Kollision von GalaxienhaufenBisher größte kosmische Schockwellen beobachtet
23. Februar 2022, von Anna Walter
Foto: F.deGasperin/SARAO
Ein internationales Team von Astronominnen und Astronomen unter der Leitung der Hamburger Sternwarte hat die detailliertesten Bilder der größten kosmischen Schockwellen erstellt, die jemals beobachtet wurden. Die Beobachtungen basieren auf Daten des Radioteleskops MeerKAT in Südafrika und wurden in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht.
Galaxien sind nicht gleichmäßig über das Universum verteilt, sondern sammeln sich in sogenannten Galaxienhaufen, die durch die Schwerkraft zusammengehalten werden. Doch die Schwerkraft führt auch dazu, dass sich Galaxienhaufen gegenseitig anziehen – und es unweigerlich zu Kollisionen kommt. Die Kollisionen von Galaxienhaufen sind die größten astronomischen Ereignisse seit der Entstehung des Universums.
Bei Kollisionen von Galaxienhaufen entstehen gigantische kosmische Schockwellen, die sich durch den neu entstandenen Galaxienhaufen bewegen. Nun ist es einer internationalen Gruppe Astronominnen und Astronomen unter Leitung der Hamburger Sternwarte gelungen, mithilfe von Daten des Radioteleskops MeerKAT Bilder von der größten jemals beobachteten Schockwelle zu erstellen. Die hochauflösenden Bilder aus dem Galaxienhaufen Abell 3667 geben bislang einzigartige Einblicke in die Struktur von kosmischen Schockwellen.
„Kosmische Schockwellen stecken voller Überraschungen und sind viel komplexer, als wir zunächst dachten“, sagt Prof. Dr. Marcus Brüggen von der Hamburger Sternwarte, Mitautor der Studie. „Die Schockwellen beschleunigen Elektronen – die zu den negativ geladenen Elementarteilchen gehören – fast bis auf Lichtgeschwindigkeit. Treffen diese schnellen Elektronen auf die Magnetfelder im Galaxienhaufen, geben sie langwellige elektromagnetische Strahlung ab, die von Radioteleskopen gemessen werden kann. So entstehen Bilder von Schockwellen, die Aufschluss geben über die Lage der Magnetfelder im Galaxienhaufen“, erklärt Professor Brüggen.
Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen an der Hamburger Sternwarte legt er einen Schwerpunkt auf die Erforschung von Galaxienhaufen. Der Galaxienhaufen Abell 3667 lässt sich mit dem Radioteleskop MeerKAT auf der Südhalbkugel der Erde besonders gut beobachten, weil er vergleichsweise nahe zur Erde liegt. Abell 3667 ist vor einer Milliarde Jahren entstanden, doch was die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heute messen, hat vor etwa 800 Millionen Jahren stattgefunden. Zu dieser Zeit haben sich die Schockwellen mit 1500 Kilometern pro Sekunde ausgebreitet und waren etwa sechzig Mal so groß wie unsere Milchstraße, der Galaxie also, in der sich unser gesamtes Sonnensystem mitsamt der Erde befindet.
Über das Radioteleskop MeerKAT
MeerKAT ist das größte Radioteleskop auf der Südhalbkugel der Erde. Installiert wurde es in der Karoo Halbwüste in Südafrika. Es besteht aus 64 Antennenschüsseln mit jeweils 13,5 Metern Durchmesser. An der aktuellen wissenschaftlichen Studie sind neben den Forschenden von der Hamburger Sternwarte unter anderem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Istituto Nazionale di Astrofisica in Bologna (Italien), der Universität Helsinki (Finnland), des South African Radio Astronomy Observatory und des Netherlands Institute for Space Research beteiligt.