Baltic Health IndexWie gesund ist die Ostsee?
26. März 2021, von Fintan Burke
Foto: Baltic Health Index Project & OpenStreetMap contributors
Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Universität Hamburg hat einen Index entwickelt, mit dem sich der Zustand der Ostsee bewerten lässt. Doch wie funktioniert dieser „Baltic Health Index“ (BHI)? Und welche Note erreicht die Ostsee aktuell?
Früher haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Gesundheit der Ozeane auf Grundlage einzelner Komponenten, wie der Wasserqualität oder des Artenreichtums bewertet. Der Mensch wurde dabei oft nur als Störfaktor berücksichtigt.
In den vergangenen Jahren sind Ozeanographinnen und Ozeanographen jedoch dazu übergegangen, den Zustand der Meere zu untersuchen und dabei auch die menschlichen Aspekte der Nutzung zu beachten, beispielsweise ihre Rolle für die Fischerei oder den Tourismus. Dies führte 2012 zum ersten „Ocean Health Index“ (OHI), der von Forschenden aus den USA erstellt wurde.
76 von 100 Punkten
Nun haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diesen auf die Ostsee übertragen und erstmals den „Baltic Health Index“ (BHI) errechnet. Das Ergebnis: Die Ostsee erhielt in Bezug auf die Gesundheit insgesamt einen Wert von 76 von 100 möglichen Punkten. Am schlechtesten schnitten folgende Bereiche ab: Wasserverschmutzung, das Übermaß an Algen und Pflanzenmaterial sowie die Fähigkeit des Meeres, Kohlenstoff zu speichern. In Sachen Meeresgesundheit würde die Ostsee die Schulnote „befriedigend“ bekommen.
Gleichzeitig gab es aber auch eine Reihe von positiven Beobachtungen. Die Bottnische See und die Kieler Bucht haben zum Beispiel bei der Wasserqualität gut abgeschnitten. Dagegen geht es den Beständen des Dorsches im gesamten Ostseeraum nicht sehr gut. Fast alle untersuchten Gebiete zeigten aber Anzeichen einer Verbesserung im Vergleich zu den letzten OHI-Werten, was auf eine gesündere Ostsee in den kommenden Jahren hindeutet. „Am Ende zeigt es, dass die Ostsee ein wenig gesünder geworden ist, aber es immer noch viel Raum für Verbesserungen gibt“, sagt Prof. Dr. Christian Möllmann vom Fachbereich Biologie und Mitglied des Centrums für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg. Er ist einer der Mitautoren der Studie.
Daten unter anderem zur nachhaltigen Fischerei
Unter Verwendung des OHI als Rahmenwerk analysierten die Autorinnen und Autoren der Studie regelmäßig aktualisierte Umwelt-, ökologische und soziale Datensätze. „Die Idee war, eine Bewertung vorzunehmen, die alle Sektoren und auch die sozial-ökologischen Zusammenhänge umfasst", so Prof. Möllmann. Er untersuchte in der Studie den Gesundheitszustand der Fischbestände in der Ostsee und konzentrierte sich auf den Bereich „nachhaltige Fischerei“. Dabei wurde überprüft, ob die Menge der gefangenen Fischarten den Schwellenwert übersteigt, der als nachhaltig gilt. „Im Grunde ist der ganze Index eine Datensammlung. Anschließend muss man Entscheidungen treffen, was die Schwellenwerte sind“, sagt er.
Der BHI könnte politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern sowie Forschenden eine Möglichkeit bieten, die Stärken und Schwächen des Ostseemanagements zu diskutieren, erklärt Möllmann. Die nächsten Schritte bestünden nun für die Studienautorinnen und -autoren darin, die Bewertung zu verbessern, indem sie neue Daten hinzufügen.
Vorerst nutzt Prof. Möllmann die Daten aus dem Index für das Projekt „balt_ADAPT“, das eine Anpassungsstrategie an den Klimawandel für den Ostseeraum entwickelt. „Wir wollen die Arbeit aus dem Index-Projekt mit unserem Projekt verknüpfen, damit wir bessere Abschätzungen für die westliche Ostsee machen können“, sagt er.
Originalpublikation
Blenckner, Thorsten, et al. "The Baltic Health Index (BHI): Assessing the social–ecological status of the Baltic Sea." People and Nature (2020). DOI: https://doi.org/10.1002/pan3.10178