Zoya Ignatova und ihre Arbeitsgruppe lehren und forschen erfolgreich im Team„Wissenschaft macht man nicht alleine“
20. August 2021, von Niklas Keller
Wissenschaft ist Teamarbeit – davon ist die Leiterin des Instituts für Biochemie und Molekularbiologie Prof. Dr. Zoya Ignatova überzeugt. Durch Forschung auf Augenhöhe und offene Türen erhofft sie sich neue Ideen und Innovationen. Mit diesem Ansatz ist sie nicht nur bei der Sicherung von Patenten und Schutzrechten erfolgreich.
Hin und wieder fragt Zoya Ignatova ihre Doktorandinnen und Doktoranden, mit welchem Körperteil sie Wissenschaft machen. Die meisten würden sofort an ihr Gehirn denken oder daran, dass sie im Labor mit ihren Händen Experimente durchführen. „Ich betreibe Wissenschaft mit meinem Herzen“, sagt Zoya Ignatova dann. Die Professorin und Leiterin ihrer Arbeitsgruppe am Institut für Biochemie und Molekularbiologie schrieb schon ihre Doktorarbeit in Hamburg. Im Anschluss war sie als Postdoc in Massachusetts in den USA, als Gruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Biochemie in München und als Professorin in Potsdam. Seit 2014 ist sie wieder an der Universität Hamburg. In der Hansestadt arbeitet Ignatova mit einer wissenschaftlichen Haltung, die sich bei ihren vielfältigen Stationen über die Zeit entwickelt hat. Dabei steht vor allem der Teamgedanke im Vordergrund.
Offenes Ohr und offene Tür
Für ihre Lehrmethoden wird Zoya Ignatova von vielen Studierenden geschätzt. „Mein Büro liegt gegenüber den Laboren und steht jedem offen“, sagt die gebürtige Bulgarin. Den Gang über das Sekretariat braucht somit niemand anzutreten, was viele Studierende regelmäßig überrascht. „Meine Art und Weise im Umgang mit Studierenden und Mitarbeitenden reflektiert vermutlich meinen wissenschaftlichen Werdegang. Nach meinem Aufenthalt in Amerika, wo die Hierarchien naturgemäß flach sind, kommuniziere ich auch in Deutschland auf Augenhöhe“, so Ignatova.
In der Biochemie sei diese Arbeitsweise nochmal stärker ausgeprägt als in anderen Fachrichtungen: „Auf Tagungen duzen wir uns und diskutieren leidenschaftlich, aber respektvoll miteinander.“ Ignatova schätzt auch die Zusammenarbeit über die eigene Fachrichtung hinaus. So seien keine Innovationen möglich, wenn man nur mit Forschenden aus dem eigenen Fachgebiet zusammenarbeitet. „Nur durch fachübergreifende Kooperationen ergibt sich neues Wissen“, ist sie sich sicher.
Internationaler Wettbewerb mit Studierenden
Die Begeisterung für die Wissenschaft und die Bedeutsamkeit des Austausches untereinander vermittelt Zoya Ignatova auch ihren Studierenden. Seit 2015 nimmt sie mit ihnen jedes Jahr beim Wettbewerb „International Genetically Engineered Machine“ (iGEM) teil. 2018 gewann das iGEM-Team eine Goldmedaille für die Idee und die Umsetzung einer Falle für Moskitos, die die Infektionskrankheit Malaria übertragen. „Auch wenn die Studierenden selbstständig sind und großartige Ideen haben, ist die Betreuung sehr zeitintensiv. Mein gesamtes Team an der Universität unterstützt, wo es nur kann.“ Den Wert des Miteinanders betont Ignatova immer wieder: „Wissenschaft macht man nicht alleine“, sagt sie. „Der Mensch hat von Natur aus einen engen Fokus. Es ist wichtig mit anderen zu diskutieren, nur so kommen einem neue Ideen und neue Blickwinkel.“
Das Konzept der Malariafalle hat zudem erstmals im Rahmen dieses Wettbewerbs zu einem Patent der Universität geführt, an dem zum großen Teil die Studierenden die Rechte halten. Mittlerweile wurde die Lizenz freigegeben, damit Unternehmen das Gerät bauen können und die Allgemeinheit von der Idee profitiert.
Schwerpunkt RNA-Biologie
Auch in der Forschung zeigen sich die Vorteile der Herangehensweise von Zoya Ignatova. Zurzeit arbeiten sie und ihre Arbeitsgruppe an biochemischen Fragestellungen, wie zum Beispiel an der Korrektur von genetischen Mutationen in unterschiedlichen Organen mithilfe von RNA. Bisher wurde versucht, durch Gentherapien die DNA zu verändern, was aber nicht ohne starke Nebenwirkungen gelang. Das Forschungsteam um Ignatova nimmt die RNA in den Fokus. Mit Medikamenten, die in regelmäßigen Abständen eingenommen werden, soll in Zukunft die genetische Mutation korrigiert werden, in dem der Herstellungsprozess der Proteine bewirkt wird. Diese wiederum führen für einen mehrmonatigen Zeitraum zu normalen Funktionen der Organe – ungeachtet der genetischen Mutation in der DNA. „Wir haben ein großes Wissen in der RNA-Biologie, aber kaum darüber, wie man das Medikament herstellt. Aus diesem Grund ist die Zusammenarbeit mit anderen Forschungsgruppen und Unternehmen so bedeutsam“, so die Professorin.
Vor allem sollen genetische Veränderungen korrigierbar sein, die mit einer Mutation im Gen verbunden sind – zum Beispiel die Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose. Das Verfahren ähnelt dabei dem der mRNA-basierten Impfstoffe. Das klinge zwar recht kompliziert, sei im Grunde aber sehr einfach. „In der Einfachheit liegt manchmal die Lösung“, sagt sie. Im Rahmen der RNA-basierten Therapeutika sind bereits drei Patente angemeldet worden, an denen auch die Universität Hamburg beteiligt ist. Zwei dieser Schutzrechte hat nun ein führendes amerikanisches Biotech-Unternehmen lizensiert, das die Testung und Herstellung dieser RNA-Therapeutika übernimmt. Darauf ist Ignatova stolz: „Ein solcher Erfolg bestärkt mich sehr in unserer Arbeitsweise“, sagt sie.
Wissenschaftlerin durch und durch
Zoya Ignatova sagt, sie habe ihr Hobby zum Beruf gemacht. „Ich bin sehr emotional. Bei positiven Ergebnissen freue ich mich sehr, bei schlechten Resultaten bin ich traurig“, sagt sie. Wissenschaftlerin wollte Ignatova übrigens schon früh werden. Bereits am Anfang ihres Studiums wusste sie, dass sie einmal auf der anderen Seite im Labor stehen möchte. Als Lehrende – aber vor allem als Forscherin.