Biodiversität in den Ozeanen erforschen und erhaltenUHH-Forscherinnen an neuer Initiative für schnellere Artbeschreibung beteiligt
6. August 2024, von Newsroom-Redaktion
Foto: UHH/Lörz/Engel
Oft vergehen zwischen Entdeckung und offizieller Beschreibung neuer Tierarten viele Jahre. Diese Verzögerung ist im Kampf um den Erhalt der Biodiversität ein Hindernis. Die neue Publikationsinitiative „Ocean Species Discoveries“ möchte das Problem nun für Lebewesen der Tiefsee angehen. Zwei Forscherinnen aus dem Fachbereich Biologie der Universität Hamburg stellen in der ersten Ausgabe eine neue Flohkrebsart vor.
Dr. habil. Anne-Nina Lörz, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für marine Ökosystem- und Fischereiwissenschaften, beschreibt in der ersten Ausgabe von „Ocean Species Discoveries“ gemeinsam mit Masterstudentin Laura Engel die neue Flohkrebsart Lepechinella naces. Engel hat den neu entdeckten Flohkrebs im Rahmen einer von Lörz betreuten Projektstudie detailliert gezeichnet – ein wichtiger Teil der Artenbeschreibung.
Entdeckt wurde die Flohkrebsart im Rahmen der Expedition „IceDivA2“, die im November 2021 zwischen der Südspitze Grönlands und den Kanarischen Inseln stattfand. Damals waren auch Forschende der Universität Hamburg an Bord des Forschungsschiffs (FS) SONNE und nahmen in einer Tiefe von 3.000 bis 5.000 Metern Proben. Die nun publizierte Art wurde in 3.600 Metern Tiefe im Nordatlantik entdeckt. Ihr Name würdigt das neu errichteten Meeresschutzgebiet NACES („North Atlantic Current and Evlanov Sea basin“). In diesem mehr als 600.000 Quadratkilometer großen Gebiet im Nordost-Atlantik ist seit 2023 auch der Meeresboden geschützt, wobei über die Lebensgemeinschaften in dem riesigen Gebiet kaum etwas bekannt ist.
Erkenntnisse helfen dem Schutz der Arten
„Mit unserer Forschung im Bereich der integrativen Taxonomie – also der umfassenden, multidisziplinären Beschreibung von Arten – leisten wir einen grundlegenden Beitrag zur Biodiversitätsforschung“, betont Lörz. Durch den Klimawandel gehe die Vielfalt immer schneller zurück und insbesondere in den Ozeanen würden viele Arten aussterben, bevor sie erforscht werden könnten. „Nur durch die Kenntnis der Artenvielfalt, die auch in der Tiefsee sehr groß ist, kann das Ökosystem erhalten werden“, so Lörz.
Das ist auch das Ziel der Senckenberg Ocean Species Alliance (SOSA), die sich zum Ziel gesetzt hat, marine wirbellose Tiere (Invertebraten) schneller zu beschreiben und auf der Roten Liste der bedrohten Arten zu erfassen. Eine der Initiativen von SOSA sind die „Ocean Species Discoveries“ (OSD), eine Publikationsserie die pro Ausgabe mehrere Artbeschreibungen beinhaltet.
Insgesamt 13 Beiträge
An der ersten Ausgabe von OSD waren 25 internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beteiligt, die insgesamt dreizehn taxonomische Beschreibungen beitrugen: elf neue Arten, eine neue Gattung sowie eine Neubeschreibung und -einordnung einer bereits bekannten Art. Während viele Fachmagazine gegenwärtig neben der Beschreibung zusätzliche ökologische oder phylogenetische Erkenntnisse erwarteten, biete OSD prägnante, vollständige taxonomische Beschreibungen, ohne ein bestimmtes Thema zu verlangen, so Dr. Torben Riehl, Co-Leiter von SOSA am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt. Durch den Fokus auf die reine taxonomische Arbeit könnten so innerhalb kurzer Zeit deutlich mehr Artbeschreibungen veröffentlich werden.
Prof. Dr. Julia Sigwart, Co-Leiterin von SOSA und eine der Autorinnen der Veröffentlichung, betont: „Nur, wenn wir gemeinsam den globalen Fortschritt, die Expertise und die technologischen Entwicklungen einsetzen, werden wir in der Lage sein, die schätzungsweise bisher noch 1,8 Millionen unbekannten Arten in den Ozeanen zu beschreiben.“ Daher seien alle Forschenden der Taxonomie, die sich auf eine Gruppe der marinen Wirbellosen spezialisiert haben, eingeladen, sich an den zukünftigen Ausgaben der „Ocean Species Discoveries“ zu beteiligen.
Originalpublikation
Ocean Species Discoveries: https://doi.org/10.3897/BDJ.12.e128431
FS SONNE
Die Expedition „IceDivA2“ fand auf dem Forschungsschiff SONNE statt, das von der Universität Hamburg betrieben wird. Die an der Universität angesiedelte Leitstelle Deutsche Forschungsschiffe ist für den operativen Betrieb des Schiffes verantwortlich sowie für die wissenschaftlich-technische, logistische und finanzielle Organisation aller Expeditionen. Neben dem FS SONNE betreibt die UHH auch die Forschungsschiffe METEOR und MARIA S. MERIAN.