UHH Newsletter

Mai 2016, Nr. 85

FORSCHUNG



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Charakteristisches Muster: durch Wellen gebrochenes Eis in der Arktis. Foto: UHH/CEN/Dobrynin

Charakteristisches Muster: durch Wellen gebrochenes Eis in der Arktis. Foto: UHH/CEN/Dobrynin

Zusätzliche Gefahr für die Arktis durch höhere Wellen

Wenn die Treibhausgas-Emissionen nicht reduziert werden, könnte die Arktis zum Ende des Jahrhunderts jedes Jahr bis zu sieben Monate eisfrei sein. Dann werden auf den vermehrt freiliegenden Wasserflächen neue und höhere Wellen entstehen. Die Folge: Das Eis bricht schneller und auch bisher unberührte Areale am Meeresboden und an den Küsten werden von den Wellen beeinflusst. Dies berichtete Dr. Mikhail Dobrynin vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg auf der Konferenz der European Geosciences Union (EGU), die am 20. April in Wien stattfand.

In den vergangenen Jahrzehnten war die Arktis im Sommer noch mit durchschnittlich rund sechs Millionen Quadratkilometern Eis bedeckt. Die arktische Eiskante bildet so eine natürliche Barriere, die Wellen abbremst. Wären die Wasserflächen zukünftig frei, würde sich ein ganz neues Wellensystem etablieren. Hinzu kämen Wellen vom Nordatlantik, die sich ungehindert in die Arktis hinein fortsetzen würden.

„Die Nordostpassage wäre im Sommer regelmäßig schiffbar. Doch wo heute Eis ist, hätten Frachtschiffe dann mit hohen Wellen zu kämpfen“, so Dobrynin.

Meeresboden und Permafrostgebiete wären ebenfalls betroffen

Die Wellen beeinflussen nicht nur das Eis, ihre Dynamik setzt sich bis in eine Tiefe von rund 200 Metern fort. Der heute unberührte Meeresboden unter dem Eis würde aufgewühlt, mit unbekannten Folgen für das dortige Ökosystem.

Betroffen wären auch die Küsten. Dobrynin zeigte, dass die Wellen zum Beispiel in der Laptev-See, einem Teil des Nordpolarmeers nördlich von Russland, verstärkt Sedimente aufwirbeln. Gleichzeitig können sie angrenzende Permafrostgebiete an Land abtragen.

„Dies könnte zusätzlich zur globalen Erwärmung das Schmelzen beschleunigen, mit dem Risiko, dass mehr im Permafrost gebundene Treibhausgase freigesetzt werden“, sagte Dobrynin.

Auch gemäßigter Temperaturanstieg hätte Folgen

Der Ozeanograph ermittelt für seine Prognosen mit einem Klimarechenmodell heutige und zukünftige Werte für Wind und Eis. Aus den Ergebnissen berechnet er Wellencharakteristika wie Wellenhöhe und -länge sowie die Schubspannungsgeschwindigkeit. Dieser Wert gibt an, wie stark die Strömung den Meeresboden belastet. Anschließend vergleicht der Wissenschaftler die Daten für die Zeiträume von 2000 bis 2010 und 2090 bis 2100.

Zugrunde liegt die Annahme, dass die Treibhausgase weiter wie bisher emittiert werden – das sogenannte RCP 8.5-Szenario des Weltklimarates. Mit diesen Szenarien werden die Verläufe und Folgen der CO2-Konzentration sowie der Konzentration anderer Treibhausgase und Aerosole berechnet (Representative Concentration Pathways).

Nach dem Szenario 8.5 könnte die globale Temperatur bis 2100 im Mittel um bis zu vier Grad Celsius ansteigen. Die von Dr. Dobrynin geschilderten Effekte treten mit geringerer Stärke auf, geht man von gedrosselten Emissionen und einem gemäßigten Temperaturanstieg von zwei bis drei Grad aus.

PM/Red.
 
 
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