Schriftstrukturelle Zugänge zur Alphabetisierung erwachsener Zugewanderter
Die Lehrkräfte in Integrationskursen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind seit 2015 mit einer veränderten Teilnehmendenpopulation konfrontiert. Insbesondere steigt der Anteil von Teilnehmenden, die nicht in einem Schriftsystem alphabetisiert sind, das auf dem lateinischen Alphabet beruht.
Die Schriftspracherwerbsdidaktik der allgemeinbildenden Schulen orientiert sich in den letzten Jahren stark an Forschungsergebnissen der Graphematik und hat u.a. in DFG-geförderten Interventionsstudien für den Beginn der Sekundarstufe I zeigen können, dass ein schriftstrukturbasierter Ansatz besonders bei leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern erfolgreich ist. Darüber hinaus zeigen sich deutliche Zusammenhänge zwischen dem Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern und dem fachspezifischen Wissen ihrer Lehrkräfte. Es stellt sich deshalb die Frage, ob ein schriftstrukturbasiertes Vorgehen auf die Erwachsenenalphabetisierung übertragbar ist.
Für eine solche Übertragung sind die Lehrkräfte als Gatekeeper anzusehen. Für eine erste explorative Studie konnten deshalb Integrationskursleitungen das schriftstrukturbasierte Konzept kennenlernen. Nach dem Lehrgang wurden sie als Expertinnen und Experten in Interviews befragt, welche Chancen und Grenzen sie für die Übertragung des Modells in die Alphabetisierung von Neuzugewanderten sehen. Als Vorteil wird die Systematik gesehen, als Nachteil das begrenzte Wortmaterial.
Wirkungen
Die Ergebnisse sind für die Fachcommunity relevant, weil sie die Didaktik in Integrationskursen mit Alphabetisierung betreffen. Die deutsche Sprache ist nicht lauttreu, daher ist der Schriftspracherwerb nicht sinnvoll über die Buchstabe-Laut-Verbindung zu gestalten, sondern über das Lesen.
Die Interventionen, die als Bestandteil der Forschung angelegt waren, sind zugleich didaktische Fortbildungen für das lehrende Personal. Sie wurden gratis für Lehrende in Niedersachsen und Bremen angeboten (von dort werden auch die Fortbildungen in Hamburg ausgebracht).
Da das BMBF keine Forschung im Zuständigkeitsbereich des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) fördert, und da das BAMF seine eigene Forschung unterhält, gibt es außer seltenen DFG-Projekten kaum erwachsenenbildnerische Forschung im Integrationskursbereich. Insofern wird die unabhängige Position der UHH durch die Verbände bzw. Länder sehr hoch gewürdigt.
Das Projekt war als Machbarkeitsstudie einjährig angelegt und wird nunmehr in einen größeren Folgenantrag überführt, der in enger Kooperation mit der Praxis angelegt ist.
Rund um das Projekt
- Projektverantwortliche:
Prof. Dr. Anke Grotlüschen
Prof. Dr. Astrid Müller
Tina Waschewski (wissenschaftliche Mitarbeiterin) - Kooperationspartner:innen:
Volkshochschulverband Niedersachsen
Koordinationsstelle Sprache des Landes Bremen - Laufzeit des Projekts:
2021-2022 - Finanzierung:
DFG - Weitere Informationen unter:
https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/451381071?context=projekt&task=showDetail&id=451381071& - Twitter: @LLLatUHH