Reihe „Forschen & Verstehen“Wie sich Meetings auf den Unternehmenserfolg auswirkenPlus 4 Tipps für ein erfolgreiches Online-Meeting
21. April 2022, von Anna Priebe
Foto: UHH/Lutsch
Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbringen mehrere Stunden pro Woche in Meetings. Doch wie können Besprechungen – virtuell oder persönlich – gelingen und effektiv genutzt werden? Das erforschen Prof. Dr. Nale Lehmann-Willenbrock und ihr Team vom Arbeitsbereich „Arbeits- und Organisationspsychologie“. In unserer Reihe „Forschen & Verstehen“ stellen wir Forschungsprojekte der Universität Hamburg vor.
Was macht Meetings als Forschungsobjekt so interessant?
Besprechungen im Team sind ein ganz zentraler Interaktionskontext in Organisationen, in dem man sehr viele psychologisch relevante Phänomene beobachten kann. Zum Beispiel sieht man, wie Führungskräfte auf ihre Mitarbeitenden einwirken und wie gut die Zusammenarbeit im Team funktioniert. Damit werden viele der Erfolgsfaktoren, von denen wir wissen, dass sie maßgeblich mit der Effektivität von Teams und Organisationen zusammenhängen und die wir sonst nur per Fragebogen untersuchen können, im Meeting sehr gut an konkreten Verhaltensmustern sichtbar.
Sie sind also bei den Meetings dabei und beobachten?
Wir zeichnen die Meetings und das Verhalten der Mitarbeitenden auf, das wir dann mit softwaregestützten Verfahren analysieren. Der Fokus liegt dabei entweder auf den verbalen oder den nonverbalen Inhalten und wir versuchen so, an systematische Verhaltensmuster heranzukommen, die man über unterschiedliche Meetings und auch über verschiedene Organisationskontexte vergleichen kann.
Wir haben zum Beispiel herausgefunden, dass es branchen- und hierarchieübergreifend Jammerzirkel in Meetings gibt: Einer fängt an zu klagen und dann erzählen alle erstmal, was sie nervt. Diese Art von Interaktion haben wir in ganz verschiedenen Settings gefunden – ob bei Morgenmeetings in kleinen Betrieben oder bei Besprechungen auf Leitungsebene. Da kommen wir natürlich nur heran, wenn wir es schaffen, das Interaktionsverhalten im Meeting sehr kleinteilig und detailliert zu analysieren und zu systematisieren.
Ergänzend benutzen wir Fragebögen, um die subjektiven Erfahrungen der Teilnehmenden abzubilden oder Produktivitätsdaten, um zu schauen, wie das, was wir im Meeting erleben können, mit der Teamleistung zusammenhängt.
Gute Meetings sind also entscheidend für den Unternehmenserfolg?
Sie haben auf jeden Fall einen großen Einfluss auf unser Verhalten und Erleben bei der Arbeit. Wer in einem Meeting saß, in dem nur genörgelt und gejammert wurde, ist hinterher frustriert und eher demotiviert. Wir konnten aber auch mittel- und langfristige Auswirkungen auf die Arbeitseinstellungen zeigen, etwa auf die Zufriedenheit, das Engagement und auch auf Stresssymptome.
Aber auch die Teamleistung und der Unternehmenserfolg hängen mit den Verhaltensmustern in Meetings zusammen. Das kann man sich wie eine Art Lupe auf die Organisation vorstellen: Die Verhaltensmuster, die wir in einem typischen Meeting beobachten können, spiegeln die Arbeitsprozesse und das Klima in der Gesamtorganisation wider. Es spricht also viel dafür, Meetings nicht einfach hinzunehmen, sondern genauer hinzuschauen, wie wir miteinander umgehen und was jeder von uns tun kann, um die vielen Meetings in unserem Alltag erfolgreicher zu gestalten.
Seit der Pandemie kommt noch dazu, dass die Meetings online stattfinden.
Vor der Pandemie haben wir uns vor allem mit Face-to-Face-Meetings beschäftigt, weil diese einfach den Großteil der Besprechungen ausgemacht haben. Mit dem sprunghaften Anstieg virtueller Meetings vor zwei Jahren sieht man in der Forschung entsprechend auch einen Trend zur Beschäftigung mit psychologischen Phänomenen in digitalen Meetings, wie zum Beispiel die viel diskutierte „Zoom Fatigue“. Inzwischen stehen die hybriden Settings, wo einige Teilnehmenden im Homeoffice sind und andere im Büro, verstärkt im Fokus, weil dieses Modell zukünftig dominieren wird.
Inwiefern macht es für Ihre Forschung einen Unterschied, ob ein Meeting digital oder gemeinsam in einem Büro stattfindet?
Es gibt viele Fragestellungen, die sich im Face-to-Face-Meeting besser untersuchen lassen. Wir interessieren uns zum Beispiel für nonverbale Verhaltensmuster und das ist online erschwert. Manchmal kommen die Kamerasignale verzögert an, mal hakt der Ton und so nehmen wir uns ganz anders wahr, als wenn wir gemeinsam in einem Raum wären. Zudem werden die sozialen Prozesse durch die Konvention, in virtuellen Meetings nur das Mikro des jeweils Sprechenden einzuschalten, häufig unnötig gehemmt. Aktives Zuhören und fließende Interaktion wird dadurch schwierig bis unmöglich.
Auch Führung und die dynamischen Prozesse zwischen den Mitarbeitenden funktionieren im virtuellen Kontext und in hybriden Settings anders. Einen wichtigen Grund kennt jeder, der in der Pandemie im Homeoffice gearbeitet hat oder noch arbeitet: In virtuellen Meetings ist immer nur ein Teil der Aufmerksamkeit im Meeting. Das geht gar nicht anders, weil die Verlockung, nebenbei noch Mails zu schreiben oder etwas anderes zu machen, einfach riesig ist.
Wir wissen aus der Forschung: Je größer und je länger das Meeting und je geringer der eigene Redeanteil, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass jemand Multitasking betreibt. Die Herausforderung ist also, die virtuellen Meeting-Situationen so zu gestalten, dass möglichst viel Interaktion stattfindet.
Wie sieht denn ein erfolgreiches digitales Meeting aus?
Ein erfolgreiches Meeting ist eins, an dem nur diejenigen teilgenommen haben, die auch da sein mussten – und nicht alle, die vielleicht auch mal zuhören wollten oder auf gut Glück eingeladen wurden. Und es sollte hinterher nicht nur die Leitung des Meetings sagen, dass alles gut geklappt hat, sondern auch die Teilnehmenden sollten das Gefühl haben, ihre Anliegen besprochen zu haben.
Dafür sind übrigens alle Beteiligten verantwortlich. Oft wird implizit oder explizit angenommen, dass für das Gelingen eines Meetings ausschließlich die Meeting-Leitung zuständig ist. Aber das ist wirklich nur eine Seite der Medaille. Ich kann als Führungskraft alles richtigmachen wollen, aber wenn der Rest nicht zuhört oder parallel E-Mails schreibt, dann rennt man gegen eine Wand. Alle sind für das, was bei einer Besprechung rauskommt, mit verantwortlich. Das kann auch bedeuten, dass am Ende der Sitzung ein Maßnahmenpapier steht, auf das sich alle einigen. Insbesondere, wenn man sich überlegt, wie viel Arbeitszeit in diese Treffen fließt, müsste jeder daran interessiert sein, dass sie sinnvoll genutzt wird.