer Art gehören folglich alle Individuen an, die fruchtbare Nachkommen hervorbringen können.

Im Gegensatz zu diesem „biologischen Artkonzept“ beruht das „differentielle Fitness Artkonzept“ von Hausdorf auf Merkmalen, die die „Fitness“ beeinflussen. Unter „Fitness“ versteht man den Fortpflanzungserfolg. Hausdorf definiert „Arten“ als Gruppen von Individuen, die durch Merkmale charakterisiert sind, die sich in anderen Gruppen negativ auf den Fortpflanzungserfolg auswirken würden, wie in dem folgenden Beispiel erläutert wird.

Konsequenzen für die Art-Abgrenzung

Auf den Galápagos-Inseln leben mehrere Formen von Darwin-Finken. Sie ernähren sich von jeweils unterschiedlichen Samen, so dass ihre Schnäbel entsprechend verschieden gebaut sind. Sie paaren sich untereinander, und zwangsläufig werden Erbinformationen zwischen den Finken-Gruppen ausgetauscht. Die Schnabelform ist davon aber nicht betroffen, es entsteht keine Mischform.

Nachkommen mit einer Mischform des Schnabels wären an keine der Samenformen gut angepasst. Sie würden daher schwerer Nahrung finden und sich weniger gut fortpflanzen. Die „Fitness“ dieser Individuen wäre gering, sie würden folglich ausselektiert. Hausdorf folgert: „Wenn man streng dem ‚biologischen Artkonzept‘ folgt, müsste man die Finken-Formen zu einer Art zusammenfassen. Tatsächlich handelt sich hier aber um mehrere Arten, die sich zwar untereinander kreuzen, aber dennoch getrennt weiterentwickeln.“
C. Kieke
 
 
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