Und immer noch flattern die Hakenkreuzfahnen! Vom kommenden Kriegsende, gesteigerter Besatzungsgewalt und...
Wann: Do, 05.06.2025, 18:30 Uhr bis 20:00 Uhr
Wo: Universität Hamburg, Philosophenturm, Von-Melle-Park 6, 20146 Hamburg, Hörsaal D
Besatzung, so schrieb Jean-Paul Sartre im November 1944 in Paris, als die Stadt schon befreit, aber der Zweite Weltkrieg noch nicht beendet war, sei "ein verstecktes Gift", das „Entmenschlichung“ bewirke. Tatsächlich war seiner Ansicht nach Okkupation sogar "schrecklicher als Krieg", weil Menschen in dieser "zweideutigen Lage wirklich weder handeln noch auch nur denken" konnten.
Zweideutigkeit prägte vielfach auch das (kommende) Ende der Besatzung: Während ein erstarkender bewaffneter Widerstand, die Nachkriegsordnung bereits fest im Blick, bestrebt war, die Besatzer zu vertreiben, fürchteten sich einheimische, kriegsmüde Bevölkerungen oft genug vor dessen Gewaltakten ebenso wie vor deutscher Repression. Denn diese nahmen gegen Ende des Kriegs mit Geiselerschießungen, dem Niederbrennen ganzer Dörfer und den berüchtigten ARLZ-Maßnahmen eher noch zu. Während somit zum Begriff des Kriegsendes die Assoziation vom Schweigen der Waffen gehört, war das (kommende) Ende der Besatzung eine Zeit hoher Unsicherheit und wachsender Anspannungen in Gesellschaften, die auch zuvor schon in hohem Maße unter Stress gestanden hatten. Diesen gesellschaftlichen Verfasstheiten widmet sich der Vortrag in europäischer Perspektive.
Prof. Dr. Tatjana Tönsmeyer, Historisches Seminar: Neuere und Neueste Geschichte, Bergische Universität Wuppertal
Öffentliche Vorlesung im Rahmen des Allgemeinen Vorlesungswesens
Kriegsende 1945 in Europa. Ereignisse, Erfahrungen, Deutungen
Am 8. Mai 2025 jährt sich zum 80. Mal das Ende des Zweiten Weltkriegs – ein einschneidendes Datum in der Geschichte, das ganz Europa und damit auch Hamburg tief geprägt hat. In den sechs Jahren zuvor hatten unter deutscher Führung in ganz Europa bis dahin unvorstellbare Kriegsverbrechen und Gewaltexzesse stattgefunden. Millionen Menschen wurden rassistisch oder politisch verfolgt, Millionen während und nach dem Krieg vertrieben, Millionen ermordet. Inmitten dieses Geschehens entfaltete sich der Völkermord an den europäischen Juden, der Holocaust.
Mit dem Ende des Krieges verbanden viele Menschen die Hoffnung auf Frieden, Bestrafung der Schuldigen und ein Leben in Freiheit. Doch die Ereignisse wie das eigene Handeln und damit auch die Lehren, die man aus dieser Katastrophe ziehen sollte, wurden sehr unterschiedlich gedeutet. Die Ringvorlesung nimmt den Jahrestag zum Anlass, die Erfahrungen während Krieg und Besatzung wie die Erwartungen nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in ihrer Vielfalt wie Widersprüchlichkeit vorzustellen und zu reflektieren.
donnerstags 18:30 – 20:00 Uhr, Philosophenturm, Von-Melle-Park 6, Hörsaal D
Koordination
Prof. Dr. Birthe Kundrus, Fachbereich Geschichte: Arbeitsbereich Deutsche Geschichte, Universität Hamburg / Prof. Dr. Kirsten Heinsohn, Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH) / Dr. Kim Wünschmann, Institut für die Geschichte der deutschen Juden (IGdJ)