Munitionsverklappungsgebiete im Meer – Gefahr für Meerestiere oder neue Lebensräume?
Wann: Mi, 23.04.2025, 18:00 Uhr bis 19:00 Uhr
Wo: Universität Hamburg, Hauptgebäude, Zoom
In den deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszonen der Nord- und Ostsee lagern rund 1,6 Millionen Tonnen Munition aus dem 2. Weltkrieg in vorgesehenen Versenkungsgebieten. Mehrere dieser Versenkungsgebiete wurden speziell ausgewiesen, weil dort kommerzielle Fischerei, Bauarbeiten oder Baggerarbeiten verboten sind. Diese Gebiete befinden sich in Küstengewässern, die nicht weiter als 5 km vom Ufer entfernt sind.
Der Großteil der versenkten Munition ist konventionell und enthält feste Sprengstoffe, hauptsächlich TNT, das für Tiere giftig ist. Korrodierte Munitionsobjekte setzen unterschiedliche Mengen der sich auflösenden Verbindungen frei, was möglicherweise zu Veränderungen in lokalen Ökosystemen führen und sogar die benthische Makrofauna in der Nähe töten kann.
Die Lebensgemeinschaften in und auf dem Meeresboden werden als Benthos bezeichnet. Sie werden vor allem durch wirbellose Tiere repräsentiert wie z.B. Polychaeta (Borstenwürmer), Amphipoda (Flohkrebse), Bivalvia (Muscheln), Gastropoda (Schnecken), Echinodermata (Stachelhäuter) etc.
Makrofauna sind Organismen >500 µm, die primär im Meeresboden leben. Aufgrund ihrer sessilen Lebensweise integrieren Benthosorganismen die in ihrem Lebensraum vorherrschenden Umweltparameter über einen längeren Zeitraum. Daher gelten sie als sehr gute Indikatoren für Umweltveränderungen.
Wir haben mehrere solcher Munitionsversnekungsgebiete in der Ostsee untersucht, speziell in der Lübecker Bucht. Interessanterweise haben wir festgestellt, dass Abundanz und Biomasse der Makrofauna zunehmen in der Entfernung von 10-20m zunehmen. Ein vermuteter Grund für diesen Trend ist, dass die Munitionsobjekte als Hartsubstrat für die Arten dient, das in der südwestlichen Ostsee selten sind. Auf den Munitionsobjekten, wie durch Unterwasserkamerasysteme beobachtet, die Epifauna-Organismen in Dichten von über 43.000 Individuen pro Quadratmeter. Es sollte erwogen werden, nach der Munitionsbergung künstliche harte Untergründe bereitzustellen.
Dr. Andrey Vedenin, Senckenberg am Meer
Öffentliche Vorlesung im Rahmen des Allgemeinen Vorlesungswesens
Schutz und nachhaltige Nutzung unserer Meere und Küstenregionen
Aktuelle Ergebnisse aus der Forschungsmission sustainMare der Deutschen Allianz für Meeresforschung
Meere und Küstenräume werden zunehmend genutzt. Die sogenannte "Blue Economy" zählt zu den weltweit am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweigen. Gleichzeitig sind sie der Klimaänderung besonders ausgesetzt und ihnen kommt bei der Bekämpfung des Klimawandels eine besondere Rolle zu. Um den Naturraum und seine Ressourcen vor diesen zunehmenden Belastungen zu schützen, sollen mindestens 10% der Meeresgebiete unter Schutz gestellt werden. In der EU sind mehr als 12% der Meeresgebiete als Schutzgebiete ausgewiesen, damit hat die EU die internationalen Abkommen erfüllt. Genaue Schutzmaßnahmen sind allerdings nur für einen Bruchteil dieser Gebiete festgeschrieben.
Die Forschungsmission "sustainMare - Schutz und nachhaltige Nutzung mariner Räume" der Deutschen Allianz für Meeresforschung (DAM) untersucht im nunmehr dritten Jahr die Auswirkungen der zunehmenden Nutzung der Meere und die Entwicklung von Schutzkonzepten und Handlungsoptionen für eine nachhaltige Nutzung von Meeresressourcen, beispielsweise in der Fischerei.
In unserer Ringvorlesung berichten wir aus der Mission über Hintergründe und Ergebnisse unserer Arbeit. Einzelne Aspekte werden durch in sich abgeschlossene Vorträge fachlich kompetent und allgemein verständlich erläutert. Dabei wird ein breites Spektrum von der Energiewende in Nord- und Ostsee über Klimawandel an der Küste und den Schutz der Biodiversität bis hin zu Gefahren durch Munitionsaltlasten im Meer thematisiert.
Die Forschungsmission sustainMare wird in der Phase II mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) unter dem Förderkennzeichen 03F0980A gefördert.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website www.sustainMare.de
mittwochs 18:00 – 19:00 Uhr, digital – Zoom
Koordination
Prof. Dr. Corinna Schrum, Institut für Meereskunde, Universität Hamburg / Kai Hoppe, beide Helmholtz-Zentrum Hereon, Geesthacht