„Spitrobot“: Veränderungen in Proteinen einfacher und schneller beobachten
8. Mai 2023, von Newsroom-Redaktion
Foto: Jörg Harms, MPSD
Für die Entwicklung neuer biotechnologischer Anwendungen müssen Forschende Veränderungen in Proteinen verstehen. Eine Gruppe aus verschiedenen Einrichtungen der Science City Hamburg Bahrenfeld hat ein neues, deutlich vereinfachtes Verfahren zur Beobachtung dieser Reaktionen entwickelt, den „Spitrobot“. Das Konzept hat das Team jetzt im Fachmagazin „Nature Communications“ vorgestellt.
Die einzelnen Schritte von Proteinreaktionen können mit der sogenannten zeitaufgelösten Kristallographie sichtbar gemacht werden, bei der in jeder Phase Bilder aufgenommen werden, die dann zusammengesetzt werden, um die Veränderungen der Proteinstruktur aus allen Blickwinkeln zu zeigen. Bisher brauchte man für dieses Verfahren direkten Zugang zu Teilchenbeschleunigern sowie komplexe Versuchsaufbauten. Mit dem neuen „Spitrobot“ können die Proben nun in Standardlaboren vorbereitet und an anderer Stelle mit automatisierten, etablierten Methoden analysiert werden.
Bedeutender Vorteil für Forschende in der Strukturbiologie
Der „Spitrobot“ vereinfacht den gesamten Probenvorbereitungsprozess dramatisch und kann so etwa die Grundlagenforschung im Gesundheitsbereich beschleunigen. Bei dem neu entwickelten Gerät werden Proteinkristalle auf eine spezielle Trägervorrichtung fixiert und durch das Aufsprühen einer Substratlösung zur Reaktion gebracht – eine Technologie, die ebenfalls vom Entwickler-Team des „Spitrobot“ stammt. Durch eine anschließende rasche Abkühlung der Proteine in flüssigem Stickstoff, die Vitrifizierung, werden die verschiedenen Stadien der Reaktion quasi eingefroren und festgehalten.
Diese Proben, die durch den „Spitrobot“ nach Industriestandards schnell und präzise angelegt werden können, können dann von spezialisierten Einrichtungen ausgewertet werden. So entkoppelt der „Spitrobot“ die Probenvorbereitung von der Datenerfassung, was für die meisten Forschenden in der Strukturbiologie einen bedeutenden Vorteil darstellt.
Ermöglicht viele Experimente auch für nicht-spezialisierte Gruppen
„Der Spitrobot wird die Erforschung enzymatischer Mechanismen erheblich beschleunigen“, so Dr. Pedram Mehrabi, der am Fachbereich Physik der Uni Hamburg eine Emmy Noether-Forschungsgruppe leitet und Erstautor des Artikels in „Nature Communications“ ist. „Er ermöglicht es nicht-spezialisierten Gruppen, Experimente durchzuführen, die bisher nur von Expertinnen und Experten durchgeführt werden konnten. Dies sollte zu einer viel breiteren Anwendung eines wirklich schwierigen Experiments führen.“
Entwickelt wurde das Verfahren in enger Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Hamburg (UHH), des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) und des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL), die alle in der neuen Science City Bahrenfeld beheimatet sind, sowie des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf (UKE).
„Wir haben den ‚Spitrobot‘ mit Blick auf das typische strukturbiologische Labor entwickelt“, erklärt Dr. Eike C. Schulz vom UKE, der für Technologie gemeinsam mit Mehrabi und Dr. Friedjof Tellkamp von der Scientific Support Unit des MPSD verantwortlich zeichnet. „Deshalb haben wir eine vielseitige, robuste und einfache Lösung angestrebt, die es ermöglicht, sowohl mit großen als auch mit kleinen Kristallen zu arbeiten und die einfachste Art der Reaktionsauslösung mit der Fähigkeit kombiniert, die Zeitskalen der meisten Enzyme abzudecken.“
Originalpublikation:
Mehrabi, P., Sung, S., von Stetten, D. et al. Millisecond cryo-trapping by the spitrobot crystal plunger simplifies time-resolved crystallography. Nat Commun 14, 2365 (2023). https://doi.org/10.1038/s41467-023-37834-w