Geschichte der Universität
Erste demokratische Universitätsgründung in Deutschland
Die Universität Hamburg, die 2019 ihr 100-jähriges Bestehen feierte, ist ein Kind des demokratischen Aufbruchs am Anfang der Weimarer Republik: Am 28. März 1919 fasste die neue, erstmals von allen Bürgerinnen und Bürgern frei gewählte Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg den Beschluss, eine Universität zu gründen. Damit ist die Universität Hamburg die erste demokratische Universitätsgründung in Deutschland. Am 10. Mai 1919 wurde sie mit einem Festakt in der Musikhalle eröffnet.
Wurzeln bis ins beginnende 17. Jahrhundert
Die Wurzeln der Universität reichen 400 Jahre zurück zum 1613 gegründeten „Akademischen Gymnasium“, das 1883, inzwischen funktionslos geworden, geschlossen wurde. Es blieb jedoch ein 1895 neugeordnetes „Allgemeines Vorlesungswesen“, das interessierten Hamburgerinnen und Hamburgern ein umfangreiches Vortragsprogramm bot. Hierfür stiftete der Kaufmann Edmund Siemers das 1911 eingeweihte Vorlesungsgebäude an der später nach ihm benannten Allee. Über dessen Eingang steht noch heute das Motto „DER FORSCHUNG, DER LEHRE, DER BILDUNG“.
Auf dem Weg zu einer Universität waren außerdem die Einrichtung der „Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung“ im Jahre 1907 und die des Kolonialinstituts im Jahre 1908 wichtige Stationen. Die Stiftung machte sich die Anwerbung von Gelehrten und die Unterstützung von Forschungsreisen und wissenschaftlichen Publikationen zur Aufgabe. Das Institut sollte angehende Kolonialbeamte auf ihre spätere Arbeit im Ausland vorbereiten.
Zudem hatten sich im 19. Jahrhundert neben dem Akademischen Gymnasium einige wissenschaftliche Institute entwickelt wie der Botanische Garten (1821), die Sternwarte (1833), das Chemische Staatslaboratorium (1878), das Physikalische Staatslaboratorium (1885), das Laboratorium für Warenkunde (1885) und das Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten (1900).
Blüte in der Weimarer Republik und Niedergang im Nationalsozialismus
Der Start der jungen Universität in den 1920er-Jahren war glanzvoll. In der Weimarer Republik erwarb sie durch herausragende Gelehrte schnell auch internationalen Rang: Namen wie Ernst Cassirer (Philosophie), Albrecht Mendelssohn Bartholdy (Rechtswissenschaft), Erwin Panofsky (Kunstgeschichte), Otto Stern (Physikalische Chemie) und William Stern (Psychologie) zeugen davon. Entsprechend tief war der Einschnitt für die Universität, als diese Gelehrten wie viele andere nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten als Juden entlassen wurden. An die Vertriebenen erinnern heute Namen von Hörsälen, Büsten und Gedenktafeln – ebenso wie an die studentischen Mitglieder des Hamburger Zweiges der „Weißen Rose“, die für ihren Widerstand gegen das Unrechtsregime ihr Leben verloren.
Nach Wiedereröffnung 1945: Wachstum und Reformen
Nach dem Ende des „Dritten Reiches“ wurde die Universität geschlossen, aber schon im November 1945 wiedereröffnet. Aus den seit 1919 bestehenden vier Fakultäten (Rechts- und Staatswissenschaften, Medizin, Philosophie, Naturwissenschaften) wurden 1954 sechs und zwar durch Neugründung einer Evangelisch-Theologischen Fakultät und durch Teilung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät in eine Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche einerseits sowie eine Rechtswissenschaftliche Fakultät andererseits. Die Studierendenzahl wuchs rasch, von 3.000 im Jahre 1949 auf 17.000 im Jahre 1964. In diesen Jahren wurde der Campus (Von-Melle-Park) gebaut.
1969 beschloss die Hamburgische Bürgerschaft eine tiefgreifende Universitätsreform. Sie führte die Mitbestimmung aller Universitätsmitglieder ein und baute die akademische Selbstverwaltung aus. Die sechs Fakultäten wurden in 15 Fachbereiche aufgeteilt, deren Zahl sich bis Anfang der 2000er-Jahre auf 19 erhöhte. An die Stelle des Rektors trat ein hauptamtlicher Universitätspräsident, der einer zentralen Verwaltung vorsteht. Der Präsident oder die Präsidentin wird seit einer weiteren Reform des Hochschulgesetzes im Jahr 2003 vom Hochschulsenat gewählt und vom Hochschulrat bestätigt. 2005 wurde die Universität wieder in Fakultäten gegliedert, seit 2014 sind es acht: Rechtswissenschaft, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Medizin, Erziehungswissenschaft, Geisteswissenschaften, Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften, Psychologie und Bewegungswissenschaft sowie Betriebswirtschaft. Auf sie verteilen sich mehr als 40.000 Studierende.
Eine Universität in der Stadt
Nach dem Ausbau des Campus Von-Melle-Park bis Mitte der 1960er-Jahre erweiterte sich das Universitätsviertel unter anderem in Richtung Bundesstraße, wo in den 1970er-Jahren das Geomatikum mit seinen 22 Stockwerken entstand. Heute ist die Universität mit mehreren Campus im gesamten Hamburger Stadtgebiet vertreten. Dazu gehören neben dem zentralen Campus Von-Melle-Park: der klima- und geowissenschaftliche Campus Bundesstraße, der Campus Eppendorf für die medizinische Ausbildung, der Campus Bahrenfeld mit den Physikalischen Instituten sowie der Campus Klein Flottbek mit dem Institut für Pflanzenwissenschaften und Mikrobiologie und dem Botanischen Garten. Weitere wissenschaftliche Einrichtungen sind z. B. die Sternwarte in Bergedorf oder das Institut für Holzwissenschaften in Lohbrügge.
Seit 2019: Exzellenzuniversität Hamburg
Die Universität Hamburg war in der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder, dem Wettbewerb zur Förderung der universitären Spitzenforschung in Deutschland, außerordentlich erfolgreich: Seit 2019 fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft die Exzellenzcluster CUI: Advanced Imaging of Matter (Photonen- und Nanowissenschaften), Climate, Climatic Change, and Society (CliCCS) (Klimaforschung), Understanding Written Artefacts (Manuskriptforschung) und Quantum Universe (Mathematik, Teilchenphysik, Astrophysik, Kosmologie). Darüber hinaus erhielt die Universität Hamburg im Juli 2019 den Status als Exzellenzuniversität für ihr Konzept der „Flagship University“.
Das Universitätsmuseum
Die Orte, die Personen, die Prozesse – über all das bietet das Universitätsmuseum, das 2019 anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Universität in ihrem Hauptgebäude eröffnet wurde, einen Überblick. Dort lassen sich bekannte und weniger bekannte Geschichten aus 100 Jahren Forschung, Lehre und Bildung entdecken. Kern der Dauerausstellung „100! Geschichte und Gegenwart der Universität Hamburg“ ist ein thematisch gegliederter Geschichtsparcours. Er spannt den Bogen von der Universitätsgründung über die Umbrüche der NS-Zeit bis hin zu den universitären Protestbewegungen und strukturellen Reformen auch der Gegenwart.