12. August 2022
Foto: Pexels/Tara Winstead
Im Sommersemester 2022 öffnete das Netzwerk #UHHengagiert in dem Format "Campus meets Community" erneut den Vorhang, um einen Blick auf Transferprojekte der Uni Hamburg aus der ersten Reihe zu werfen. Hier schauen wir auf beide Veranstaltungen zurück.
Gemeinsam Forschen, aber ohne Barrieren bitte!
Wie kann partizipative Forschung gelingen und was sind ihre Herausforderungen? Dazu diskutierten Dr. Wiebke Curdt und Dr. Katharina Silter als Lehrende der Partizipativen Forschungswerkstatt gemeinsam mit Marco Kölln, einem erfahrenen Teilnehmer der Lehrveranstaltung, auf unserem Podium. Als Lehrangebot im Fachbereich Erziehungswissenschaften (Arbeitsbereich Erwachsenenbildung & Behindertenpädagogik) bietet die Forschungswerkstatt ein inklusives Lehr-/Lernsetting, in dem Studierende gemeinsam mit Menschen mit Lernschwierigkeiten forschen. In der Forschungswerkstatt geht es vor allem um das gemeinsame Forschen in transdisziplinären Forschungsgruppen zu selbst gewählten Themen. Dabei erleben die Studierenden und Teilnehmende mit Lernschwierigkeiten zusammen einen vollständigen Forschungsprozess, von der Erstellung der Forschungsfrage über die Erhebung der Daten bis zur Ergebnisauswertung: „Es geht immer darum, dass die Teilnehmenden Interesse an den Themen haben. […] Partizipative Forschung setzt sich so zusammen, dass Personen aus der Wissenschaft gleichberechtigt mit Personen aus der Praxis zusammenarbeiten“.
Dr. Silter betont, dass es in der Forschungswerkstatt vor allem um die Zusammenarbeit auf Augenhöhe gehe: „Das ist eine ganz entscheidende Bedingung und prägt den gesamten Seminaraufbau“. Damit alle Beteiligten ihre Expertise im Laufe des Forschungsprozesses einbringen können, müsse man sich von Rollenverteilungen, die von vornherein festgelegt seien, verabschieden. „Es hat mir von Anfang an Spaß gemacht. Wir hatten teilweise am Anfang Schwierigkeiten eine Struktur in der Gruppe zu finden und die Forschungsfragen zu formulieren. Aber da haben wir dann auch sofort Unterstützung gekriegt“ berichtet Marco Kölln von seinen Erfahrungen in dem Forschungsprojekt. Einigkeit herrschte in der Diskussion darüber, dass das Seminar allen Beteiligten einen Mehrwert bietet. Die Studierenden erhalten eine erste Professionalisierung und Berufsvorbereitung, während Erwachsene mit Lernschwierigkeiten aktiv in die Forschung und damit auch in die Hochschule eingebunden werden. Lehrende haben die Chance, einen dynamischen und transdisziplinären Forschungsprozess zu begleiten, der Raum für interaktive Lehrmethoden öffnet.
Gemeinsam Geschichte schreiben – Citizen Science mit dem Coronarchiv
Mit dem digitalen Verbundprojekt „Coronarchiv“ der Universitäten in Hamburg, Bochum und Gießen war Nils Steffen aus dem Arbeitsbereich Public History auf unserem zweiten Podium zu Gast. Startpunkt des Projekts war vor dem Hintergrund der anhaltenden Corona-Pandemie vor allem eine Frage: Wie kann eine vielfältige und umfangreiche Dokumentation der Corona-Zeit ermöglicht werden? Dabei betonte Nils Steffen, dass eine vielfältige Sammlung von Zeitzeugnissen der „Corona-Krise“ darüber entscheide, wie wir uns in Zukunft an diesen Zeitraum erinnern werden.
Dazu wurde das Coronarchiv zu Beginn der Pandemie als freies und offenes Onlineportal gestartet und ermöglicht im Sinne des „Citizen-Science-Ansatzes“, dass Bürger:innen ihre Eindrücke aus der Corona-Zeit in das Archiv einfügen und damit einen Beitrag zur Quellensammlung leisten. „Die Beteiligung überstieg absolut unsere Erwartungen“, berichtet Nils Steffen. Mit über 6.000 Beiträgen stellt das Coronarchiv eine der größten Ansammlungen von u.a. Fotos, Videos und Texten während der Corona-Pandemie dar. Ein Mehrwert des Archivs wird vor allem in den Chancen für zukünftige Arbeiten im Fachbereich Geschichte gesehen: Das Coronarchiv wird eine umfangreiche Grundlage für zukünftige Forschungen darstellen können.
Gemeinsam Bewegungsfreiheit schaffen – Citizen Science mit dem base.camp
Ebenfalls zu Gast war Prof. Dr. Janick Edinger vom „base.camp – Kreativlabor am Informatikum“, der im Rahmen eines Citizen-Science Projektes gemeinsam mit mobilitätseingeschränkten Personen an der Erstellung einer interaktiven Stadtkarte für Hamburg arbeitet. Ziel des Projektes ist es, Rollstuhlfahrer:innen bzw. mobilitätseingeschränkten Personen eine Karte zur Verfügung zu stellen, die aufzeigt, welche Wege für diese Zielgruppe zugänglich oder auch unzugänglich sind.
Durch Messgeräte an den Rollstühlen werden Daten über die Oberflächenbeschaffenheit von Straßen und Wegen sowie den Zugänglichkeiten technisch erfasst und stetig in der interaktiven Stadtkarte aktualisiert. Rollstuhlfahrer:innen beteiligen sich dabei nicht nur an der Erstellung der interaktiven Stadtkarte, sondern liefern auch durch ihre Erfahrungen mit öffentlichen Gehwegen entscheidende Hinweise für die Weiterentwicklung des Forschungsprojektes: „Dass es nicht nur auf die Oberfläche der Gehwege ankommt, sondern auch auf ihre Neigung, war mir beim Start unseres Forschungsprojektes überhaupt nicht bewusst“, berichtet Prof. Edinger.
Wissenschaft und Zivilgesellschaft – In Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ein gutes Team!
Sowohl die „Partizipative Forschungswerkstatt“ der Erziehungswissenschaften als auch die Citizen-Science-Ansätze in den Fachbereichen Geschichte und Informatik konnten aufzeigen, wie wertvoll die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft sein kann. Aus allen drei Projekten an der Universität Hamburg geht hervor, dass eine Zusammenarbeit zwischen Forschung und Zivilgesellschaft für alle Beteiligten Vorteile bringen kann, die jegliche Mühen lohnenswert macht.
Wir möchten uns bei allen Diskutant:innen, Moderator:innen und Gästen bedanken, die digital und in Präsenz an den Veranstaltungen teilgenommen und Interesse gezeigt haben!
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