„Ideen- und Risikofonds"Geld für vielversprechende Forschungsansätze
12. November 2019, von Christina Krätzig
Foto: UHH/Krätzig/Ohme/Mentz
Mit dem neu geschaffenen „Ideen- und Risikofonds" unterstützt die Universität Hamburg in diesem Jahr 18 Projekte, die sich auf einen Drittmittelantrag vorbereiten. Dafür stellt die Universität etwa 300.000 Euro zur Verfügung. Mit dem Geld aus den Mitteln der Exzellenzstrategie führen die Forschenden Pilotstudien oder Workshops durch, um das Potenzial neuer Forschungsideen zu überprüfen. Wir stellen drei Beispiele vor.
Beeinflussen Mikroben menschliches Verhalten?
Verhalten sich Menschen, die Fleisch essen, weniger kooperativ als Vegetarier? Sind sie beispielsweise weniger bereit, zugunsten eines übergeordneten Ziels wie dem Klimaschutz selbstlos zu handeln? Und wenn ja, könnte dies an ihrer Darmflora liegen?
Diese Fragen wollen die Wirtschaftswissenschaftler Dr. Claudia Schwirplies und Johannes Ross beantworten. Gefördert durch den „Ideen- und Risikofonds" suchen sie nach Zusammenhängen zwischen Ernährungsgewohnheiten, vorhandenen Mikroorganismen und Verhaltensweisen wie beispielsweise Risikobereitschaft, Fähigkeit zu vertrauen oder der Neigung, selbstlos zu handeln.Ihre Vorstudie führen sie unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Eppendorf durch. Das UKE erforscht dabei mögliche Zusammenhänge zwischen der Herzgesundheit und den Mikroorganismen, die jeden Menschen besiedeln. Deren Menge und Artengemeinschaft unterscheidet sich von Mensch zu Mensch – kein Wunder, beherbergt doch jeder rund 39 Billionen Einzeller, bis zu 1000 verschiedene Arten allein im Darm.
„Sollte sich in unseren Daten ein Zusammenhang abzeichnen, hätten wir eine neue Determinante von menschlichem Verhalten aufgedeckt“, so Schwirplies. „Perspektivisch könnten unsere Forschungsergebnisse Politikern neue Ansätze liefern, um gesellschaftlichen Problemen wie dem Klimawandel zu begegnen.“
Beeinflusst Sympathie, wer wen wie gut versteht?
Englisch ist die meistgenutzte Sprache in der internationalen Kommunikation. Wollen sich beispielsweise Deutsche mit Esten austauschen oder Israelis mit Finninnen und Finnen, dann sprechen sie in der Regel Englisch – in den meisten Fällen mit Akzent. Wer wen wie gut versteht, hängt einerseits davon ab, wie ausgeprägt dieser Akzent ist oder wie vertraut die Zuhörenden mit ihm sind. Darüber hinaus vermutet Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Robert Fuchs, dass die Einstellung des oder der Zuhörenden zur ethnischen Zugehörigkeit des Gegenübers eine Rolle spielen könnte. Konkret bedeutet das: „Wenn Zuhörende die ethnische Zugehörigkeit der Sprechenden ablehnen und deren sozialen Status als niedrig einschätzen, kann das dazu führen, dass die Sprechenden schlecht verstanden werden – und zwar schlechter, als es ihr Akzent vermuten ließe.“
Ob seine These haltbar ist, prüft Prof. Fuchs derzeit in einer Pilotstudie mit je 80 indischen und deutschen Teilnehmenden. Wenn die gewonnen Daten seine Hypothese stützen, will er weitere Versuche mit zusätzlichen Nationalitäten durchführen.
Beeinflusst die Bildung, wer wie betet?
In den Archiven der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky (Stabi) ruht ein kaum erforschter Schatz: eine Sammlung von 14 Büchlein aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Frauen, die im Mittelalter und in der frühen Neuzeit in einer klosterähnlichen Gemeinschaft zusammenlebten, ohne einem Orden anzugehören. „Die Bücher sind handgeschrieben und enthalten überwiegend religiöse Texte, die teilweise sehr anspruchsvoll sind. Ich möchte herausfinden, wer die Besitzerinnen waren, über welche Bildung sie verfügten und wie sie die Bücher genutzt haben“, erklärt die Theologin Prof. Dr. Barbara Müller.
Die Hamburger Beginen gehörten Jahrhunderte zu Hamburg dazu. Ihr Konvent lag zentral an der Steinstraße, wurde Mitte des 13. Jahrhunderts erstmals erwähnt und existierte bis ins 19. Jahrhundert. Wie die Frauen gelebt haben, woher sie kamen und welche Beziehungen sie beispielsweise zu Klöstern pflegten, ist trotz ihrer langen Präsenz in der Stadt verhältnismäßig unerforscht. Mit Hilfe der Mittel aus dem „Ideen- und Risikofonds" hat Prof. Müller in Kooperation mit Dr. Monika Müller von der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg einen Workshop initiiert, an dem Forschende aus ganz Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden teilnehmen werden. Ihre Beiträge werden in einem Sammelband veröffentlicht. Der Workshop ist Auftakt zu einem größeren Forschungsprojekt.
Der Ideen- und Risikofonds der Universität Hamburg
Der „Ideen- und Risikofonds“ ist eines der Instrumente, über die das Geld aus der Exzellenzstrategie der Wissenschaft zugutekommt. Auch zukünftig soll das Programm einmal im Jahr ausgeschrieben werden. Zu den Kriterien für die Auswahl der Projekte gehören beispielsweise die Relevanz der beantragten Maßnahme für den geplanten Drittmittelantrag sowie dessen Relevanz für die Weiterentwicklung des Forschungsprofils der Universität Hamburg.
Die Universität Hamburg geht mit dem „Ideen- und Risikofonds“ in die zweite Runde.
Frist für die Einreichung von Anträgen ist der 2. Januar 2020.