Blick über den Tellerrand:
Interview mit Prof. Dr. Markus Fischer zur neu gegründeten „Hamburg School of Food Science“
Der Gründer der „Hamburg School of Food Science“ (HSFS), Professor Markus Fischer, spricht über die wachsende Bedeutung der Lebensmittelsicherheit und welchen Beitrag hierzu die „Hamburg School of Food Science“ leisten wird.
Prof. Fischer, in der neugegründeten „Hamburg School of Food Science“ dreht sich alles um die Lebensmittelsicherheit. Was genau steht dabei im Fokus?
Bei der Lebensmittelsicherheit geht es um Verbraucherschutz, konkreter gesagt um die Bereiche Gesundheitsschutz und Verbrauchertäuschung. Der Verbraucher will sicher gehen, dass er beim Genuss von Nahrungsmitteln keinen gesundheitlichen Schaden erleidet. Das ist der Aspekt des Gesundheitsschutzes. Und er hat Anspruch, das zu bekommen, was auf dem Produkt steht. Hier greift der Schutz vor Verbrauchertäuschung. Beide Bereiche behandeln wir in der „Hamburg School of Food Science“ gleich intensiv. Schon jetzt forschen wir im Fachbereich Chemie zu diesen Themen und haben uns dabei u.a. auf den Nachweis allergieauslösender Substanzen und auf die Entwicklung DNA-basierter Methoden für Lebensmittelanalytik spezialisiert.
Forschung zu Lebensmittelchemie und Lebensmittelmikrobiologie gibt es bereits an der Universität. Warum besteht darüber hinaus Bedarf für ein Kompetenzzentrum für Lebensmittelwissenschaften?
Weil wir mehr wollen: mehr Forschungsmöglichkeiten und mehr Interaktion mit anderen Fachdisziplinen, aber auch mit der Öffentlichkeit. Die „Hamburg School of Food Science“ ist die organisatorische Klammer dafür.
Was wird die Studiengänge der School von den bisherigen unterscheiden?
Wir wollen praxisnah ausbilden. Die Studierenden sollen nicht nur gute Analytiker sein, sondern auch erlernen, mit Budgets, Bilanzen und Patenten umzugehen. Darüber hinaus spielt Personalmanagement eine immer größer werdende Rolle. Diese Aspekte werden wir ins Studium integrieren. Mit einem Bachelor-Studiengang von voraussichtlich vier Jahren und mehreren einjährigen Masterprogrammen schaffen wir außerdem sehr gute Alternativen zu den klassischen Ausbildungsprogrammen, die beispielweise mit dem Staatsexamen abschließen.
Was zeichnet diese School im Vergleich zu ähnlichen Institutionen in Deutschland aus?
An der TU München gibt es z. B. das sehr gut ausgestattete Zentralinstitut für Ernährungs- und Lebensmittelforschung. Wir unterscheiden uns u. a. dadurch, dass wir in die Lebensmittelwissenschaften auch wirtschaftliche Aspekte integrieren. Das ist extrem wichtig, denn wir leben nicht auf einer Insel. Die Lebensmittelindustrie ist hochgradig globalisiert, Kenntnisse über Marktmechanismen sind unerlässlich – also müssen wir auch in Forschung und Ausbildung zum Thema Lebensmittel über den Tellerrand schauen.
Welchen Beitrag zu Aufklärung und gesunder Ernährung kann und soll die School leisten?
Sie sprechen damit eine der vier Säulen der School an, nämlich ihren gesellschaftlichen Auftrag. Es gilt, wissenschaftliche Erkenntnisse in eine verständliche Sprache zu übersetzen und auf reale Situationen zu übertragen; Transfer und Translation sind hier die Begriffe, die wir umsetzen wollen. Genau das macht die Ende 2010 gegründete „Food & Health Academy public“. Wir setzen die dort verankerte erfolgreiche Vortragsreihe „Ernährung und Gesundheit im Dialog“ im Oktober fort. Außerdem planen wir ein eintägiges Symposium im Wintersemester.
Welches sind die anderen Säulen?
Forschung und Lehre als wichtigste Säule fassen wir unter dem Begriff „Competence in Food“ zusammen. Die dritte Säule beinhaltet den Schwerpunkt „Competence in Food Integrated“. Darunter verstehen wir die Vernetzung mit anderen Fakultäten, Universitäten, Forschungszentren und der Lebensmittelwirtschaft. Alle drei genannten Säulen werden schließlich unterstützt von der vierten, dem „Strategy Board“. Hierfür haben wir hochrangige Wissenschaftler wie den Chemie-Nobelpreisträger Prof. Dr. Robert Huber gewinnen können, die uns hinsichtlich der forschungsstrategischen Ausrichtung beraten.
Man könnte meinen, Sie sind in Hamburg der aufgeklärteste und bestinformierte Konsument von Lebensmitteln. Haben Sie einen Einkaufstipp für uns?
Vor einiger Zeit hätte ich noch geantwortet: Kaufen Sie regional und saisonal – das spart Transport und Lagerung und kommt somit der CO2-Bilanz zugute. Außerdem sind die Waren frisch. Und kaufen Sie bio – um möglichst unbelastete Nahrungsmittel zu essen. Alle drei Tipps sind nach wie vor berechtigt. Allerdings sind Pauschalaussagen, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung, schwierig, wie der aktuelle EHEC-Fall zeigt. Wir haben in Deutschland aber ein sehr gutes Lebensmittelüberwachungssystem, das hilft, den Anspruch auf sichere Lebensmittel zu festigen. Ich selbst kaufe am liebsten auf dem Markt ein. Wenn die Zeit knapp ist, wird es dann aber doch der Supermarkt.
Das Interview führte Caroline Kieke