eLearning: Wohin geht der Trend?
Interview mit Vertreter/innen des Zentralen eLearning-Büros
Gerade ist das 7. Hamburger eLearning-Magazin erschienen, das im Zentralen eLearning-Büro (ZeB) der Universität entsteht. Wir nutzen die Gelegenheit, die Herausgeber/innen zu befragen, ob sich die Universität Hamburg still und heimlich zur Hochburg des eLearning entwickelt hat. Antworten gegeben haben Dr. Angela Peetz, Britta Handke-Gkouveris und Stefan Schneider vom ZeB.
Sie geben jährlich zwei Ausgaben des Hamburger eLearning-Magazins heraus. Das Magazin wird bundesweit sowie in Österreich und der Schweiz gelesen und hat beeindruckende Downloadzahlen. Durch die Beiträge im Magazin haben Sie sicher einen guten Überblick über die eLearning-Landschaft an vielen deutschen Unis.
Wie steht die Universität Hamburg im Vergleich da?
Angela Peetz: Die Uni Hamburg ist medial gut aufgestellt: Mit CommSy und OLAT haben wir gleich zwei hochwertige Lernplattformen mit unterschiedlichen Funktionalitäten. Sehr viele Lehrveranstaltungen werden mit CommSy oder OLAT ergänzt.
Britta Handke-Gkouveris: Mit CommSy haben wir ein einfaches „Einsteigersystem“, mit OLAT ein Learning-Management-System, das viele verschiedene Werkzeuge für die Unterstützung der Lehre bietet.
Darüber hinaus besteht mit Lecture2Go vom Regionalen Rechenzentrum die Möglichkeit, technisch hochwertige Vorlesungsaufzeichnungen zu erstellen. Dieses Gesamtkonzept ist bundesweit sogar einmalig.
Angela Peetz: Und wir haben noch ein Instrument, das gut funktioniert: Durch die Förderlinie „Seminare ans Netz“ werden Lehrende mit einer Anschubfinanzierung in die Lage versetzt, ihre Ideen für eLearning-Szenarien umzusetzen.
Diese und andere Erfolgskriterien haben dazu geführt, dass sich die UHH als eine der wenigen Hochschulen in einem Standardwerk zum Thema eLearning (3. überarbeitete Auflage „E-Learning: Einsatzkonzepte und Erfolgsfaktoren des Lernens mit interaktiven Medien“, Anm. d. Red.) mit einem eigenen Kapitel präsentiert.
Darauf dürfen wir uns aber nicht ausruhen. Wichtig wäre jetzt die Verstetigung der Support-Strukturen durch die eLearning-Büros sowie die Weiterführung der Förderung durch „Seminare ans Netz“.
Und was wäre für die Universität Hamburg der nächste Schritt?
Angela Peetz: Ein stärkeres Angebot im Blended-Learning-Bereich, d.h. eine Kombination aus Präsenzveranstaltung und eLearning. Das kann der besseren Unterstützung besonders von berufsbegleitendem Studieren dienen.
Prognosen deuten darauf hin, dass in wenigen Jahren die Anzahl dieser Studierenden stark steigen wird. Darauf sollte die UHH vorbereitet sein und eLearning kann dabei helfen, ohne dass die UHH gleich zur Fernhochschule wird.
Britta Handke-Gkouveris: Aber auch für kleine Studiengänge kann ein stärkerer Einsatz von eLearning das Überleben sichern. Ein gutes Beispiel ist der Studiengang „Literatur, Sprache und Kultur des modernen Griechenlands – Neogräzistik (Master of Arts)“, den die UHH gemeinsam mit der FU Berlin und der LMU München anbietet.
Wenn Sie die Entwicklung des eLearning in Deutschland betrachten, welche Trends setzen sich gerade durch? Sind andere Länder schon weiter?
Angela Peetz: Wie schon gesagt wird es einen demographischen Wandel bei den Studierenden geben. Der Weg direkt von der Schule zum Studium wird nicht mehr die Regel sein.
Nicht ohne Grund gibt es Förderungen wie „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ durch das BMBF, eine Konsequenz der Neuregelung zum Hochschulzugang für beruflich qualifizierte Bewerber ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung.
In diesem Punkt sind z.B. die USA, Großbritannien und die skandinavischen Länder viel weiter. Es ist kein Zufall, dass auch eLearning in diesen Ländern einen großen Stellenwert hat.
Das ePortfolio ist als Instrument der Leistungsdokumentation für Studierende ja noch relativ neu. Wird es gut angenommen? Wie viele Studierende nutzen es bisher an der UHH?
Britta Handke-Gkouveris: Das integrierte ePortfolio in OLAT ist neu. Das Konzept des ePortfolios gibt es schon einige Jahre.
Angela Peetz: Beim ePortfolio muss man auch nicht nur an Leistungsdokumentation denken. Es kann und soll auch der Reflexion des Lernprozesses dienen.
Stefan Schneider: Bei der ePortfolio-Arbeit ist der Weg das Ziel. Für das Projekt „ePortfolio für Erstsemester“ haben sich bisher ca. 150 Studierende eingetragen. Ist das viel gemessen an der Größe der UHH? Ich denke ja, denn es ist freiwillig und man bekommt bisher keine Credits. Mehr zum Projekt kann man übrigens in der aktuellen Ausgabe des eLearning-Magazins nachlesen.
Ist das ePortfolio anderswo schon verbreiteter? Warum wird es auf jeden Fall kommen?
Angela Peetz: Auch hier haben die USA und Großbritannien sowie die skandinavischen Länder die Nase vorn. Dort ist das ePortfolio ein selbstverständliches Werkzeug.
Mit der Bologna-Reform sollte ein Schwerpunkt auf Methodenkompetenz im Bachelorstudium und Anwendungs- sowie Forschungsorientierung im Masterstudium gelegt werden. Fertigkeiten auch im wissenschaftlichen Kontext können schwer mit klassischen Klausuren geprüft werden. Hierfür eignet sich Portfolio-Arbeit viel besser. So ist das Führen eines ePortfolios curricular im Master of Higher Education am ZHW integriert.
Ein wesentlicher Bestandteil bei der Arbeit mit ePortfolios ist Feedback sowohl von Kommilitonen als auch Betreuern. Hier ergibt sich allerdings bei den aktuellen Studierendenzahlen ein Problem hinsichtlich einer adäquaten Betreuung.
Wenn aber die Prognosen zur Entwicklung der Studierendenzahlen eintreten, wird es mehr Kapazitäten zur Betreuung geben und die Arbeit mit ePortfolios wird sich als kompetenzorientiertes Instrument durchsetzen.
eAssessment – welche Bedeutung wird das in der Zukunft spielen?
Stefan Schneider: Schon jetzt ist es so, dass sich kaum eine zukunftsorientierte Hochschule dem Thema eAssessment, also dem elektronischen Testen und Prüfen, verschließen kann.
Die Werkzeuge zur Erstellung multimedialer Übungsaufgaben und Tests in den zentralen Learning-Management-Systemen werden mit zunehmender Selbstverständlichkeit in der universitären Lehre eingesetzt – und auch von den Lehrenden und Studierenden eingefordert.
Dabei sind es vor allem zwei Aspekte, die dafür sorgen, dass elektronische Übungen und Prüfungen in der modernen Hochschullehre eine immer wichtigere Rolle spielen werden:
Erstens wird die Qualität der Lehre durch multimediale und interaktive Fragetypen verbessert (Bildmarkierungsaufgaben, Drag & Drop, Simulationen usw.).
Zweitens erspart die automatische und objektive Auswertung elektronischer Prüfungen die oftmals sehr aufwendige manuelle Korrektur. Nicht nur „geschlossene“ Fragetypen wie Multiple Choice profitieren von der maschinellen Auswertbarkeit, auch die bessere Lesbarkeit von Freitextaufgaben – wenn sie eben nicht handschriftlich ausgeführt werden – führt zu einer deutlichen Zeitersparnis beim Korrekturlesen.
Angela Peetz: Die Lebenswelt der Studierenden ändert sich doch rasant durch die Entwicklung im mobilen Technologiesektor. Durch den immer selbstverständlicheren Umgang mit hochentwickelten mobilen Endgeräten werden natürlich auch die Lern- und Übungsangebote einer Hochschule in Zukunft noch stärker geprägt.
Stefan Schneider: Bei studiumsrelevanten Klausuren und Abschlussexamen ist es allerdings noch ungewiss, ob und wann elektronische Prüfungsverfahren oder ePortfolio-Konzepte die klassische Papierklausur verdrängt haben werden. Gründe dafür sind zum einen die hohen rechtlichen und technischen Anforderungen an elektronische Prüfungssysteme und zum anderen die sehr unterschiedlichen Fächer- und damit auch Prüfungskulturen innerhalb einer Hochschule.
Britta Handke-Gkouveris: Daher haben wir ja auch zum zweiten Mal eAssessment als Themenschwerpunkt für das Hamburger eLearning Magazin gewählt. In der aktuellen Ausgabe „eAssessment auf dem Prüfstand“ berichten Hochschulen von ihren praktischen Erfahrungen und zeigen gangbare Wege auf.
Das Interview führte Giselind Werner.