Studie zu Transportproteinen bei BlattkäfernWie Insekten Giftstoffe aus Pflanzen nutzen
15. September 2020, von Abteilung Molekulare Evolutionsbiologie
Foto: UHH/Dobler
Verschiedene Insektenarten verwenden Giftstoffe aus ihren Wirtspflanzen, um sich gegen Fressfeinde zur Wehr zu setzen. Doch wie kommt es, dass die Tiere selbst keinen Schaden dabei nehmen? Ein Forschungsteam des Fachbereichs Biologie hat nun herausgefunden, welcher Mechanismus dahintersteckt.
Viele Pflanzenarten produzieren Giftstoffe, um Feinde abzuwehren. So enthalten beispielsweise Fingerhut oder Maiglöckchen herzwirksame Glykoside, auch Cardenolide genannt. In hohen Dosen wirken sie als Gift, welches beim Menschen zu Herzrhythmusstörungen und zum Tod führen kann.
Doch die pflanzliche Abwehrtechnik wirkt nicht bei allen Lebewesen: Einige Insektenarten haben gelernt, die giftigen Substanzen ihrer Wirtspflanzen zu tolerieren und sie sogar für ihren eigenen Schutz vor Fressfeinden zu nutzen. Zu diesen Insekten zählen auch einige Arten aus der Familie der Blattkäfer. Sie übertragen die Toxine in spezialisierte Abwehrdrüsen und geben sie als tröpfchenförmige Wehrsekrete ab, sobald sie attackiert werden. Dieses Phänomen ist gut beschrieben, unklar war bisher jedoch, wie die Giftstoffe im Körper der Insekten zu den Zielorganen transportiert werden, ohne dabei Organe zu schädigen.
Schutz des Nervengewebes
Einem Forschungsteam aus der Arbeitsgruppe Molekulare Evolutionsbiologie von Prof. Dr. Susanne Dobler ist nun gelungen, für eine Blattkäferart (Chrysochus auratus) drei sogenannte ABCB-Transporter (ATP-binding cassette transporter, subfamiliy B) zu identifizieren, die bei diesem Mechanismus eine entscheidende Rolle spielen. Dafür haben die Biologinnen und Biologen die ABCB-Transportproteine in Zellkultur exprimiert und auf ihre Fähigkeit getestet, mit verschiedenen Giften zu interagieren.
Die Studien von Doktorandin Paulina Kowalski zeigen, dass diese Transporter von den aufgenommenen Herzglykosiden aktiviert werden. „Zudem legen unsere Daten in verschiedenen Geweben nahe, dass die ABCB-Transporter einerseits eine Schutzfunktion für das empfindliche Nervengewebe übernehmen und offenbar in den Transport der Gifte in die Wehrdrüsen der Käfer involviert sind“, sagt Prof. Dobler. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Entwicklung verschiedener Transportproteine mit unterschiedlicher Spezifität für Herzglykoside den Weg für die Anpassung des Blattkäfers an seine Wirtspflanze und ihre toxischen Verbindungen geebnet hat.
Originalpublikation
Kowalski Paulina, Baum Michael, Körten Marcel, Donath Alexander and Dobler Susanne (2020): ABCB transporters in a leaf beetle respond to sequestered plant toxins. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, Volume 287, Issue 1934: https://doi.org/10.1098/rspb.2020.1311