Oktober 2016, Nr. 89

FORSCHUNG



Kontakt:

Prof. Dr. Lars Kaleschke
CEN – Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit
t. 040.42838-6518
e. lars.kaleschke@uni-hamburg.de


Prof. Dr. Christian Haas
Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
t. 0471.4831-2285
e. christian.haas@awi.de


Stephanie Janssen
CEN – Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit
t. 040.42838-7596
e. stephanie.janssen@uni-hamburg.de


Sina Löschke
Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
t. 040.42838-2008
e. sina.loeschke@awi.de

Meereisdicke-Messung mit dem Sensor EM-Bird. In der Luft wird  der Sensor vom Rumpf des Flugzeugs mit einer Winde herabgelassen und fliegt dann an einem langen Stahlseil in 15 Metern Höhe über das Meereis. Foto: E. Horvath/AWI

Meereisdicke-Messung mit dem Sensor EM-Bird. In der Luft wird der Sensor vom Rumpf des Flugzeugs mit einer Winde herabgelassen und fliegt dann an einem langen Stahlseil in 15 Metern Höhe über das Meereis. Foto: E. Horvath/AWI

Massiver Eisverlust in der Arktis: Offenes Wasser um den Nordpol

Das Eis der Arktis geht weiter zurück: Im September 2016 ist die Fläche des Arktischen Meereises auf eine Größe von knapp 4,1 Millionen Quadratkilometern abgeschmolzen. Dies ist die zweitkleinste Fläche seit Beginn der Satellitenmessungen im Jahr 1979. Weniger Meereis gab es mit 3,4 Millionen Quadratkilometern nur im Jahr 2012. Die Nordost- und Nordwestpassage sind jetzt wieder gleichzeitig für Schiffe befahrbar. Dies war erstmals im Jahr 2008 der Fall.

Die Bedeckung der Arktis mit Meereis schwankt: Es erreicht seine maximale Ausdehnung in der Regel zwischen Ende Februar und Anfang April, jährlich im September ist die Ausdehnung am geringsten. Im September ziehen die Klimaforscherinnen und –forscher deshalb Bilanz, denn die Größe der übrig gebliebenen Eisfläche, das sogenannte Septemberminimum, ist ein wichtiger Indikator für Klimaänderungen. „Im Winter 2015/2016 war die Luft über dem arktischen Ozean in weiten Teilen mehr als sechs Grad Celsius wärmer als im langjährigen Durchschnitt“, sagt Prof. Dr. Lars Kaleschke vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg. „Durch die höheren Temperaturen wächst das Eis im Winter weniger stark an.“

Messung der Eisfläche bis auf drei Kilometer genau

Die jeweils aktuelle Fläche des Meereises wird mit Hilfe von Satellitendaten bestimmt. Ein Team um Kaleschke verbesserte ein Verfahren, das jetzt eine bis auf drei Kilometer genaue Abbildung erlaubt. Dadurch werden Details wie Wirbel, Rinnen und Eiskanten besonders gut sichtbar und geben wertvolle Hinweise auf die Dynamik im Eis und damit auf seine Stabilität. So lässt sich durch die Visualisierung erkennen, dass nördlich von Alaska der sogenannte Beaufort-Wirbel das Eis ungewöhnlich früh, nämlich bereits im April, aufbricht. Auch zentral in der Nähe des Nordpols zeigt das Meereis in diesem Jahr viele offene Wasserflächen.

Neu gebildetes Eis nur noch halb so dick wie früher

Auch die Eisdicke in verschiedenen Gebieten der Arktis wurde untersucht. Besonders das neu gebildete Eis war in diesem Jahr kaum dicker als einen Meter. „Normalerweise ist es beinahe doppelt so dick“, so Prof. Dr. Christian Haas vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). Für eine kontinuierliche Eisdickenbestimmung kombinieren Universität Hamburg und das AWI erstmals Messungen der zwei Satelliten CryoSat und SMOS der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA. „So konnten wir schon am Ende des arktischen Winters sehen, dass das Eis zehn Zentimeter dünner war als in den Vorjahren, eine deutliche Verminderung“, sagt Lars Kaleschke.

„Globale Erwärmung schreitet ungebremst fort“

Das Meereis der Arktis gilt als kritisches Element im Klimageschehen und als Frühwarnsystem für die globale Erwärmung. In den 1970er und 1980er Jahren lagen die sommerlichen Minimumwerte noch bei durchschnittlich rund sieben Millionen Quadratkilometern. „Der Rückzug des arktischen Meereises ist ein deutlicher Hinweis, dass die globale Erwärmung ungebremst fortschreitet“, sagt Lars Kaleschke.

Zusatzmaterial, Grafiken und Bilder unter: https://www.cen.uni-hamburg.de/about-cen/news/2016-09-13-arctic-sea-ice-2016.html

PM/Red.
 

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