Kontakt:
Prof. Dr. Lars Schwabe
Leiter des Arbeitsbereichs Kognitionspsychologie
t. 040.42838-5950
e. lars.schwabe@uni-hamburg.de
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Auch wenn man sich Jahrzehnte mit der Stressforschung beschäftigt hat, lässt sich Stress relativ schwer definieren. Aber etwas, was unseren Organismus aus dem Gleichgewicht bringt, etwas, das uns herausfordert, kann man global als Stress bezeichnen.
Stress kann sowohl förderliche als auch hemmende Effekte auf unsere Denkprozesse haben. Diese Stresseinflüsse sind per se nichts Schlechtes, sondern eine adaptive Reaktion des Körpers. Es macht beispielsweise evolutionär Sinn, dass wir Sachen, die für uns besonders aufregend waren, für die Zukunft abspeichern.
Unser kognitiver Mechanismus passt sich also der Stresssituation an: Er speichert einerseits die Dinge ab, die akut wichtig sind – und der Abruf der Dinge, die aktuell nur ablenken würden, weil sie gerade für die Situation nicht zentral sind, wird beeinträchtigt.
Auf der einen Seite fördert Stress typischerweise die Gedächtnisbildung. Wenn wir etwas besonders Peinliches oder Aufregendes erlebt haben, das für uns „stressig“ ist, können wir uns später ganz gut daran erinnern.
Andererseits kann Stress den Gedächtnisabruf z.B. in einer Prüfungssituation ein Stück weit verschlechtern. Das sind aber nur vorübergehende Effekte, das heißt die Gedächtnisspur wird nicht permanent gelöscht. Aber kurzzeitig kann Stress den Gedächtnisablauf beeinträchtigen.
In Reaktion auf Stress werden verschiedene physiologische Systeme aktiviert, zum Beispiel Neurotransmitter-Systeme. Neurotransmitter sind chemische Substanzen, die Signale zwischen den Nervenzellen vermitteln.
Die Zentren im Gehirn, die für die Ausschüttung der Transmitter zuständig sind, feuern nun in einer Stresssituation verstärkt Transmitter ab – und das bewirkt eine Umorientierung des Gehirns. Es fährt bestimmte Hirnregionen hoch, die gemeinsam das sogenannte Salienz-Netzwerk bilden: Dieses ist verantwortlich für die Verarbeitung von Reizen, die akut als besonders wichtig eingestuft werden.
Das Gehirn schaltet also bei Stress in einen Modus, in dem es statt reflektiert abzuwägen vor allem bedrohungsassoziierte und emotionale Reize verarbeitet.
Wenn die Stresseinflüsse nachlassen, fährt das Gehirn dieses Salienz-Netzwerk wieder herunter und andere Netzwerke wieder hoch, insbesondere jene Netzwerke, die uns ein differenzierteres Abwägen ermöglichen.
Erst einmal ist nicht eine bestimmte Situation per se stresshaft, entscheidend ist immer die Interpretation des Individuums: In gewissem Maße hängt es von jedem Menschen selbst ab, ob irgendetwas zu Stress führt oder eben nicht.
Ein Ansatzpunkt ist also, unseren Blick auf die Welt, unsere Einschätzung von Situationen und Konstellation, kognitiv umzustrukturieren.
Wenn man etwa einen Vortrag hält, kann man sich vergegenwärtigen, dass die Besucher da sind, um einen zu hören – nicht, um einen auszulachen. Diese kognitiven Umstrukturierungen können das Stresslevel in solchen Situationen reduzieren.
Außerdem kann man Stress mit Antizipation vorbeugen: Man führt Strukturen ein, die den Alltag organisieren und setzt sie sich als Priorität. So wird der Alltag entzerrt und weniger stresshaft.