Citizen-Science-Projekt„Stadtrandgeschichten“ werden mit 50.000 Euro gefördert
3. November 2022, von Newsroom-Redaktion
Foto: Christof Rieken/Wissenschaft im Dialog
Das Projekt „Stadtrandgeschichten – Migration und gesellschaftliche Vielfalt erforschen“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 50.000 Euro gefördert. Ziel der Kooperation zwischen dem Arbeitsfeld Public History der Universität Hamburg, dem Kulturhaus Süderelbe und der Geschichtswerkstatt Süderelbe soll es sein, mit gemeinsamer Forschung dem Thema Migration mehr Aufmerksamkeit zu schenken, um ein neues Wir-Gefühl in der Region Süderelbe entstehen zu lassen.
Es war ein besonderer Moment: Am 20. Oktober kamen im Berliner Naturkundemuseum die drei geförderten Projekte im Wettbewerb „Auf die Plätze! Citizen Science in deiner Stadt“ zusammen – darunter auch die „Stadtrandgeschichten“. Zwischen beeindruckenden Dinosaurierskeletten nahm das Team der „Stadtrandgeschichten“ die Auszeichnung und die Förderung in Höhe von 50.000 Euro entgegen. „Das Projekt hat uns auf ganzer Linie mit seinem gesellschaftsrelevanten Fokus überzeugt”, sagte Jury-Mitglied Stefanie Molthagen-Schnöring, Vizepräsidentin der HTW Berlin und Professorin für Wissenschaftskommunikation.
Das Vorhaben ist ambitioniert: Innerhalb eines Jahres können die Einwohnerinnen und Einwohner in Süderelbe – also den Hamburger Stadtteilen Neugraben-Fischbek, Neuenfelde, Cranz, Francop, Hausbruch, Altenwerder und Moorburg – zu Forschenden werden. Vorgesehen ist ein „Archiv der Erinnerungen“, für das Interviews zu persönlichen Migrationsgeschichten von 1943 bis heute geführt werden. Daran anschließend formiert sich eine „Geschichtswerkstatt“, in der Interessierte die Interviews untersuchen und Themen der Migrationsgeschichte in der Region historisch erforschen. „Eine Besonderheit des Projekts liegt aber sicher in der ästhetischen Forschung“, sagt Nils Steffen, Koordinator des Arbeitsfeldes Public History der Universität Hamburg. Denn es soll auch ein „Forschungstheater“ entstehen: ein Ensemble mit interessierten Menschen aus Süderelbe, das die Erinnerungen und Forschungsergebnisse auf die Bühne bringt.
In den kommenden zwölf Monaten wird nicht nur geforscht: Zahlreiche Mitmach-Aktionen sollen die Menschen in Süderelbe einladen, sich zu beteiligen, eigene Geschichten zu erzählen und die vielfältige und meist fast unsichtbare Migrationsgeschichte der Region kennenzulernen.
„Ohne die großartige Unterstützung aus Süderelbe wären wir sicher nicht ausgezeichnet worden“, freut sich Projektleiter Stephan Kaiser vom Kulturhaus Süderelbe. „Die vielen Stimmen im Online-Voting haben uns ebenso geholfen wie die tollen Ideen in den Workshops und die zahlreichen Kooperationsangebote. Jetzt können wir richtig loslegen und auf Geschichtenjagd gehen!“
Gesucht werden Interessierte aus Süderelbe, die ihre Geschichte erzählen oder die Geschichten anderer erforschen möchten. Das projekteigene Archiv der Erinnerungen, die Geschichtswerkstatt und das Forschungstheater suchen Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die sich gerne per E-Mail(stephan.kaiser"AT"kulturhaus-suederelbe.de) bei Stephan Kaiser melden können. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Jung und Alt sind herzlich willkommen.
„Das Projekt reiht sich nahtlos in die Transferaktivitäten der Public History ein“, betont Nils Steffen. So forschen Bürgerinnen und Bürger derzeit im BMBF-Verbundprojekt „SocialMediaHistory“ zu Geschichtsdarstellungen auf Instagram und TikTok. Im digitalen „coronarchiv“ können Interessierte zudem Spuren von der Coronapandemie und ihre Erinnerungen daran für die zukünftige Geschichtswissenschaft hinterlassen. Aktuell sind die Hamburgerinnen und Hamburger außerdem im Rahmen des Temporary History Lab zu Musikkulturen der 1970er- und 1980er-Jahre aufgerufen, ihre Erinnerungsstücke und Geschichten mit dem Team der Public History und des Universitätsmuseums zu teilen.