Kommunikationswissenschaftliches ForschungsprojektTrainings für einen besseren journalistischen Quellenschutz
30. September 2022, von Christina Krätzig
Foto: Otto Brenner Stiftung/v. Polentz
Die Bundesregierung fördert zehn Projekte zur strukturellen Stärkung des Journalismus mit insgesamt rund 2,3 Millionen Euro. Eines der Projekte leitet Prof. Dr. Volker Lilienthal an der Universität Hamburg.
Herr Lilienthal, Ihr Projekt trägt den Titel „Sensible Recherchen und Quellenschutz“. Worum geht es dabei?
Journalistinnen und Journalisten arbeiten heute unter der Bedingung permanenter Überwachbarkeit – durch Behörden, Staaten, Hacker oder die organisierte Kriminalität. Deswegen müssen sie darauf achten, keine unbeabsichtigten Datenspuren zu hinterlassen, die beispielsweise ungewollt zu gefährdeten Informantinnen oder Informanten führen. Der Quellenschutz bleibt auch im digitalen Zeitalter oberstes Gebot. Doch die journalistische Kompetenz in diesem Gefahrenfeld ist ausbaufähig, ebenso das Problembewusstsein bei den Medienverantwortlichen.
Was planen Sie genau?
Mein Projekt verbindet eine Fortbildungs- mit einer Forschungskomponente. Zunächst werden wir ausgewählten Medienhäusern Trainings in sicherer digitaler Recherche anbieten. Die teilnehmenden Journalistinnen und Journalisten werden vorab zu ihren Erfahrungen befragt. Darüber hinaus werden wir erfassen, welche Hindernisse im Arbeitsalltag die Regeln sicherer Recherche behindern, und welche präventiven Maßnahmen die Leitungsebenen bisher realisiert haben. Sie müssen beispielsweise ihre IT präparieren, um nicht Opfer von Hackerangriffen zu werden. Diese Ergebnisse wird man mit den Leitungen der Medienhäuser rückkoppeln müssen.
Wie hoch ist die Förderung, die Sie bekommen?
Die Universität Hamburg bekommt für das Projekt gut 200.000 Euro. Zusätzlich bringe ich fast 50.000 Euro aus Mitteln meiner Professur ein. Der Etat wird für Honorare der Trainerinnen und Trainer, vor allem aber für die Neueinrichtung einer Postdoc-Stelle verwendet.
Welchen praktischen Nutzen hat Ihr Vorhaben – für die Gesellschaft und für die Wissenschaft?
Eine gute und sichere Recherche trägt zu einer verbesserten und unabhängigen Berichterstattung bei. Whistleblower, aber auch andere Informantinnen und Informanten sollen sich sicher fühlen können. Würden sie infolge einer Unachtsamkeit enttarnt, kann das die Vernichtung ihrer Existenz zur Folge haben.
Wissenschaftlich ist das umrissene Themenfeld bislang kaum untersucht. Hier betreten wir Neuland, ebenso mit der Kombination aus Fortbildung und Forschung. Im Interesse der Nachhaltigkeit planen wir nach Forschungsabschluss eine intensive Transferphase, um die Ergebnisse und Schlussfolgerungen an die journalistische Profession, aber auch an Politik und Zivilgesellschaft zu adressieren.
Zur Auswahl der geförderten Projekte
Die Bundesregierung unterstützt zehn Projekte zum Schutz und zur strukturellen Stärkung des Journalismus mit rund 2,3 Millionen Euro aus dem Etat für Kultur und Medien. Die Projekte sollen die Rechte von Journalistinnen und Journalisten stärken, ebenso wie die Vielfalt in der journalistischen Landschaft.
Die 31 eingegangenen Anträge wurden von einer unabhängigen Fachjury beurteilt. Darin saßen beispielsweise die Leiterin der Deutschen Journalistenschule, Henriette Löwisch, und der Direktor des Leibniz Instituts für Medienforschung, Hans-Bredow-Institut, Prof. Dr. Wolfgang Schulz. Ausgewählt wurden beispielsweise Vorhaben des Netzwerks Recherche und des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit.