Entscheidung der DFG19,3 Millionen Euro für vier neue Graduiertenkollegs an der Universität Hamburg
11. November 2019, von Viola Griehl
Foto: DFG
Erneuter Erfolg für die Universität Hamburg bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG): Alle vier beantragten Graduiertenkollegs (GRKs) werden von der DFG gefördert. Die Fördersumme beträgt insgesamt 19,3 Millionen Euro. Die GRKs starten zum April 2020 an den Fachbereichen Volkswirtschaftslehre, Chemie, Biologie und Mathematik.
Das interdisziplinäre Forschungsprogramm des Graduiertenkollegs „Kollektives Entscheiden“ befasst sich mit verschiedenen Entscheidungsverfahren wie Wahlen und Deliberation (Prozesse der Konsensfindung), politischem Wettbewerb und mit Fragen der Verantwortung für kollektive Entscheidungen. Vor dem Hintergrund, dass zurzeit in vielen Ländern demokratische Strukturen und etablierte Bündnisse in Frage gestellt werden oder gar zerbrechen (Stichwort „Brexit“), ist das Thema hochaktuell. Theorien und Methoden der drei Schlüsseldisziplinen Politikwissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Philosophie werden in dem Graduiertenkolleg integriert. Sprecherin des Graduiertenkollegs ist Prof. Dr. Anke Gerber vom Fachbereich Volkswirtschaftslehre an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.
Im Graduiertenkolleg „Biota-mediated effects on Carbon cycling in Estuaries“ (BiCEst) untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Einfluss verschiedener Lebewesen wie Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen auf den Kohlenstoffkreislauf von Ästuaren. Ästuare sind Mündungsbereiche großer Flüsse ins Meer, die einen wichtigen Bestandteil des marinen und globalen Kohlenstoffzyklus darstellen. Allerdings gehören sie auch zu den am stärksten bedrohten Systemen. Gründe dafür sind die globale Erwärmung und der damit einhergehende Anstieg des Meeresspiegels, eine erhöhte Nährstoffbelastung sowie Veränderungen in der Land- und Wassernutzung. Die Bedeutung von Lebewesen und ihrer Wechselwirkungen für Prozesse des Kohlenstoffkreislaufs werden in den kommenden Jahren von den Forschungsteams im Elbe-Ästuar analysiert, um Auswirkungen des globalen Wandels auf den Kohlenstoffkreislauf zu erfassen. Ein verbessertes Verständnis dieser Vorgänge soll helfen, die Effekte von Lebewesen auf den Kohlenstoff-Kreislauf besser in Erdsystemmodellen abbilden zu können. Sprecher des Graduiertenkollegs BiCEst, das am Fachbereich Biologie angesiedelt wird, ist Prof. Dr. Kai Jensen.
Das Graduiertenkolleg „Hybridstrukturen auf der Nanometerskala: Chemische Konzepte zur Herstellung heterogener Nanostrukturen mit anisotropen Materialeigenschaften“ (NANOHYBRID) ist am Fachbereich Chemie angesiedelt. Hier wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nanoskopische Hybridsysteme mit speziellen Materialeigenschaften erzeugen — also Materialien, die aus Bausteinen der Größe eines Millionstel Millimeters zusammengesetzt sind. Diese Materialien sind seit einigen Jahrzehnten Gegenstand intensiver Forschung, doch erst in den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass neben der Größe der Nanostrukturen auch deren Form für die Materialeigenschaften von Bedeutung ist. Im Rahmen von NANOHYBRID wollen die Forscherinnen und Forscher neuartige chemische Konzepte zur Herstellung, Verknüpfung und Analyse derartiger Nanostrukturen entwickeln. Sprecher des Graduiertenkollegs NANOHYBRID ist Prof. Dr. Alf Mews vom Fachbereich Chemie.
Das gemeinsam mit der Technischen Universität Hamburg (TUHH) beantragte Graduiertenkolleg „Modeling, Simulation and Optimization of Fluid Dynamic Applications“ verfolgt das Ziel, junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den mathematischen Disziplinen Modellierung, Simulation und Optimierung ganzheitlich und anwendungsorientiert auszubilden. Die Ausbildung und Forschung folgt dabei dem Leitmotiv „Mathematik treibt Anwendungen — Anwendungen inspirieren Mathematik“. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden relevante Fragestellungen aus den Anwendungsbereichen Klimaforschung und Meteorologie, Flugzeug- und Schiffbau sowie Medizin adressieren. Das Graduiertenkolleg wird in das Lothar Collatz Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen eingebettet. Sprecher ist Prof. Dr. Armin Iske vom Fachbereich Mathematik der UHH, stellvertretender Sprecher ist Prof. Dr.-Ing. Thomas Rung vom Institut für Fluiddynamik und Schiffstheorie der TUHH.
Katharina Fegebank, Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, sagt: „Die Bewilligung aller vier Anträge auf ein DFG-Graduiertenkolleg ist ein tolles Ergebnis für die Universität Hamburg und die TU Hamburg, zu dem ich sehr herzlich gratuliere! Nach den Erfolgen in der Exzellenzstrategie stellt der Wissenschaftsstandort Hamburg einmal mehr unter Beweis, dass junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hier die besten Bedingungen nutzen können. Dazu gehören ambitionierte, multidisziplinäre Forschungsprogramme und ein stimulierendes Umfeld, in dem sie mit „state of the art“-Methoden vertraut gemacht werden. Inhaltlich tragen drei der bewilligten Kollegs weiter zur Profilschärfung und internationalen Sichtbarkeit des Forschungsstandorts bei, indem sie die Schwerpunkte ‚Klima, Erde, Umwelt‘ und ‚Photonen- und Nanowissenschaften‘ weiter stärken. Das vierte Kolleg, ‚Kollektives Entscheiden‘, zeichnet sich durch besondere politische Relevanz aus und stärkt den Potenzialbereich ‚Gründe, Ursachen, Begründungen‘.“
Prof. Dr. Dr. h. c. Dieter Lenzen, Präsident der Universität Hamburg, sagt: „Der großartige Erfolg der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Exzellenzuniversität Hamburg verdient höchste Anerkennung. Mein Dank gilt allen, die zu diesem weiteren Erfolg der Universität in ihrem Jubiläumsjahr beigetragen haben. Das herausragende Ergebnis zeigt, dass gezielte strategische Universitätsplanung und Arbeitsbedingungen von Gelassenheit und Spannungsfreiheit die Eckpfeiler der exzellenten Universitätsentwicklung sind.“
Graduiertenkollegs
Graduiertenkollegs sind Hochschuleinrichtungen mit einem thematisch fokussierten interdisziplinären Forschungsprogramm auf internationalem Niveau. Ziel ist die Qualifizierung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern. Graduiertenkollegs werden von der DFG für maximal neun Jahre gefördert.