Internationale ForschungskooperationGiftigste Spinne der Welt umfasst drei verschiedene Arten
13. Januar 2025, von Newsroom-Redaktion
![Stephanie Frances Loria, Dr. Danilo Harms und Svea-Celina Frank.](https://assets.rrz.uni-hamburg.de/instance_assets/uni/24726640/atrax-spinne-team-733x414-97a173c2557e6061b08c9d8ebf40aabc3d914602.jpg)
Foto: UHH/Esfandiari
Die Sydney-Trichternetzspinne ist eine der giftigsten Spinnen der Welt. Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Leibniz-Instituts zur Analyse des Biodiversitätswandels und der Universität Hamburg hat nun herausgefunden, dass diese Spinne ein Komplex aus drei Arten ist – darunter eine bisher unbekannte Art. Für die Herstellung von Gegengiften ist dies eine wichtige Erkenntnis.
Die Sydney-Trichternetzspinne lebt im weiteren Umfeld der Australischen Metropole Sydney und zählt zu den wenigen Spinnen weltweit, deren Biss für einen erwachsenen Menschen eine erhebliche Gefahr darstellen kann. Obwohl beträchtliche optische Unterschiede zwischen den Tieren vermerkt wurden, fassten Forschende sie bisher wissenschaftlich unter einem Namen als Atrax robustus zusammen.
Ein Forschungsteam um Dr. Danilo Harms, Spinnenforscher am Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB), und Dr. Bruno Buzatto von der Flinders University in Adelaide (Australien) hat nun herausgefunden, dass die Spinnenart eigentlich ein Komplex aus mehreren Arten ist, die sich sowohl genetisch als auch morphologisch voneinander unterscheiden.
Kombination verschiedender Untersuchungsmethoden
„Wir haben zum einen DNA-Proben von den Tieren gesammelt“, erklärt Dr. Danilo Harms. Entscheidend seien aber auch morphologische Untersuchungen, also die Analyse äußerer Merkmale, gewesen. Dazu wurden neben aktuell gefangenen Tieren auch Sammlungsbestände genutzt. „In den wissenschaftlichen Sammlungen des Australian Museum Sydney und in unseren Beständen in Hamburg haben wir Tiere aus dem gesamten Verbreitungsgebiet, die teilweise vor Jahrhunderten gesammelt wurden“, so Harms. Allein die arachnologische Sammlung in Hamburg umfasse mehrere hundert Präparate der Trichternetzspinne, so habe sich ein sehr umfassendes Bild ergeben.
Durch die Kombination der genetischen und morphologischen Daten stellte sich heraus: Die „echte“ Sydney-Trichternetzspinne (Atrax robustus) kommt hauptsächlich im Großraum Sydney und an der Central Coast vor. Eine zweite Art, die die Forschenden als „Südliche Sydney-Trichternetzspinne“ (Atrax montanus) bezeichnen, lebt weiter südlich und westlich von Sydney. Diese Art wurde schon einmal benannt, jedoch bisher nicht als eigene Art akzeptiert. Die dritte und mit Abstand größte Art wird in der aktuellen Publikation im Fachmagazin „BMC Ecology and Evolutionals“ als „Newcastle Funnel-web“ (Atrax christenseni) neu beschrieben und stammt aus der Gegend von Newcastle.
Wichtige Erkenntnisse für die Giftforschung
Diese Forschungsergebnisse sind nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Taxonomie, also der Lehre von der Klassifizierung von Organismen, sondern auch relevant für die angewandte Wissenschaft, beispielsweise die Giftforschung. Bis heute sind Todesfälle durch Spinnenbisse äußerst selten. Zwischen 1927 und 1979 gab es dreizehn Todesfälle, die wahrscheinlich auf eine Vergiftung durch Sydney-Trichternetzspinnen zurückzuführen sind.
Das Gift der Männchen ist etwa sechsmal giftiger als das der weiblichen Tiere
Biochemische Untersuchungen haben gezeigt, dass das Gift der Männchen für Menschen etwa sechsmal giftiger ist als das der weiblichen Tiere. In den frühen 1980er-Jahren wurde ein Gegengift freigegeben, durch das es seither keine weiteren Todesfälle gab.
„Studien haben gezeigt, dass Spinnengift artspezifisch ist, wobei verschiedene Spinnenarten unterschiedliche Giftprofile produzieren“, erklärt Harms. Für die Trichternetzspinne sei bisher nicht zwischen den Arten unterschieden worden. „Es wird interessant sein, in Zukunft vergleichende Studien mit allen drei Arten im Großraum Sydney zu sehen. Auch wenn es ein wirksames Gegengift gibt, kann die Berücksichtigung der artspezifischen Unterschiede für die Herstellung von Gegengiften für Bisse der Trichternetzspinne wertvoll sein.“
Großes Kooperationsprojekt
An der Beschreibung der drei neuen Arten haben neben den Forschenden des LIB, der Uni Hamburg und der Flinders University auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Australian Museum Sydney und der University of Sydney mitgewirkt. Mit Svea-Celina Frank war auch eine Bachelor-Studentin der Universität Hamburg an der Beschreibung beteiligt. „Das Forschungsprojekt war eines der größten Abenteuer in meinen Leben. Nachts in den Wäldern Australiens der giftigsten Spinne der Welt zu folgen, lässt einen die Natur noch einmal ganz anders sehen“, so Frank. Die Forschung der Gruppe wurde finanziell von National Geographic und der Australian Geographic Society unterstützt.
Originalpublikation
Loria, S.F., Frank, SC., Dupérré, N. et al. The world’s most venomous spider is a species complex: systematics of the Sydney funnel-web spider (Atracidae: Atrax robustus). BMC Ecol Evo 25, 7 (2025). https://doi.org/10.1186/s12862-024-02332-0